Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
der Testschnitt stimmten nicht überein.
Natürlich war es möglich, dass die Schneide des Werkzeugs irgendwann nach den Tate-Morden beschädigt worden war, doch Wolfers Tests durchtrennten im wörtlichen Sinne die wichtige Verbindung zwischen Manson und dem Beweismaterial am Tate-Haus.
Als ich am 19. November 1969 die Kripo-Beamten zur Spahn Ranch begleitet hatte, hatten wir eine Reihe von Projektilen und Patronenhülsen Kaliber .22 gefunden. Wegen des starken Sturms und der Notwendigkeit, andere Spuren zu verfolgen, hatten wir nur oberflächlich gesucht, und ich hatte Sergeant Lee deshalb gebeten, noch einmal dorthin zurückzukehren und eine gründlichere Durchsuchung vorzunehmen. Meine mehrfach wiederholte Bitte wurde umso dringlicher, als das Präsidium am 16. Dezember 1969 den Longhorn-Revolver Kaliber .22 bekam. Doch erst am 15. April 1970 fuhr Lee noch einmal zur Ranch. Auch diesmal konzentrierte er sich bei seiner Suche auf den Bereich der Schlucht etwa 60 Meter hinter dem Wohnhaus von George Spahn. Diesmal fand er dort 23 weitere Patronenhülsen Kaliber .22. Da die erste Durchsuchung 22 erbracht hatte, kamen wir jetzt auf insgesamt 45. 68
Erst nach der zweiten Suchaktion führte Lee Vergleichstests zu den Patronenhülsen von der Spahn Ranch durch. Sie ergaben, dass 15 der 45 Hülsen mit der Tate-Mordwaffe abgefeuert worden waren. 69
Mit einiger Verspätung, doch zum Glück noch rechtzeitig für den Prozess hatten wir jetzt wissenschaftliche Beweise, die die Waffe mit der Spahn Ranch in Verbindung brachten.
Nur eines hätte mich noch glücklicher gemacht: wenn Lee ein weiteres Mal hingefahren wäre und die übrigen Patronenhülsen gefunden hätte, bevor die Waffe entdeckt worden war. Denn jetzt konnte die Verteidigung unterstellen, dass die Polizei oder die Staatsanwaltschaft diese Hülsen irgendwann während der viereinhalb Monate dorthin »geschmuggelt« hatte.
Monatelang hatte mir ein Fundstück besonders zu schaffen gemacht: die Brille, die in der Nähe der Schrankkoffer im Wohnzimmer des Tate-Hauses gefunden worden war. Da sie nicht den Opfern gehörte, lag der Schluss nahe, dass sie einem der Mörder zuzuordnen war. Doch weder Watson noch Atkins, noch Krenwinkel, noch Kasabian trugen eine Brille.
Ich vermutete, dass die Verteidigung diesen Umstand aufbauschen und argumentieren würde, dass mindestens ein Mörder noch auf freiem Fuß sein müsse, da die Brille keinem der Angeklagten gehöre. Von da an war es nur noch ein kleiner Schritt bis zu der Behauptung, dass vielleicht überhaupt die falschen Leute beschuldigt wurden.
Dies stellte die Staatsanwaltschaft vor ein äußerst schwerwiegendes Problem, das sich allerdings – ohne dass das Geheimnis gelüftet wurde – in Luft auflöste, als ich mit Roseanne Walker sprach.
Da Susan Atkins die Morde sowohl Virginia Graham als auch Ronnie Howard gestanden hatte, kam mir der Gedanke, dass sie vielleicht auch gegenüber anderen belastende Äußerungen von sich gegeben haben könnte, und so bat ich die Kripo, Frauen ausfindig zu machen, mit denen Atkins im Gefängnis besonders engen Kontakt gepflegt hatte.
Eine frühere Insassin, die sich, wenn auch nur ungern, bereiterklärte, mit mir zu sprechen, war Roseanne Walker. Die mitleiderregende, korpulente junge schwarze Frau hatte wegen fünf Drogendelikten in Sybil Brand eingesessen. Roseanne war so etwas wie eine Proviantlieferantin gewesen, die Mitgefangenen Süßigkeiten, Zigaretten und Make-up verkaufte. Erst bei meiner fünften oder sechsten Befragung erinnerte sich Roseanne an eine Unterhaltung, die ihr unwichtig, mir dagegen ziemlich bedeutsam erschien.
Susan und Roseanne hatten eines Tages Radio gehört, als der Nachrichtensprecher auf einmal eine Brille erwähnte, die die Polizei am Tatort der Tate-Morde gefunden hatte. Lachend hatte Susan gemeint: »Wäre es nicht echt komisch, wenn sie denjenigen verhaften würden, dem die Brille gehört, wobei er doch nichts weiter verbrochen hat, als da seine Brille zu verlieren?«
Roseanne hatte geantwortet, dass die Brille ja vielleicht dem Mörder gehören könnte.
Susan hatte daraufhin gemeint: »Hat sie aber nicht.«
Susans Bemerkung belegte eindeutig, dass die Brille nicht den Mördern gehörte.
Andere Probleme blieben allerdings. Eines der größten betraf Linda Kasabians Flucht von der Spahn Ranch.
Linda hatte mir gesagt, dass sie nach der Nacht der LaBianca-Morde beschlossen hatte zu fliehen, doch Manson hatte sie im Lauf des Tages (11.
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