Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
und wahrscheinlich hat er sich außerdem in der Zeit geirrt, denn Kellnerin Kathy Palmer, die sie bediente, erinnerte sich, dass sie 15 bis 20 Minuten an der Bar warten mussten, bevor ein Tisch frei wurde. Zwischen 21.45 und 22 Uhr seien sie dann gegangen. Bei der Vorlage von Fotos sah sie sich allerdings nicht imstande, Sebring, Tate, Frykowski oder Folger zu identifizieren.
Falls Abigail dabei war, muss die Gruppe das Restaurant vor zehn Uhr verlassen haben, denn etwa um diese Zeit rief Mrs. Folger unter der Nummer im Cielo Drive an und sprach mit ihr. Abigail bestätigte, dass sie wie geplant am nächsten Morgen mit der United-Maschine nach San Francisco fliegen wolle. Mrs. Folger gab gegenüber der Polizei an: »Abigail gab keinerlei Besorgnis bezüglich ihrer persönlichen Sicherheit oder der Situation im Haus der Polanskis zu erkennen.«
Eine Reihe von Personen gab an, Sharon und/oder Jay an diesem Abend im »Candy Store«, der »Factory«, dem »Daisy« oder in anderen Nachtclubs gesehen zu haben. Keine dieser Behauptungen hielt jedoch einer Prüfung stand. Mehrere Personen sagten, dass sie zwischen 22 Uhr und Mitternacht mit dem einen oder anderen der Opfer telefoniert hätten. Auf Nachfragen änderten sie dann plötzlich ihre Geschichten ab oder erzählten sie so, dass sie für die Polizei entweder verworren oder gelogen klangen.
Gegen 23 Uhr fuhr Steve Parent in El Monte am Dales Market vorbei und fragte seinen Freund John LeFebure, ob er auf eine Spritztour mitkommen wolle. Parent war einige Male mit Johns jüngerer Schwester Jean ausgegangen. John schlug vor, die Tour auf einen anderen Abend zu verschieben.
Etwa eine Dreiviertelstunde später traf Steve Parent an der Cielo-Adresse ein, wo er William Garretson den Radiowecker verkaufen wollte. Parent verließ das Gästehaus ungefähr um 0.15 Uhr. Er kam nur bis zu seinem Rambler.
Die Polizei befragte auch eine Reihe weiterer Mädchen, die angeblich am Abend des 8. August mit Sebring zusammen gewesen sein sollten.
»Exfreundin von Sebring, will am 8.8.69 mit ihm zusammen gewesen sein, nicht korrekt, hat das letzte Mal am 7.5.69 mit ihm geschlafen. Auskunftsfreudig, wusste, dass er Kokain nimmt – sie selbst nimmt es nicht …«
»… war drei Monate lang fest mit ihm zusammen … wusste nichts von seinen ausgefallenen Schlafzimmeraktivitäten …«
»… sollte an diesem Abend zu einer Party im Cielo Drive kommen, ist stattdessen ins Kino gegangen …«
Auch wenn die ganzen Befragungen viel Zeit in Anspruch nahmen, da der Hairstylist mit so vielen Mädchen ausgegangen war, beklagte sich doch keiner der Ermittler je. Schließlich gab es nicht alle Tage Gelegenheit dazu, mit Starlets, Models, einem Playboy-Poster oder auch einer Tänzerin zu sprechen, die gerade mit dem Lido-de-Paris-Ballett im »Stardust Hotel« in Las Vegas weilte.
Es gab noch ein weiteres Anzeichen für die wachsende Angst: die Schwierigkeit der Polizei, Zeugen ausfindig zu machen. Wer nach einem Verbrechen plötzlich wegzieht, macht sich unter normalen Umständen verdächtig. In diesem Fall aber nicht. Aus einem nicht untypischen Bericht: »Darauf angesprochen, wieso sie direkt nach den Morden umgezogen sei, antwortete sie, das könne sie nicht mit Sicherheit sagen, sie hätte einfach nur wie jeder andere in Hollywood Angst gehabt …«
16. bis 30. August 1969
Obwohl die Polizei der Presse gegenüber erklärte, dass es »keine neuen Entwicklungen« gegeben habe, so waren gleichwohl welche zu verbuchen, die nicht an die Öffentlichkeit drangen. Nachdem Sergeant Joe Granado die drei Stücke von dem Revolvergriff auf Blut untersucht hatte, übergab er sie Sergeant William Lee von der Abteilung für Ballistik. Lee brauchte nicht einmal in seinen Handbüchern nachzusehen, sondern konnte auf Anhieb sagen, dass der Griff von einer Hi Standard stammte. Daraufhin rief er Ed Lomax an, den Produktmanager des Unternehmens, dem Hi Standard gehörte, und verabredete sich mit ihm in der Polizeiakademie. Lomax nahm außerdem eine erste Einordnung vor. »Nur eine einzige Waffe hat so einen Griff«, versicherte er Lee, »der Longhorn-Revolver Hi Standard, Kaliber .22.« Die Waffe war im Volksmund als »Buntline Special« bekannt, da sie dem Vorbild zweier Revolver nachempfunden war, welche der Autor Ned Buntline Marshal Wyatt Earp zugedacht hatte, und sie besaß folgende Eigenschaften: neun Schuss, Lauflänge 23,75 Zentimeter, Gesamtlänge 37,5 Zentimeter, Griffschalen aus Walnussholz,
Weitere Kostenlose Bücher