Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
Ausführung brüniert, Gewicht 992,25 Gramm, empfohlener Einzelhandelspreis 69,95 Dollar. Es sei, sagte Lomax, ein »ziemlich ausgefallener Revolver«. Seit er im April 1967 auf den Markt gekommen sei, habe die Firma von dem Fabrikat mit diesem Griff erst 2700 Stück hergestellt.
Lee bekam von Lomax neben einem Foto dieses Modells eine Liste mit den Geschäften, in denen die Waffe verkauft wurde, und die Kripo Los Angeles bereitete einen Handzettel vor, den sie an jede Polizeistation in den Vereinigten Staaten und in Kanada schicken wollte.
Wenige Tage nach dem Treffen von Lee und Lomax begab sich der Kriminaltechniker vom Ermittlungsdienst, DeWayne Wolfer, zum Cielo Drive, um Schalltests durchzuführen und so eventuell Garretsons Behauptung, er habe weder Schreie noch Schüsse gehört, bestätigen oder widerlegen zu können.
Wolfer und ein Mitarbeiter simulierten die Situation in der Mordnacht so genau wie möglich unter Zuhilfenahme eines Revolvers des Kalibers .22 und eines Standard-Schallpegelmessers. So bewiesen sie, dass Garretson, falls er tatsächlich wie behauptet im Gästehaus gewesen war, unmöglich die tödlichen Schüsse auf Steven Parent hatte hören können und dass er, falls die Stereoanlage auf Lautstärke 4 oder 5 eingestellt gewesen war, auch keine Schreie oder Schüsse aus dem Inneren des Haupthauses oder dem Garten davor hatte hören können. 14 Die Tests belegten Garretsons Aussage, dass er in dieser Nacht keine Schüsse gehört hatte.
Doch trotz Wolfers wissenschaftlicher Untersuchungen wollte sich nicht jeder bei der Kripo mit diesen Ergebnissen und damit mit der Unschuld eines so guten Verdächtigen abfinden. In einem Sachstandsbericht von Ende August hielten die Tate-Ermittler fest: »Nach Meinung der ermittelnden Beamten und nach Maßgabe wissenschaftlicher Untersuchungen des Erkennungsdienstes ist es äußerst unwahrscheinlich, dass Garretson weder Schreie noch Schüsse, noch sonst etwas von dem Aufruhr mitbekommen hat, die mit einem Mehrfachmord wie diesem in seiner unmittelbaren Nähe zweifellos einhergegangen sind. Allerdings schließen diese Erkenntnisse die Möglichkeit, dass Garretson von dem Mordgeschehen nichts gesehen oder gehört hat, nicht kategorisch aus.«
Am Samstagabend, dem 16 . August, wurde Roman Polanski mehrere Stunden lang von der Kripo befragt. Tags darauf kehrte er zum ersten Mal seit den Morden in das Haus am Cielo Drive zurück. Er kam in Begleitung eines Journalisten und eines Fotografen von Life sowie von Peter Hurkos, einem bekannten Medium, das Freunde von Jay Sebring damit beauftragt hatten, den Tatort zu untersuchen.
Als Polanski sich am immer noch polizeilich gesicherten Anwesen auswies und durch das Tor fuhr, bemerkte er gegenüber dem Life-Journalisten und langjährigen Bekannten Thomas Thompson: »Das muss der weltberühmte Sündenpfuhl sein.« Als Thompson ihn fragte, wie lange Gibby und Voytek dort gewohnt hätten, antwortete er: »Wohl zu lange.«
Das blaue Laken, mit dem Abigail Folger zugedeckt worden war, lag noch auf dem Rasen. Die Blutschrift an der Tür war verblasst, doch immer noch zu entziffern. Angesichts des Chaos, das ihn im Haus erwartete, war Polanski erst einmal bestürzt, ebenso über die dunklen Flecken im Eingangsbereich und den noch größeren im Wohnzimmer vor dem Sofa. Polanski stieg die Leiter zum Speicher hinauf, fand das Video, das die Polizei zurückgelegt hatte, und steckte es einem der anwesenden Beamten zufolge in die Tasche. Als er wieder herunterkam, ging er von Zimmer zu Zimmer und berührte hier und da einen Gegenstand, so als wollte er die Vergangenheit heraufbeschwören. Die Kissen lagen immer noch wie an jenem Morgen in der Mitte des Betts. So hätten sie immer dagelegen, wenn er nicht da gewesen sei, erzählte er Thompson und fügte hinzu: »Sie hat sie an meiner Stelle in die Arme genommen.« Lange verweilte er an dem Schrank, in dem Sharon die Babysachen untergebracht hatte.
Der Life-Fotograf machte zunächst eine Reihe von Polaroidaufnahmen, um die Lichtverhältnisse, den Standort und Winkel zu überprüfen. Gewöhnlich werden diese Fotos nach den richtigen Aufnahmen weggeworfen, doch Hurkos fragte, ob er ein paar davon als Unterstützung bei seinen »Impressionen« haben könne. Er bekam sie – eine großzügige Geste, die der Fotograf und Life bald bereuen sollten.
Während Polanski die vertrauten und nunmehr grotesken Dinge betrachtete, fragte er immer wieder: »Warum?« Er ließ sich vor der Haustür
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