Helter Skelter - Der Mordrausch des Charles Manson
den Kinoeingängen. Ihr Film Das Tal der Puppen lief landesweit an, allein in Los Angeles in über einem Dutzend Kinosälen. In kurzem Abstand folgten Tanz der Vampire und andere Filme, in denen die Schauspielerin mitgewirkt hatte – nur wurde sie jetzt als Star beworben.
Am selben Tag erklärte die Polizei den Reportern, dass jede Verbindung zwischen den Tate- und den LaBianca-Morden offiziell ausgeschlossen werde. Wie in der Los Angeles Times zu lesen war, hatten »mehrere Beamte ihrer starken Vermutung Ausdruck verliehen, dass man es beim zweiten Mordfall mit Trittbrettfahrern zu tun habe«.
Von Anfang an liefen die Ermittlungen getrennt und unter Leitung und Mitwirkung unterschiedlicher Beamter. So wurde auch weiterhin verfahren, und jedes Team ging seinen eigenen Fährten nach.
Obwohl beide Teams in einem Punkt gleicher Auffassung waren, machte dies die Kluft zwischen ihnen nur noch umso größer: Beide Einsatzkommandos gingen von derselben Grundprämisse aus. Denn in fast 90 Prozent aller Tötungsdelikte kennt das Opfer seinen Mörder. Das Hauptaugenmerk richtete sich daher in beiden Fällen auf den jeweiligen Bekanntenkreis der Opfer.
Um den Mafia-Gerüchten auf den Grund zu gehen, befragten die LaBianca-Beamten jeden von Lenos Kollegen und aus seinem Bekanntenkreis. Alle bezweifelten jedoch, dass die Mafia etwas mit den Verbrechen zu tun haben könnte. Ein Mann behauptete den Ermittlern gegenüber, dass er »wahrscheinlich etwas läuten gehört« hätte, falls die Mafia ihre Finger im Spiel hätte. Die Ermittler gingen sehr gründlich vor und forschten sogar nach, ob die Firma, bei der Leno während ihres Urlaubs 1968 in San Diego sein Schnellboot gekauft hatte, von der Mafia finanziert sein könnte. Wie sich herausstellte, war sie das nicht, auch wenn rund um die Mission Bay angeblich bei zahlreichen Betrieben »Geld von der jüdischen Mafia« im Spiel war.
Auch Lenos Mutter wurde befragt, doch die meinte nur: »Er war ein guter Junge. Er hat nie zur ›ehrenwerten Gesellschaft‹ gehört.«
Nachdem eine mögliche Verbindung zur Mafia ausgeschlossen war, standen die Ermittler im Fall LaBianca dennoch nicht ohne einen Verdächtigen da. Bei ihren Befragungen der Nachbarn hatten die Polizisten erfahren, dass das Haus östlich des LaBianca-Domizils seit mehreren Monaten leer stand. Davor sei es ein Hippie-Treff gewesen. Für die Hippies interessierten die Beamten sich allerdings weniger als für einen anderen früheren Mieter namens Fred Gardner (+).
Seinem Vorstrafenregister entnahmen sie, dass Gardner, ein junger Anwalt, »in der Vergangenheit verschiedentlich psychische Probleme gehabt und behauptet hatte, schon mehrmals für eine Weile geistig weggetreten zu sein und während solcher Episoden für seine Handlungen nicht verantwortlich zu sein …« So habe er während eines Streits mit seinem Vater »ein Messer vom Küchentisch genommen und ihn damit verfolgt, während er ihm drohte, ihn umzubringen …« Im September 1968, gerade mal zwei Wochen nach seiner Hochzeit, »verprügelte er seine Frau ohne jeden ersichtlichen Grund, zog ein Messer aus einer Küchenschublade und versuchte, sie damit zu töten. Es gelang ihr, seine Übergriffe abzuwehren, zu entkommen und die Polizei zu rufen.« Nach seiner Verhaftung wegen versuchten Mordes wurde er von einem gerichtlich bestellten Psychiater untersucht, der feststellte, dass bei ihm »unkontrollierbare Aggressionen abnormen Ausmaßes« vorhanden seien. Gleichwohl wurde die Anklage auf einfachen tätlichen Angriff herabgestuft. In der Folge kam er auf Bewährung frei und nahm seine Anwaltstätigkeit wieder auf.
Seitdem war Gardner noch einige Male entweder wegen Trunkenheits- oder wegen Drogendelikten festgenommen worden. Nach seiner letzten Verhaftung wegen Fälschung eines Rezepts wurde er gegen eine Kaution von 900 Dollar auf freien Fuß gesetzt und verschwand prompt. Ein Haftbefehl wurde am 1. August, neun Tage vor den LaBianca-Morden, erlassen. Angeblich sollte er sich in New York aufhalten.
Als die Ermittler Gardners Exfrau befragten, gab sie an, sich an sieben Begebenheiten erinnern zu können, bei denen Gardner die LaBiancas besucht habe und entweder mit Geld oder Whisky zurückgekommen sei. Als sie ihn danach gefragt hatte, habe er angeblich erwidert: »Das ist in Ordnung. Ich kenne sie, und sie tun gut daran, es mir zu geben, sonst passiert was.«
Hatte Gardner mit seinem Hang zu Messern erneut versucht, die LaBiancas unter Druck zu setzen,
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