Helvetias Traum vom Glück (German Edition)
Wellers Wahl hat ihr für heute den Rest gegeben.»
«Schlimme Sache! Wie konnte das nur passieren? Was wird das Ausland über uns denken? Der Mann ist politisch gesehen doch sehr weit rechts.»
«Nadine sagt es deutlicher. Er ist ein rechtsradikales Arschloch.»
«Harte Worte, aber in diesem speziellen Fall nicht ganz von der Hand zu weisen.»
Ferrari schaute den Staatsanwalt an. Irgendetwas schien ihn zu bedrücken.
«Ist Ihnen die Wahl von Weller so unter die Haut gegangen?»
Borer setzte sich.
«Nein … doch. Ich meine, nein.»
«Was nun? Ja oder nein?»
«Weller ist immerhin ein Basler», setzte Borer an.
«Stimmt. Es gibt rund zweihunderttausend Baslerinnen und Basler.»
«Aber nur einen von der Bundesversammlung gewählten Bundesrat, der aus Basel stammt.»
«Meines Wissens ist er nach Brenner und Tschudi der dritte Bundesrat aus Basel-Stadt. Bitte, Herr Staatsanwalt, könnten Sie etwas deutlicher werden?»
«Rechter Flügel, Bundesrat, Empfang in Basel … verstehen Sie, was ich damit sagen will?»
Ferrari nickte bedächtig. Traditionellerweise wurde ein neu gewählter Bundesrat mit allen Ehren in seinem Heimatort empfangen. Ein grosser Anlass für den Politiker, verbunden mit der symbolischen Übergabe des Stadtschlüssels durch den Stadtpräsidenten und einem Galadiner im Grossen Saal der Mustermesse. In kleineren Kantonen wurde die Wahl eines Bundesrates zum Volksfest. Die ganze Wohnortgemeinde stand Kopf und feierte ihren Bundesrat.
«Stadtpräsident Markwart hat mich kurz nach der Wahl angerufen. Er bat mich, beim Empfang für Weller … ich meine, Bundesrat Weller, einige Worte zu sagen. Lobesworte, versteht sich. Immerhin ist der neue Bundesrat ein Bürgerlicher … im weitesten Sinn.»
«Herzliche Gratulation!»
«Hören Sie auf, Ferrari. Markwart will mich schon lange kaltstellen und mit diesem Akt schafft er es womöglich auch.»
Freunde waren Markwart und Borer nicht gerade. Das munkelte man seit Längerem hinter den Kulissen. Nur, hatte Borer überhaupt Freunde?
«Vorsicht, Ferrari. Ihr Blick spricht Bände. Seien Sie unbesorgt, ich habe durchaus Freunde. Nur Markwart gehört nicht dazu. Da war vor Jahren so eine Geschichte … ich habe mich ihm entgegengestellt. Es ging um seine Ständeratskandidatur.»
«Wollten Sie an seiner Stelle kandidieren?»
«Gott bewahre! Nein! Aber wir stritten uns wieder einmal heftig in der Partei. Es ging um die politische Ausrichtung. Mehr nach rechts oder besser mehr nach links. Die eine, eher konservative Hälfte, war für Markwart, die andere für Schneider. Markwart wirft mir noch immer vor, dass eine Rede von mir den Ausschlag für Schneider gegeben habe.»
«Hat anscheinend ziemlich viel gebracht. Die Rede, meine ich.»
«Nur, weil wir Bürgerlichen uns für einmal einig waren und mit Schneider einen gemeinsamen Kandidaten ins Rennen schickten. Sonst wäre der Ständeratssitz noch immer in der Hand der Linken.»
«Tja, die Bürgerlichen schlagen sich in unserem Kanton oft selbst.»
«Ein wahres Wort. Und jetzt soll ich Weller küren. Das passt mir nicht. Das gefällt mir überhaupt nicht.»
«Das zum Thema Politik. Es tut mir leid, Herr Staatsanwalt, aber ich weiss nicht, wie ich Ihnen dabei helfen kann. Mich interessiert Politik nur am Rande. Heute eigentlich nur, weil ich wissen wollte, ob Weller tatsächlich gewählt wird.»
«Könnten Sie nicht Ihre guten Beziehungen zum Basler Daig spielen lassen und mit Olivia Vischer sprechen?»
«Olivia? Was hat denn sie damit zu tun?»
«Markwart frisst ihr aus der Hand.»
«Sie meinen, wenn Olivia ihm gut zuredet, wird er einen anderen bestimmen und Sie sind fein raus.»
Borer rieb sich erfreut die Hände.
«Genau! Wir sind ein ausgezeichnetes Team, Ferrari. Ein hervorragendes Team sogar. Markwart wird nicht die Hand beissen, die ihn füttert.»
«Sie wollen damit sagen, dass Markwart auf Olivias Lohnliste steht?»
«Wie? Nein, nein, das missverstehen Sie vollkommen. Olivia unterstützt die Partei, das meine ich damit. Nun, rufen Sie für mich an? Olivia hört auf Sie. Sie hat den Narren an Ihnen gefressen seit damals, Sie wissen schon, seit dem Fall Brehm.»
Der Kommissär klopfte mit seinem Kugelschreiber auf den Tisch. Frank Brehm, ja, das war gut drei Jahre her. Olivia Vischer, aus wohlhabender und einflussreicher Familie stammend, hatte sich in den Künstler Brehm verliebt. Eine unglückliche Liebe mit einem tragischen Ende. Letztendlich war es Ferrari gelungen, den Fall zu
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