[Henderson_Charles]_Todesfalle-Die_wahre_Geschicht(Bookos.org)
Dauer für eingeschränkt dienstfähig - kein körperliches Training, keine körperlichen Eignungsprüfungen. Er konnte nicht versetzt werden, denn zu den Bedingungen, unter denen er seinen Dienst fortsetzen durfte, gehörten monatliche Besuche im National Naval Medical Center in Bethesda. Um die bestmögliche Betreuung zu gewährleisten, übernahm schließlich der Vorsitzende der Abteilung für Neurologie, ein Captain im Medical Corps der Navy namens W. L. Brannon, Jr. Hathcocks Behandlung.
Hathcock wäre ein glücklicher Mensch gewesen, wäre die Multiple Sklerose nicht weiter fortgeschritten.
Der Juli 1976 in Quantico war sehr heiß. Auf Bahn 4, der Tausend-Yard-Bahn, die von den aus allen Heeresverbänden und aus den Schießclubs der NRA kommenden Wettkampfteilnehmern das Todestal genannt wurde, lag Major David Willis mit straffgezogener Lederschlinge hinter einer 300 Winchester Magnum und visierte durch das starke Zielfernrohr die tausend Yard entfernten Scheiben an. Carlos Hathcock lag neben ihm auf einer Schießunterlage, fest in eine Schießjacke gezwängt und durch einen Lederriemen mit einem Gewehr gleicher Bauart verbunden.
Sie trainierten für die Einzel- und Gruppenmeisterschaften aller Heeresverbände im Gewehrschießen auf große Entfernungen.
Die Temperatur kletterte schon vor Mittag auf über 35° und stieg noch weiter. Willis veranlaßte die Schützen, Thermometer an ihre Fernrohrstative zu hängen, als Mahnung, vor Hitzschlag auf der Hut zu sein. Die vom Boden zurückstrahlende Hitze ließ die Mirage so stark wabern und schwanken, daß viele der Schützen verzweifelt fluchten, weil sie Mühe hatten, die Scheiben zu erkennen.
Hinter jedem Schützenpaar saß ein Trainer und drückte ein Auge fest an die hintere Linse eines gigantischen grauen Beobachtungsteleskops Marke Unertl.
Ron McAbee, inzwischen Gunnery Sergeant, stand hinter Hathcock, beobachtete die Schützen und hörte zu, wie der Trainer den beiden Männern vor ihm zurief, um wie viele Klicks sie ihre Zielfernrohre verstellen mußten. Wenn er eine Windveränderung ausrief, mußten beide Männer an den Einstellknöpfen für die Windabweichung drehen und dem Trainer die Zahl der Klicks nach hinten melden.
»Von jetzt an drei rechts«, sagte der Trainer.
»Drei rechts«, kam eine Stimme von rechts. Hathcock lag links.
»Hathcock!« rief der Trainer. »Drei rechts!«
Hathcock reagierte nicht.
Willis stützte sich auf seinen Ellbogen und streifte sich die lederne Gewehrschlinge ab.
Hathcock hatte die Wange an den erhobenen Gewehrschaft gedrückt, sein Auge lag fest am Zielfernrohr. Sein Unterkiefer hing kraftlos herab, und er atmete schwach.
Hastig nahmen die Marines Carlos die Gewehrschlinge ab und lösten die Schnallen an seiner Jacke. Blut tropfte ihm aus den Ärmeln, und als sie die Jacke öffneten sahen sie, daß sein Sweatshirt blutdurchtränkt war. Als die Marines Hathcocks von Brandwunden entstellten Körper freilegten, wurden seine Verletzungen sichtbar. An jeder Falte seines Körpers, an Ellbogen und Schultern, an den Oberarmen und auf der Brust war die Haut aufgeplatzt. Sie konnten die alten und die neuen Risse sehen und wußten, daß Hathcock jedesmal blutete, wenn er schoß, aber den Schmerz ignorierte.
»Jesus Christus! Hathcock stirbt uns unter den Händen! Bringt ihn in den Nachladeschuppen«, befahl Willis. Der kleine Nachladeschuppen am Ende der Straße, die das Tal des Todes gleich hinter der Sechshundert-Yard-Linie durchquerte, war das einzige Gebäude mit Klimaanlage. Dorthin brachten sie ihn, und bald danach traf ein Krankenwagen ein.
Major David Willis verließ Quantico im Oktober 1976, um als stellvertretender Kommandeur des 3. Bataillons, 9. Marines, eine Rundreise durch Okinawa anzutreten. Und als er ein Jahr später zu den Schießbahnen von Quantico zurückkehrte, bemühte sich Carlos immer noch, die Scheiben zu treffen. Er hatte nicht aufgegeben. Aber in diesem Jahr hatte etwas anderes begonnen, was seine Gedanken vom Vergleichsschießen ablenkte. Etwas, das erreichbar war.
Major E. J. Land war jetzt Koordinator für die Scharfschützen des Marine Corps, und er war ganz in der Nähe, im Hauptquartier des Marine Corps stationiert. Er besuchte Hathcock während dieser ersten Zeit in Quantico häufig und besprach mit ihm ein Projekt, an dem auch Colonel Reynolds beteiligt war. Es ging um ein das ganze Marine Corps umfassendes Heckenschützenprogramm.
Es gab unabhängige Heckenschützenschulen wie die von Colonel Dickmans
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