Hennessy 02 - Rätselhafte Umarmung
Augenblick sprachlos an, zu verwirrt, um antworten zu können. So nett Jayne auch war, offenbar war sie genauso verrückt wie alle anderen in Drake House.
»Rachel glaubt nicht an Geister«, erläuterte Bryan, während er ihr ein Glas Weißwein reichte. Seine Augen funkelten wie Saphire. »Rachel ist Realistin.« Er sprach das Wort aus, als würde es sich dabei um einen strengen religiösen Orden handeln.
Jayne riss die dunklen Augen auf. Sie sah erst Bryan, dann Rachel und schließlich wieder Bryan an. »Oje.«
»Es tut mir leid, daß ich nicht früher heruntergekommen bin«, bemerkte Rachel, um das Thema zu wechseln. »Aber ich bin eingeschlafen. Dabei wollte ich Mutter beim Kochen helfen.«
»Ach, Addie kocht nicht mehr«, erwiderte Bryan.
Rachel zog die Brauen zusammen und sah ihn an. »Was soll das heißen? Mutter hat nachts in einem phantastischen Restaurant gearbeitet, als wir in Berkeley wohnten. Sie ist eine ausgezeichnete Köchin.«
»Nicht mehr seit dem berüchtigten Vorfall mit der Fischkopfsuppe und dem Schokoladen-Abführkuchen«, korrigierte Bryan.
Jayne verdrehte die Augen bei der Erinnerung. »Reverend MacIlroy war eine Woche lang indisponiert.«
Bryan seufzte. »Zum Glück war ich nach der Suppe satt und habe auf den Kuchen verzichtet.«
»Sie haben Fischkopfsuppe gegessen?« fragte Rachel ungläubig. Schon bei der Vorstellung wurde ihr flau im Magen.
»Ich ziehe es vor, sie als Bouillabaisse-Variation anzusehen. Es war bestimmt nicht das Schlechteste, was je meinen Gaumen berührt hat. Ich denke dabei an eine bestimmte Mahlzeit in China. Man macht dort mit Schlangen Dinge ...«
»Darüber spricht man nicht vor dem Essen«, wies ihn Jayne zurecht und sah in missbilligend an. Sie ergriff wieder Rachels Arm und geleitete sie zum Esszimmer , wobei sie ständig Fragen stellte oder Erklärungen gab. Ihre Unterhaltung wechselte lückenlos von einem Thema zum nächsten. »Ich finde es wunderbar, daß Sie heimgekommen sind, um sich um Addie zu kümmern. Wir sehen natürlich alle hin und wieder nach ihr, aber das ist nicht dasselbe.
Ich habe gehört, daß Sie Särfgerin sind. Wollen Sie sich hier in Anastasia Arbeit suchen?«
»Auf mich wartet ein Job an der Phylliss Academy of Voice in San Francisco«, antwortete Rachel, die keinen Grund sah, diese Tatsache zu verheimlichen. Außerdem musste sie sich darin üben, das zu sagen. Sie würde bald mit Addie über dieses Thema sprechen müssen, damit sie den Hausverkauf und den Umzug nach San Francisco planen konnten.
»San Francisco?« fragte Jayne, als hätte sie noch nie von diesem Ort gehört.
Bryan stand schweigend dabei und gab acht, daß seine Miene nichts verriet.
»Ja. Sobald ich die finanziellen Angelegenheiten meiner Mutter geregelt habe, werden wir das Haus verkaufen und in die Stadt ziehen.«
»Weiß Addie schon davon?« fragte Bryan, bemüht, gleichgültiger zu klingen, als er war.
Rachel nagte an ihrer Unterlippe. Sie konnte ihm nicht in die Augen sehen. »Noch nicht.«
In diesem Moment hatte Addie ihren großen Auftritt im Esszimmer . Ihr Aufzug wirkte noch verrückter als der von Jayne. Über ihr geblümtes Hauskleid hatte sie eine hauchdünne, mit Straußenfedern besetzte rosa Robe geworfen. An den Füßen trug sie die grünen Gummistiefel. Mit einem königlichen, flüchtigen Blick begrüßte sie die drei.
»Hennessy, meinen G und T bitte.«
Rachel packte Bryan am Jackenärmel. Er drehte sich zu ihr um, und für einen kurzen Moment schwand ihre Angst. Er war ihr so nah. Sein Mund war nur Zentimeter von ihrem entfernt, als er sich zu ihr herabbeugte. Sie fuhr sich nervös mit der Zunge über die Lippen, weil sie plötzlich an seinen Kuss denken musste . Unter ihren Fingerspitzen und der feinen Wolle seines Sakkos spürte sie felsenharte Muskeln.
»Keine Angst«, flüsterte er, als hätte er ihre Gedanken gelesen. »In Addies G und T ist so gut wie kein G. Ich besprenkle bloß die Eiswürfel ein bisschen , damit ich ihr nichts vorgaukeln muss , wenn ich ihn ihr gebe.«
Er ging an die Anrichte und mixte den Drink. Rachel seufzte, weil sie der süßen Wärme, die ihre Brust durchströmte, hilflos ausgeliefert war. Es wäre so leicht, sich in ihn zu verlieben. Er sah gut aus, und er war auf seine eher bizarre Art sehr charmant. Er war so freundlich und sorgte so gut für Addie. Sie beobachtete, wie er ihrer Mutter den Drink überreichte. Plötzlich zwinkerte er Addie zu und zog eine Münze aus ihrem Ohr.
»Sie sind ein Idiot,
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