Henry - Das Buch mit Biss (German Edition)
diese vor meinen Blicken
schützen.
„Die
war ein Geschenk“, murmelte sie.
Ich
nickte. „Sicher.“
Vor
dem Buchladen dröhnte ein Auspuff. Ich kann Raser nicht ausstehen. Das sind
alles Idioten, die mit ihren Abgasen die Luft verpesten. Nicht wenige von ihnen
landen im Graben. Essen auf Rädern. Fast Food.
Hannah
stürmte nach draußen. „Komm schon, Bücherknicker!“
„Ich
heiße Henry.“
Doch
Hannah hörte mich schon nicht mehr.
Als
ich ihr nachging, sah ich sie dastehen, mit einem höchst ungewöhnlichen
Gesichtsausdruck. Bewunderung.
Sie
war ganz fokussiert auf einen Motorradfahrer, der wie ein Irrer um den Park
kurvte. Ich rollte die Augen. Was für ein Angeber. Auf die letzten paar Meter
gab er nochmal richtig Gas, nur um dann kurz vor unseren Füßen zu bremsen. Ich
sprang zurück.
„Hey,
du Vollidiot! Du hättest uns fast über den Haufen gefahren!“ Hannah hatte sich
während dieser Stuntshow keinen Millimeter vom Platz bewegt.
„Hi
Jeremy.“
Der
Fahrer nahm seinen Helm ab und fuhr sich durch sein braunes Haar, das ihm in
die Stirn fiel. Seine stahlgrauen Augen sahen erst Hannah an („Hi“), dann fiel
sein Blick auf mich. „Nur die Ruhe, Alter. Ich hab alles unter Kontrolle.“
Er
nannte das Kontrolle, ich nannte es Wahnsinn.
„Bücherknicker,
das ist Jeremy, Jeremy, Bücherknicker.“, sagte Hannah. Plötzlich strahlte sie. Jeremy
stieg von seinem Motorrad ab. Einer giftgrünen Kawasaki Ninja. Zugegeben, der
Kerl hatte Geschmack. Hätte ich genug Geld… Ach was, ich brauchte so ein
Poser-Teil nicht, um zu zeigen, dass ich jemand war. Ich war Bücherknicker!
Nein, Moment, Mathurin, nein, schon wieder falsch. Henry!
„Ich
heiße Henry. Henry Clarke“, sagte ich wie zu mir selbst. Jeremy schüttelte
meine Hand. Himmel, der Kerl hatte einen Griff wie ein Schraubstock.
„Möchtest
du was zu trinken, Jeremy?“ Mit einem Mal war Hannah richtig handzahm. Was war
los mit ihr?
„Gerne.“
„Und
was ist mit mir?“, fragte ich. Nicht dass ich wirklich Durst hatte. (Nicht
mehr.) Ich mochte die Getränke der Pulshaber nicht, aber ich wollte wenigstens
gefragt werden.
Aber
schon wieder hörte mich Hannah nicht. Sie war bereits im Buchladen verschwunden
und ließ mich und Mr. Cool draußen stehen. Langsam ging es mir auf den Keks,
ignoriert zu werden, also wand ich mich Jeremy zu.
„Und
du bist also Hannahs großer Bruder.“
Da
fing Jeremy an zu Lachen. Beim Lachen bekam er Grübchen. Wie niedlich,…
„Wie
kommst du denn da drauf?“
„Na
ich dachte-“
„So,
hier kommt die Erfrischung“, rief Hannah, als sie mit einem Tablett in den
Händen nach draußen kam.
Wie
konnte sie so schnell wieder hier sein?
„Ich
war nicht sicher, was du willst, also hab ich mehrere Sorten mitgebracht.
Einmal Wasser, dann Orangensaft, Jasmintee und Cola.“
„Danke,
lieb von dir.“
Meine
Augen wurden zu Schlitzen. Was ging denn da ab?
Jeremy
war nicht Hannahs Bruder, trotzdem gingen die beiden seltsam vertraut
miteinander um. Er entschied sich für den Saft. Ich hielt probeweise meine Hand
hin, doch anstatt mir eines der anderen Gläser zu geben, wuselte Hannah zurück
in den Laden. Ihre Wangen glühten. Sie war komplett durch den Wind. Langsam
begriff ich…
„Bist
du ihr Freund?“, fragte ich ihn ohne Umschweife.
Jeremy
sah verlegen aus. „Ich kenne Hannah schon ewig. Wir sind beste Freunde. Rein
platonisch.“
Au
weia, da war einer aber mächtig verknallt. Dieser sehnsüchtige Blick.
Widerlich. Und wieder kam Hannah nach draußen, die Hände in den Hosentaschen
vergraben.
„Ähm,
Jeremy…“
„Ja?“
„Ich
muss dich was fragen.“ Hannah blickte zu Boden.
„Nur
zu.“
„Es
geht um den Bücherknicker.“
„Hhmm.“
Ich
stand daneben und konnte nur fasziniert den Kopf schütteln. Wenn ihre
Unterhaltungen immer so verliefen, dann konnte es Abend werden, bis Hannah
endlich zum springenden Punkt kam. Für beste Freunde wirkten sie jetzt aber arg
verkrampft.
„Ich
hab angeboten, ihm zu helfen seine Freundin wieder zu bekommen.“
Na ja,
so richtig war Kaylen nie meine Freundin gewesen, aber gut. Plötzlich wirkte
Jeremy erleichtert. Vorher hatte er recht verkrampft dagestanden, doch nun sah
er lockerer aus.
„Um
das zu erreichen, müssen wir sie eifersüchtig machen. Deswegen habe ich mich
dazu bereiterklärt, für die nächste Zeit so zu tun, als wäre ich seine
Freundin.“
Schwupps
und schon war die Anspannung wieder da. Es war direkt
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