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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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Vierlingen, während sie auf den Eingang zufuhren. »Tut genau, was Mami euch sagt, dann wird schon alles gutgehen.«
    »Gar nichts wird gutgehen, wenn Daddy bei einer amerikanischen Lady gewesen ist«, sagte Josephine. »Sie gefickt hat«, korrigierte Penelope. Eva bremste scharf. »Wer hat das gesagt?« fragte sie und drehte sich wütend nach den Vierlingen um. »Mavis Motty«, sagte Penelope. »Sie redet ständig vom Ficken.«
    Eva holte tief Luft. Es gab Zeiten, in denen die Sprache der Vierlinge abscheulich viel zu wünschen übrig ließ, obwohl sie doch in der Schule für Hochbegabte sorgfältig auf eine reife und gebildete Ausdrucksweise hin erzogen wurden. Und jetzt war so eine Zeit. »Es ist mir egal, was Mavis gesagt hat«, erklärte sie, »und außerdem stimmt es gar nicht. Euer Vater ist einfach wieder töricht gewesen. Wir wissen nicht, was mit ihm geschehen ist; und deshalb sind wir hier. Und jetzt benehmt euch gefälligst und ...«
    »Wenn wir nicht wissen, was mit ihm passiert ist, woher willst du dann wissen, daß er töricht gewesen ist?« fragte Samantha, die es von jeher mit der Logik hatte. »Halt den Mund«, sagte Eva und fuhr wieder an. Schweigend gaben sich die Vierlinge im Fond den Anschein von netten kleinen Mädchen. Doch der täuschte. Wie üblich hatten sie sich mit geradezu erschreckender Genialität auf die Expedition vorbereitet. Emmeline hatte sich mit diversen Hutnadeln bewaffnet, die einst Großmama Wilt gehört hatten; Penelope hatte zwei Fahrradpumpen mit Ammoniak gefüllt und die Enden mit Kaugummi abgedichtet; Samantha hatte sämtliche Sparschweine aufgebrochen und einem verblüfften Gemischtwarenhändler seinen gesamten Pfeffervorrat abgekauft; und Josephine hatte derweilen einige von Evas größten und spitzesten Küchenmessern vom Magnetbrett in der Küche eingesteckt. Mit einem Wort, die Vierlinge freuten sich königlich darauf, möglichst viele Wachen außer Gefecht zu setzen; die einzige Befürchtung, die sie hegten, war die, daß die Sache friedlich ablaufen könne. Und um ein Haar wäre es so gekommen.
    Als sie vor dem Schlagbaum anhielten und der Posten auf sie zukam, deutete nichts auf getroffene Vorkehrungen hin, die gestern so offensichtlich gewesen waren. Im Zuge seiner Bemühungen, zu demonstrieren, daß der Normalzustand und keine Ausnahmesituation herrschte, hatte Colonel Urwin die Entfernung der betongefüllten Tonnen in der Zufahrt angeordnet und den am Eingang zu den Zivilunterkünften diensthabenden Offizier dazu angehalten, besonders höflich zu sein. Eine massige Engländerin mit Dauerwellen und einer Wagenladung kleiner Mädchen schien für die Sicherheit der Luftwaffe der Vereinigten Staaten keinerlei Bedrohung darzustellen. »Wenn Sie mal eben hier rüberfahren wollen, lasse ich Ihnen gerne den Bildungsoffizier rufen«, erklärte er Eva, die sich vorgenommen hatte, Captain Clodiak diesmal gar nicht zu erwähnen. Eva passierte den Schlagbaum und parkte. Das hatte sich als viel einfacher erwiesen als erwartet, so daß sie einen Augenblick an sich selbst zweifelte. Vielleicht war Henry doch nicht hier, und sie hatte einen schrecklichen Fehler begangen. Doch diese Unsicherheit währte nicht lange. Wieder mal hatte Wilts Escort seine Anwesenheit signalisiert, so daß just in dem Augenblick, als Eva die Vierlinge beruhigte, daß schon alles gutgehen würde, der Lieutenant mit zwei bewaffneten Posten aus dem Wachgebäude trat. »Entschuldigen Sie, Madam«, sagte er, »aber ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mit rüber ins Büro kämen.«
    »Wozu denn?« fragte Eva.
    »Reine Routine.«
    Eva sah ihn ausdruckslos an und versuchte nachzudenken. Sie war auf eine Konfrontation gefaßt, und Ausdrücke wie »Ich wäre ihnen sehr verbunden« und »reine Routine« waren irgendwie bedrohlich höflich. Trotzdem machte sie die Tür auf und stieg aus.
    »Und die Kinder auch«, sagte der Lieutenant. »Bitte alle aussteigen.«
    »Fassen Sie bloß meine Töchter nicht an«, drohte Eva, aufs höchste alarmiert. Jetzt war ihr klar, daß man sie nur hatte hereinlocken wollen. Auf diesen Augenblick hatten die Vierlinge nur gewartet. Als der Lieutenant die hintere Wagentür aufreißen wollte, stieß Penelope das Ende einer Luftpumpe durch den Fensterspalt, und Josephine zückte ein Tranchiermesser. Nur Evas beherztes Eingreifen rettete ihn vor dem Messer. Sie verdrehte ihm den Arm, und gleichzeitig traf ihn der Ammoniak. Während das Zeug von seinem durchtränkten Uniformrock

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