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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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Oma hat keinen Sitzplatz!«, oder: »Ich muss noch mal aufs Klo!« Cool bleiben. Ich war hier die Chefin. Ich räusperte mir die Angst von den Stimmbändern: »Herein?«
    Wehe, wenn das jetzt wieder der Bäckermeister war! Der brachte es fertig, noch eine Minute vor dem Auftritt zu nerven! Ich würde ihn mit meinem Dirigentenstab erdolchen! Doch zu meiner Überraschung war es Jürgen. Er trug zur Feier des Tages seinen etwas knapp sitzenden braunen Sparkassenanzug mit dem blasslila Hemd und der grauen Krawatte. Er hatte sich einen akkuraten Seitenscheitel gezogen, was ihn noch biederer aussehen ließ als sonst. Irgendwie machte auch er einen erstaunlich nervösen Eindruck, was er rührend ungeschickt zu verbergen suchte. Sein Gesicht glänzte vor Schweiß. Mit ihm waren noch ein Dutzend gelbe Sparkassenluftballons zur Tür hereingequollen. »Wir sichern Ihren Kindern eine Zukunft.« Und ein riesiger Blumenstrauß. Was sollte ich denn jetzt damit? Ach, er meinte es ja nur gut. Mutter Margot hätte gesagt: »Kind, stell die Blumen höflich in die Vase und bedank dich damenhaft. Nach so einem Mann kannst du dir alle zehn Finger ablecken!«
    »Na, mein rattenscharfes Weib!«, begrüßte mich Jürgen bemüht cool.
    Offensichtlich wollte er auf diese Weise meinem Lampenfieber entgegenwirken. Komisch, dass er damit genau das Gegenteil bewirkte! »Alles fit im Schritt?«, fragte er salopp.
    Er wollte mich lässig an sich ziehen, aber seine vielen Luftballons und Blumen waren im Weg. Loriot hätte seine helle Freude gehabt. Und ich hatte im Moment überhaupt keinen Nerv für schlüpfriges Wortgeplänkel! »Ähm, hallo Jürgen, ich dachte, du sitzt schon im Saal?« Ich hatte gleich ein schwieriges Konzert zu dirigieren, und den Text des musikalischen Märchens würde ich auch sprechen. Wie ging der noch gleich?
    »Peter hatte das Gartentor offen gelassen, und der Großvater hielt ein Schläfchen, woraufhin die Ente neugierig zum Teich watschelte, und der Vogel …« Warum geriet mein Herz an dieser Stelle plötzlich ins Stolpern? Ich würde alles falsch machen!
    »Du hast mir hoffentlich in der ersten Reihe vier Plätze reserviert?« Jürgen wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Für mich und die Luftballons?«
    Ich schenkte ihm ein nervöses Lächeln. »Ich habe es Frau Zweifel gesagt, ja. Wieso brauchst du denn so viel Platz für die Luftballons?«
    »Weil du die ja nach dem Konzert verteilen sollst!« Jürgen griff nach meinem Arm. »Du weißt doch, dass das die beste Werbemaßnahme für meine Sparkasse ist! ›Wir sichern Ihren Kindern eine Zukunft!‹«
    »Jürgen, ich habe im Moment keinen Sinn für deine Luftballons. Bitte! In drei Minuten beginnt die Vorstellung. Sei so lieb und lass mich jetzt …« Ich machte mich sanft los. Jürgen hatte noch nie ein Gespür für meine Künstlerseele gehabt. So liebevoll wie möglich wollte ich ihn zur Türe hinausschieben. Mein Herz polterte vor Angst. Gleich würde ich da rausgehen! Die Heilewelter Bürger würden höflichen Applaus spenden, und dann würde ich den Dirigierstab heben, die volle Konzentration meiner hundert Kinder heraufbeschwören. Wir hatten ein ganzes Jahr hart geprobt. Und ein Weltstar beehrte uns!
    »Ich habe dir noch etwas Wichtiges zu sagen.« Ich spürte Jürgens bohrenden Blick, obwohl ich den Kopf bereits abgewandt hatte. Oh, bitte nicht. Bitte nicht jetzt! Nicht schon wieder. Er würde doch nicht ausgerechnet jetzt … Ich schluckte einen dicken Kloß herunter. Wir hatten das Thema doch schon so oft besprochen!
    Auf einmal ging Jürgen auf die Knie. »Lotta«, stieß er atemlos hervor. »Ich habe dich schon oft gefragt, und jetzt frage ich dich wieder.« Er wischte sich den Schweiß von der Stirn, sodass die Luftballons kurzfristig sein Gesicht verdeckten. »Willst du meine Frau werden?!«
    Ich blickte auf sein gerötetes Gesicht hinab und konnte nicht anders: Ich war gerührt von seiner hilflosen Art, mit der er mir genau im falschen Moment, am falschen Ort, mit den absolut falschen Worten einen Heiratsantrag machte. Hätte ich doch heute bloß nicht diesen Wiener Philharmoniker kennengelernt! Ich kam mir vor, als stünde ich mit peinlichen Schnürschuhen vor der Auslage einer Designerschuhboutique … Meine Kehle war wie ausgedörrt. »Jürgen«, sagte ich beschwörend. »Können wir das nachher besprechen?« Irgendwie schaffte ich es, mein Lächeln nicht aus dem Gesicht rutschen zu lassen.
    »Nein, können wir nicht!« Trotzig stemmte sich

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