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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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das ist mein … ähm … Sponsor. Jürgen Immekeppel. Von der städtischen Sparkasse Heilewelt.«
    »Ah«, sagte Christian Meran, und seine Augen funkelten schelmisch, als er den Pulk Luftballons sah. »Das ist also der berühmte Partner, der Frau von Thalgau so tatkräftig unterstützt.«
    »Finanziell«, murmelte ich und tat so, als müsse ich mich räuspern.
    Die beiden gaben einander die Hand, und ich zupfte mir vor dem Spiegel noch schnell ein paar Strähnen zurecht. Mutter Margot verglich meine Haare gern mit »angefaultem Stroh«, was mich nicht gerade froh stimmte. »Wir müssen dann wohl mal!«, sagte ich an Jürgen gewandt und wies mit dem Kopf auf die Wanduhr: »Es ist schon fünf nach acht, und da drinnen brummt es bereits wie in einem Wespennest!«
    »Dann Hals- und Stimmbruch«, machte Jürgen gute Miene zum bösen Spiel und rang sich ein verbittertes Lachen ab: »Oder wie sagt man in eurem Fall?!«
    »Toi, toi, toi«, erwiderte Christian schlicht und hielt mir galant die Tür auf. »Und niemals Danke sagen, denn das bringt Unglück. Aber das wissen Sie ja sicherlich.«

ANITA
    Als Ursula endlich weg war, saß ich erschöpft an der Hausbar. Sie hatte mir noch endlos von ihrer geschiedenen Tochter Rosie erzählt, die diesmal mit ihnen Weihnachten feiern würde, weil sie kein Haus mehr hatte. Von ihrem dicken Enkel Raffael, der mit acht Jahren schon fünfundsechzig Kilo wog und gleich nach den Feiertagen zu einer Fastenkur für adipöse Kinder ins Burgenland geschickt werden würde. »Aber vorher kriegt der Junge noch ne anständje Weihnachtsjans!«, verkündete Ursula unerbittlich. Dann erzählte sie mir ausführlich von dem tollen Anwalt, den die Tochter bei ihrer Scheidung gehabt hatte. Ein echt scharfer Hund namens Ralf Steiner (ich gähnte heimlich hinter vorgehaltener Hand). Danach waren die Prostatabeschwerden ihres Mannes Wolfgang Kobalik dran. (Ich hörte anstandshalber auf zu gähnen.) »Weißt du, Kindchen, det mitm Sex is ooch nüscht mehr«, hatte sie mir nach dem x-ten Glas anvertraut, doch bevor sie nun fragen konnte: »Wie ist es denn mit euch?«, hatte ich zu meinem üblichen Trick gegriffen und meiner Ältesten heimlich unter der Bar eine SMS geschickt: »Ursula-Alarm!« Anschließend hatten wir die Nummer abgezogen, die wir immer abzogen, wenn ich meine Nachbarin loswerden wollte: Prompt rief Grazia mich an und bat, augenblicklich abgeholt zu werden. In diesem Punkt hielten wir eisern zusammen.
    »Ach, ich soll dich abholen, Süße?«, flötete ich erleichtert ins Telefon. »Ja wo bist du denn, mein armer Schatz? Was, in dieser üblen Gegend? Na, da mache ich mich doch gleich auf den Weg! Entschuldige, Ursula, aber ich müsste jetzt …«
    »Ja, kannste denn noch fahn?«, hatte Ursula Kobalik schwan kend gefragt, nachdem ich sie in die klirrende Kälte hinausgeschoben hatte. Dann war ich vor ihren Augen in die Garage gegangen, nur um unbemerkt wieder ins Haus zu schlüpfen. Dort ließ ich die Rollläden herunter und schmückte den Baum, den Jarek mir inzwischen aufgestellt hatte. Ich nahm die mattsilbernen Kugeln, die Christian letztes Jahr von seiner Japantournee mitgebracht hatte. Sie sahen sehr stilvoll aus. Immer wieder brachte er tolle Antiquitäten, kostbare Teppiche, schöne Gemälde und allerhand alte Instrumente von seinen Reisen mit. Aber Ursulas bohrende Fragen, wo er denn sei, warum er sich denn einen Tag vor Weihnachten noch in der Provinz herumtreiben müsse und ob er denn gar keine Sehnsucht nach seiner schönen Frau und seinen hübschen Töchtern habe, fraßen sich in meine einsame Seele. Die Lichter des Weihnachtsbaumes verschwammen vor meinen tränenblinden Augen, als ich mir schon zum dritten Mal den zweiten Satz meines Lieblingsflötenkonzerts von Poulenc anhörte:
    Unser Stück. Unsere erste gemeinsame Nacht.
    Dieses Stück hatte er mir damals immer wieder vorgespielt. Im Luxushotel in Bangkok. Auf seiner goldenen Flöte. Eingehüllt in die Seidendecke hatte ich mit angezogenen Beinen auf dem Bett gesessen, Champagner geschlürft und das exklusive Privatkonzert genossen. Damals hatte ich von klassischer Musik noch nicht das Geringste verstanden. Erst nach und nach war sie mir etwas vertrauter geworden. Christians Solostücke kannte ich alle. Heute gab er den Vogel aus »Peter und der Wolf«. Ich sah regelrecht vor mir, wie er den ganzen Saal verzückte mit seinem lebendigen Spiel. Mir entfuhr ein abgrundtiefer Seufzer. Christian zog es einfach nicht nach Hause. War

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