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Herbert, James - Die Brut.pdf

Herbert, James - Die Brut.pdf

Titel: Herbert, James - Die Brut.pdf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: TVB1
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es, das merkte er an der steigenden Muskelanspannung des Tierleibes. Der Forstmeister kannte sich aus mit Pferden, mit ihren Launen, und besonders mit dieser. Sein Tier würde gleich durchgehen.
    »Ruhig, Bettina, ganz ruhig. Da ist nichts, wovor du dich fürchten müsstest.« Er klopfte dem Pferd auf den Hals und sprach in sanftem, beruhigendem Tonfall. Sonst war Bettina das fügsamste Tier, das auch durch plötzlichen Wildwechsel kaum aus der Ruhe zu bringen war. »Beruhige dich, mein Mädchen, und dann setzen wir unseren Weg fort.«
    Das Pferd begann zu tänzeln, warf den Kopf hoch und wich vor dem Dickicht zurück. Sein Reiter verstärkte den Druck seines linken Knies und zog den Zügel nach rechts, versuchte das Tier von dem bedrohlichen Dickicht wegzulenken, zurück auf den Pfad.
    In diesem Augenblick ging die Stute durch. Aus dem Gebüsch war kein Geräusch mehr gedrungen, nichts hatte sich gerührt, doch die Anspannung des bockenden Pferdes entlud sich jetzt in einem rasenden Galopp.
    Dumpf donnerten die Hufe auf den schweren Waldboden, wirbelten Erdklumpen durch die Luft. Denison zerrte an den Zügeln und stemmte die Beine fest in die Steigbügel. Er lehnte den Oberkörper weit nach hinten und versuchte so, den Ausbruch des Tieres zu zügeln.
    Doch die panische Angst der Kreatur war stärker als der Gehorsam gegenüber seinem Reiter. Die unteren Äste der Bäume kamen Denisons Gesicht gefährlich nah, und immer wieder musste er sich ducken, um ihnen auszuweichen. Rasch beschloss er, dem Tier freien Lauf zu lassen, bis es seine Energie erschöpft hatte, so dass seine Kraft - und sein Wille - wieder kontrollierbar wurden.
    Sie kamen aus dem Wald heraus, und Denison dankte Gott für seine Vorsehung. Vor ihnen lag offenes Grasland.
    Das Pferd verließ den Pfad und jagte auf die üppigen Wiesen hinaus. Der Reiter schickte ein Stoßgebet zum Himmel und hoffte, es möge nicht in eine ausgefahrene Wagenspur oder ein Loch treten und sich das Bein brechen - und ihm den Hals.
    Wieder nahm er die Zügel zurück und spürte, wie die Panik beim Erreichen des offenen Weidelandes langsam von dem Tier wich. »Hüh, Mädchen, komm langsam zum Stehen. Hüh, Bettina!«
    Denison versuchte, nicht zu schreien und seine Furcht aus den Worten herauszuhalten - keine leichte Sache!
    Das Pferd trat in eine Vertiefung und kam ins Stolpern, blieb aber auf den Beinen, obwohl es sich dabei einen Fuß übel verrenkte. Es taumelte vorwärts, der Schwung des wilden Galopps trieb den schweren Körper weiter.
    Der plötzliche Tempoverlust schleuderte den Reiter nach vorn - um ein Haar über den Kopf des Tieres. Verzweifelt klammerte sich Denison am langen Pferdehals fest, seine Beine verloren ihren Halt an den Flanken, sein Körper glitt aus dem Sattel. Zum Glück hatte er festen Halt am Hals des Tieres gefunden. Seine Reitstiefel schleiften durch das hohe Gras, und sein Körpergewicht verlangsamte die Gangart des Pferdes noch mehr. Schließlich blieb es mit bebenden Flanken und wild rollenden Augen stehen, Schaum tropfte von Nüstern und Maul. Sein Körper glänzte vor Schweiß, und es versuchte, sich vom Gewicht des Menschen zu befreien.
    »Ruhig, mein Mädchen, ganz ruhig!« Denison war froh, unverletzt zu sein. Er richtete sich auf, redete weiterhin besänftigend auf das Tier ein und streichelte seinen Kopf.
    Trotzdem fiel es ihm nicht leicht, die Stute zu beruhigen, und an seiner Fußstellung bemerkte Denison, dass es sich am Knöchel verletzt hatte. Er lehnte den Kopf gegen den des Pferdes, murmelte, jetzt sei ja alles in Ordnung, und nichts könne ihm zustoßen - als eine Bewegung am gegenüberliegenden Grashang seinen Blick ab-lenkte.
    Er hob den Kopf und spähte zur Hügelkuppe hinüber.
    Dann rieb er sich ungläubig die Augen und schaute erneut. Doch die Vision war verschwunden. »Ich will verdammt sein«, murmelte er gepresst.
    In diesem Teil des Waldes durfte es doch gar kein Rotwild geben. Hirsche und Rehe hatten ein eigenes Gehege auf der anderen Seite in der Nähe von Theydon Bois, wo sie vor Autos und Menschen sicher waren. Sie waren einfach zu wertvoll, besonders jetzt in der Brunftzeit. In den letzten fünfzig Jahren hatte man ihr Vorkommen so drastisch dezimiert, dass man spezielle Maßnahmen zu ihrem Schutz ergreifen musste. Selten genug bekam man ein Reh oder einen Hirsch heutzutage in freier Wildbahn zu Gesicht, doch diese Begegnung hier war noch merkwürdiger. Denn den letzten weißen Bock hatte man in Epping vor sage und

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