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Herbst

Herbst

Titel: Herbst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Hesse
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sein,
Bald sind wir Staub.
    // Abschied war es, Herbst war es, Schicksal war es, wonach die Sommerrose so reif und voll geduftet hatte.
    (Aus: »Der Steppenwolf«, 1927)
/ HERBSTREGEN /
    Das lieb ich, wenn draußen der Regen
Durch triefende Bäume fegt,
Wenn der Wind mit peitschenden Schlägen
Durch verwehte Herbstgärten fegt.
    Ich liebe die schweren Nächte,
Wenn über der dunklen Welt
Einer schwarzen Nachtgöttin Rechte
Das Füllhorn der Träume hält.
    Wenn ein leises, schwankes Singen
Wie ein verschämtes Gebet
Von den zukünftigsten Dingen
Durch meine Seele geht.
    Dann mag der Alltag bringen
Seine düsteren Sorgen herein; –
Ich will ihn zwingen, zwingen
Und frei und Sieger sein.
    // Es regnet ganz gewaltig, und gegenüber scheint eineDachrinne sich verstopft zu haben, dort fällt aus schöner Höhe ohne Unterbrechung ein kleiner eifriger Wasserfall auf den gepflasterten Platz hinunter. An solchen Dachwasserfällen haben wir als Kinder verbotenerweise die Regenschirme unserer Mütter und Tanten ausprobiert, es war ein hübsches Spiel.
    Im Fenster lehnend, wo es bei besserem Wetter um diese Stunde Sperlinge und Buchfinken zu füttern gäbe, sehe ich dem endlosen Sichergießen der himmlischen Wasser zu. Ich denke mir: wenn es nun so weiter regnen würde, heute und morgen und übermorgen, tagelang, wochenlang, monatelang immer weiter und weiter – was würde da werden? Da würde auf den Straßen eine angenehmeRuhe entstehen, die Automobile würden wegbleiben, mitten auf den lebensgefährlichsten Fahrdämmen würden die Regenmolche quaddeln. Es blieben dann allmählich auch die Eisenbahnen aus, und die Post, denn die Geleise wären überschwemmt und die meisten Tunnels würden einsinken und herunterbröckeln. Und zuletzt würde das Meer steigen, langsam steigen, und würde von der Küste aus sich das Land erobern. Es wäre schad um manches Fischerdorf, gewiß, und um manchen edlen Olivenbaum, der sich grau und wehend übers blaue Wasser beugt. Aber, so denke ich mir in meiner verregneten sonntäglichen Trägheit, es brauchte das Meer nur um wenige Dutzend Meter zu steigen, dann wäre alles das ausgelöscht und ersäuft, was den Lärm und Unfrieden in die Welt bringt. Es liegen nahezu sämtliche Weltstädte nur in sehr kleiner Erhöhung über dem Meere, und wenn es zwanzig Jahre regnen müßte, damit der Jura und der Schwarzwald oder gar die Alpen ersäuft würden, so würde es für New York, London, Berlin usw. unendlich viel weniger Zeit brauchen. Wie sehr schade es darum sein würde, ist ja nicht auszudenken. Aber an einem Regentag mit diesem Gedanken zu spielen, ist merkwürdig befriedigend.
    (Aus: »Verregneter Sonntag«, 1928)
/ REGEN IM HERBST /
    O Regen, Regen im Herbst,
Grau verschleierte Berge,
Bäume mit müde sinkendem Spätlaub!
Durch beschlagene Fenster blickt
Abschiedsschwer das krankende Jahr.
Fröstelnd im triefenden Mantel
Gehst du hinaus. Am Waldrand
Tappt aus entfärbtem Laub
Kröte und Salamander trunken,
Und die Wege hinab
Rinnt und gurgelt unendlich Gewässer,
Bleibt im Grase beim Feigenbaum
In geduldigen Teichen stehn.
Und vom Kirchturm im Tale
Tropfen zögernde müde
Glockentöne für einen vom Dorf,
Den sie begraben.
    Du aber traure, Lieber,
Nicht dem begrabenen Nachbarn,
Nicht dem Sommerglück länger nach
Noch den Festen der Jugend!
Alles dauert in frommer Erinnerung,
    Bleibt im Wort, im Bild, im Liede bewahrt,
Ewig bereit zur Feier der Rückkehr
Im erneuten, im edlern Gewand.
Hilf bewahren du, hilf verwandeln,
Und es geht dir die Blume
Gläubiger Freude im Herzen auf.
// TESSINER HERBSTTAG
    In manchen Jahren kann sich unser Tessiner Sommer nicht zum Abschiednehmen entschließen. Während er sonst, in heißen und gewittrigen Jahren, oft zu Ende des August oder zu Anfang des September plötzlich in einem mehrtägigen, wilden Gewitter mit Wolkenbrüchen sich austobt und dann plötzlich gebrochen und alt ist und sich matt und verlegen verliert, hält er sich in diesen anderen Jahren viele Wochen lang immer und immer wieder, ohne Gewitter, ohne Regen, freundlich, still, ein Stifterscher Nachsommer, ganz blau und gold, ganz Frieden und Milde, unterbrochen nur zuweilen vom Föhn, der dann ein, zwei Tage lang an den Bäumen rüttelt und die Kastanien in den grünen Stachelhülsen vorzeitig herunterwirft und das Blau noch etwas blauer, das helle warme Violett der Berge noch etwas lichter, die Durchsichtigkeit der glasigenLuft noch um einen Grad klarer macht. Langsam, langsam und auf viele

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