Herbst - Stadt
Komplexes der wachsenden Zahl der wandelnden Toten nicht mehr standhalten würden. Aus der Frage, ob sie aufbrechen sollten, war für viele die Frage geworden, wann sie aufbrechen würden.
Mittlerweile wussten alle Überlebenden im Gebäude, dass es die sechs Männer zurück in die Universität geschafft hatten. Somit wussten auch alle, dass für jeden Einzelnen der Zeitpunkt gekommen war, eine schwerwiegende Entscheidung zu treffen, die den Verlauf ihrer Zukunft beeinflussen würde. Sollten sie aufbrechen oder doch bleiben und abwarten? Das Risiko, hinauszugehen, schien genauso groß wie jenes, in den Schatten sitzen zu bleiben und abzuwarten, ob etwas passieren würde. Selbst nach all der Zeit, die sie zusammen im selben Gebäude verbracht hatten, blieben die Überlebenden uneins. Die Meinungen waren geteilt und wurden weder preisgegeben, noch besprochen. Donna, Cooper und Croft wussten um das persönliche Dilemma, mit dem jeder der Überlebenden konfrontiert war, weshalb sie jeden Versuch unterließen, die Leute davon zu überzeugen, mit ihnen zu kommen. Sie verkündeten lediglich, dass sie demnächst aufbrechen würden, doch es schien sinnlos, erneut auf die Vorteile hinzuweisen, die sie darin sahen, die Universität und die Stadt zu verlassen. Als ähnlich sinnlos empfanden sie es, erneut eine Diskussion darüber anzuzetteln, wer Recht und wer Unrecht hatte. Nichts davon spielte noch eine Rolle.
Jene Überlebenden, die sich für den Aufbruch entschieden hatten, räumten rasch und zielstrebig ihre Zimmer und brachten ihre nützlichen Habseligkeiten zur Zwischenlagerung in einen langen, dunklen Korridor. Am Ende des Ganges befand sich die Tür, durch die Cooper und die anderen fünf Männer das Gebäude verlassen und wieder betreten hatten. Jack Baxter stand dort, zählte dreißig Männer, Frauen und Kinder und versuchte, sich vorzustellen, wie sie in die drei Fahrzeuge passen würden. Es würde eng werden, und zweifellos würden sie einige der Taschen und Kisten zurücklassen müssen, die von den Überlebenden angeschleppt wurden.
Die Mehrheit der wandelnden Leichen trieb sich immer noch in der Nähe des Feuers am anderen Ende des Komplexes herum. Es schien am besten, sofort zu verschwinden und die bestehende Ablenkung zu nützen, bevor das Feuer erlosch. Die nervösen Überlebenden, von denen sich die Meisten seit fast einem Monat keinen einzigen Schritt nach draußen gewagt hatten, bereiteten sich darauf vor, durch die Dunkelheit zu den am Fußballfeld wartenden Fahrzeugen zu rennen.
Bevor sie aufbrachen, ertappte Baxter sich dabei, die Leute eingehender zu mustern, als er es seit seiner Ankunft in der Universität getan hatte. Immer noch fühlte er sich von fast allen sehr distanziert. Von der Hälfte kannte er nicht einmal den Namen. Einige Gesichter hatte er tagtäglich gesehen, andere vielleicht ein- oder zweimal, drei erkannte er überhaupt nicht. Der bunt zusammengewürfelten Truppe mangelte es verständlicherweise völlig an einem Gefühl des Zusammenhalts. Vielen der Leute schien es sogar gleichgültig zu sein, ob sie weiter überleben würden. In gewisser Weise war ihr Leben bereits vorbei, und sie wirkten so kalt, lethargisch und emotionslos wie die Kadaver draußen. Jene Überlebenden, die das wahre Ausmaß ihrer hoffnungslosen Lage erkannten – jene, die sich der Verzweiflung völlig ergaben –, waren diejenigen, die entschieden hatten, im Gebäude zu bleiben und nicht aufzubrechen.
Es war an der Zeit.
»Alles klar, Baxter?«, fragte Cooper leise und riss ihn aus seinen Gedanken. Baxter hatte keine Ahnung, wie es dazu gekommen war, dass er sich am vordersten Ende der Schlange befand. Er ließ den Blick zurück über die Reihe furchtsamer Gesichter wandern, die ihn erwartungsvoll anstarrten.
Baxter wusste, was sich jenseits der Tür befand, und er spürte, dass die Menschen bei ihm, Cooper, Croft und Heath nach Geleit und Ermutigung suchten, weil sie dem Grauen draußen erfolgreich getrotzt hatten. Baxter jedoch fühlte sich nicht in der Lage, ihnen in irgendeiner Weise zu helfen. Die Mienen in den Gesichtern ringsum wirkten verzweifelt, traurig und verloren. Die Menschen ähnelten Soldaten im Krieg, die unfreiwillig vor ihrem ersten Fallschirmabsprung über feindlichem Gebiet standen.
»Sicher«, murmelte Baxter, als ihm einfiel, dass er Cooper noch eine Antwort schuldete. »Bringen wir es hinter uns.«
Cooper nickte und stellte sich in die Mitte des Korridors, damit ihn der Rest der
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