Herbst - Stadt
dringen. Mit jeder verstreichenden Sekunde stieg seine Angst. Er mühte sich ab, ein Isolierband zu finden, mit dem er den Schaden reparieren konnte, doch er wusste sehr gut, dass seine Lungen bereits aller Wahrscheinlichkeit nach mit den tödlichen Keimen gefüllt waren. Es blieb ihm jetzt nur noch übrig, auf das Unausweichliche zu warten.
Cooper kniff die Augen fest zusammen und wartete.
Er hielt seinen Atem an, solange er konnte und hoffte, dass er dadurch sein Leben um ein paar kostbare Sekunden verlängern konnte, denn er wusste, dass der nächste Atemzug auch der letzte sein konnte.
Sekunden später riss er sich die Maske vom Gesicht. Er war ohnehin bereits verseucht – er entschied sich dazu, dass er seinen letzten Atemzug genauso gut an der frischen Luft tun konnte und nicht durch die keimtötenden Filter im Atemschutzgerät.
Er lehnte sich gegen das Fenster, atmete die kalte Herbstluft ein und wartete.
Nachdem fünf Minuten vergangen waren, begann er sich zu fragen, warum er noch nicht tot war. Oder war er das? Fühlten sich auch die Leute so, die immer noch in der Lage waren, sich zu bewegen? Er fühlte keinen Unterschied zu vorher. Er hatte keine Schmerzen und würgte oder hustete auch nicht wie zuvor Thompson.
Einige Stunden später war Cooper soweit, die Tatsache zu akzeptieren, dass er, soweit er es beurteilen konnte, von dem unberührt geblieben zu sein schien, was den Rest der Welt heimgesucht hatte.
25
»Sie müssen dort irgendwo am Ende des Pfades sein«, flüsterte Michael, während er sich den letzten Rest des lauwarmen schwarzen Kaffees hinuntergoss, der noch im Becher war. »Und ob sie eine Meile oder zehn Meilen entfernt sind, sie sind hier unten irgendwo.«
»Also, was tun wir?«, fragte Emma, die über den melaminbeschichteten Tisch gebeugt saß und die Schatten, die im matten Licht einer flackernden Gaslampe über sein Gesicht tanzten, beobachtete. Sie war müde. Es kam ihr so vor, als hätten sie über dieses Thema bereits stundenlang gesprochen.
»Sie finden«, sagte er schlicht.
»Aber ist das klug?«
»Was meinst du damit?«
»Wenn das wirklich die Armee ist oder die Luftwaffe oder was auch immer, wollen wir wirklich mit denen zu tun haben?«
»Haben wir eine Wahl? Wer auch immer die sind, sie sind offensichtlich gut organisiert. Man kann nie wissen, vielleicht haben sie ein Gegengift oder so was. Es könnten sich Hunderte von denen irgendwo aufhalten.«
»Aber wir brauchen kein Gegengift.«
»Das weiß ich«, schnappte er. »Alles, was ich damit sagen will, ist, dass die ganze Sache vielleicht nicht so hoffnungslos ist, wie wir gedacht haben ...«
»Und überhaupt«, fuhr sie unverändert fort, »es ist bereits jeder tot. Das müsste schon ein verdammt gutes Gegengift sein, um diesen armen Schweinen da draußen zu helfen.«
»Okay«, seufzte Michael und war von ihrer Leichtfertigkeit und dem Unwillen, irgendetwas Gutes an den Ereignissen des Tages zu finden, verärgert, »du hast deinen Standpunkt klargemacht.«
Ein kurzer Moment des Schweigens folgte. Emma sah sich im engen Wohnmobil um, in dem sie fast jede Minute der vergangenen Tage verbracht hatte. Sie hoffte mit jeder Faser ihres Herzens, dass Michaels Optimismus berechtigt war. Nachdem Kummer, Verzweiflung und Angst unbarmherzig und beständig auf ihnen beiden lasteten, seit der Albtraum begonnen hatte, war die Möglichkeit, dass irgendwie ein Anschein von Normalität in ihr Leben zurückkehren könnte, begrüßenswert und unverhofft. Aber es war so unvermutet, dass sie es sich selbst nicht gestatten konnte, daran zu glauben, ehe die Splitter aus Möglichkeit und Hoffnung nicht bestätigt und in die Wirklichkeit einzementiert waren.
»Geht’s dir gut?«, fragte Michael und war besorgt darüber, wie still und nachdenklich sie auf einmal geworden war.
»Alles in Ordnung«, antwortete sie traurig.
»Sicher?«
Sie schüttelte ihren Kopf und starrte auf die Tischplatte.
»Nein«, murmelte sie.
Michael rutschte unbeholfen auf seinem Sitz herum, da er sich plötzlich unbehaglich fühlte. Er hatte jetzt bereits Wochen mit Emma verbracht, dennoch gab es immer noch eine spürbare Distanz zwischen ihnen. Er wurde von Tag zu Tag immer zwangloser und sicherer in ihrer Gegenwart, aber Momente wie diese empfand er als peinlich. Die Wahrheit sah so aus, dass er nicht wusste, was er zu ihr sagen sollte. Er wusste nicht, wie er ihren Schmerz lindern konnte.
»Was ist los?«
Sie wischte sich über die Augen und sah zu
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