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Herbstmilch

Herbstmilch

Titel: Herbstmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Wimschneider
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dessen oft überdrüssig, so daß er sich auf den Sonntag freute. Da ging er nachmittags zum Rosenkranz und hernach ins Wirtshaus, um sich ein wenig zu erholen. Geld brauchte er kaum, er hatte viele Bekannte, die ihn freihielten. Wir Kinder waren daheim, spielten oder machten Dummheiten. Einmal fanden die Buben neben der Straße an unserem Hof ein Wespennest. Die Buben stachen mit Stangen hinein, da wurden die Wespen bös und flogen alle heraus. Da kam nun ein altes Ehepaar in einem Einspänner ahnungslos dahergefahren. Die Wespen stachen in ihrer Wut auf das Pferd ein, daß es in wildem Galopp den Hang hinunterraste. Die alten Leute hatten Todesangst und schrien ganz laut. Das Pferd sprengte in den Hof ihres Hauses und schleuderte den Wagen an die Stallmauer. Wir hörten ein Krachen, dann war es still. Wir gingen ins Haus und haben dem Vater nichts gesagt. Die alten Leute waren danach lange krank.
    Einmal ging eine Frau vorbei, die einen großen Korb auf dem Kopf trug. Da staunten wir Kinder, daß der Korb nicht herunterfiel. Sie redete mit dem Vater, und wir hörten, daß in dem Korb eine Henne mit ihren Küken sein müsse. Die Henne muß wohl unruhig geworden sein, denn plötzlich fiel der Korb mit der Henne und den Küken herunter, und wir hatten Mühe, alle zwanzig wieder einzufangen. Die Frau aber stellte den Korb wieder auf den Kopf und ging heim.
    An einem Sonntag gegen Abend, der Vater war im Wirtshaus, zog ein Gewitter auf. Die Buben stiegen auf den höchsten Kirschbaum, von dem aus man bis zur Kapelle sehen konnte, und schauten, ob der Vater schon kommt. Aber er kam nicht. Die Wolkenwand wurde immer dunkler und zog immer näher heran. Da stiegen die Buben wieder vom Baum, und wir fürchteten uns. Wir gingen alle in die Stube und knieten vor dem Herrgottswinkel nieder, die Kleineren setzten wir auf die Bänke, den Allerkleinsten hatte ich im Arm, und nun beteten wir Kinder ganz laut, damit der Blitz nicht einschlägt, bis der Vater kommt.
    Der Blitz hat öfter mal in der Gegend eingeschlagen. Einmal waren wir mit dem Vater in unserem Wald, den großen Wagen ließen wir bei der Eiche stehen. Ein Gewitter stand am Himmel. Wir Kinder hatten Hunger, und der Vater ging mit uns heim. Nur der Franz, er war etwa 14 Jahre alt, wollte nicht heimgehen. Er wollte unter den Wagen kriechen und das Gewitter abwarten. Aber der Vater ließ das nicht zu. Als wir daheim waren, wurde es sehr finster, es war ein schweres Gewitter. Aber wir fürchteten uns nicht so sehr, denn der Vater war bei uns. Auf einmal war die Stube grell vom Feuer erhellt, ein Donner ließ uns Kinder zusammenzucken, und wir schrien vor Schrecken ganz laut. Ein sonderbarer Geruch lag in der Luft. Als der Regen nachließ, gingen wir mit dem Vater vor den Hof. Da sagte der Vater, unsere große Eiche steht nicht mehr. Der Blitz hatte sie in lauter kleine Stücke zerschlagen. Auch unseren großen Wagen hatte er ganz zerschlagen. Wäre Franz nicht mit uns gegangen, er wäre tot gewesen.
    *

    Die Kinder wurden größer, die Betten waren zuwenig, obwohl in jedem Bett zwei Kinder lagen. Franz mußte zu einem Bauern in Dienst gehen. Eine Mühle war dort auch, und weil die nun viel Mehl hatten, gab es jeden Tag Brotsuppe. Franz hätte lieber wie daheim auch einmal Milchsuppe gegessen. Die Wäsche brachte er zu mir zum Waschen und Flicken. Ein Jahr später ging auch der Michl in Dienst. Da waren nun schon zwei weniger zum Essen daheim. Der Hans war jetzt auch kräftiger geworden, und der Vater war zufrieden. Er machte ein Gesuch, daß ich nach fünfeinhalb Jahren Schulzeit die Schule verlassen dürfe, dafür aber zwei Jahre länger in die Sonntagsschule gehe. So konnte ich mich dann mehr der Hausarbeit annehmen und der kleineren Geschwister.
    An einem Sonntag ist der Sepperl spurlos verschwunden. Alle suchten und riefen nach ihm. Der Vater suchte mit einer Stange in der Wassergrube und war ganz verzweifelt. Stunden suchten wir! Auf einmal sah eins von uns Kindern den weißen Kopf des Buben aus dem Gras der Wiese herausschauen. Wir liefen hin und holten den Sepperl. Er war beim Blumenpflücken eingeschlafen.
    Die Meieredermutter hat uns immer geholfen. Sie schickte uns Honigwaben, voll mit Honig. Die habe ich in einen Tiegel gegeben und langsam warm gemacht, so hat sich der Honig vom Wachs abgesondert, und wir bekamen ein großes Glas mit reinem Honig. Das Schlechtere haben wir in Milch heiß gemacht, nach dem Erkalten ließ sich dann das Wachs leicht herausnehmen,

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