Herbstmilch
denn es schwamm oben. Die Honigmilch haben wir zu Dampfnudeln und Rohrnudeln gegessen.
Im Sommer, bevor die Sonne richtig unterging, tanzten draußen die Mücken, ein ganzer Haufen, und nicht selten kam uns eine in die Augen oder in den Mund. Je dämmriger und nächtlicher es wurde, um so unheimlicher wurde es uns Kindern. Manchmal sagte jemand, paßt auf, was man alles hören kann. Es flogen große Brummer, Bienen, auch Hornissen, und im Wald flogen krähend die Fasanen auf die Fichten zum Schlafen. Die Rehböcke schrien ein lautes Bäh, als wären sie noch einmal aufgeschreckt worden oder als ob sie sich noch einmal mit den anderen verständigen wollten. Zu zweit holten wir Bänke aus der Stube, einen Eimer mit Wasser mußten wir auch noch haben, in dem wuschen wir uns eins nach dem andern die Füße.
Es wurde allmählich dunkel, da sahen wir die Fledermäuse fliegen. Wir hatten viele, die waren bei Tag unsichtbar, da haben sie mit den Füßen aufgehängt unterm Dach in einem ganz dunklen Winkel geschlafen. Alle Nachtkäfer und Falter kamen aus ihren Schlupfwinkeln, und jedes Tier machte einen großen Lärm. Und dann erst die vielen Frösche in der Wassergrube hinter unserem Haus! Das ging in einem Geschrei Quak, Quak, Quak, tausendmal. Und da war einer dabei, das muß schon ein alter gewesen sein, weil er langsamer und mit einer viel tieferen Stimme quakte. Wenn wir Kinder sie schreckten, waren sie für einen Moment still, dann ging’s wieder weiter. Einmal waren wir mit dem Vater im Obstgarten, da flog ein ganz großer Vogel nahe an uns vorbei, da sagte Vater, Kinder, das ist eine Eule. Sie flog ganz leise auf uns zu und war fast schon auf dem Boden. Manchmal hörten wir die Eulen in der Nacht schreien, die schreien Hu, Hu, und Käuzchen gab es auch, die haben in der ruhigen stillen Nacht und manchmal auch bei Tag wie Miau geschrien. An dem uns gegenüberliegenden Hang standen ganz große alte Kiefern, da hatten die Käuzchen ihr Zuhause.
Hasen und Rehe kamen auch bis zum Haus aus dem Wald heraus. Manchmal hatte sich auch eine Ratte bei uns eingenistet, die aber kein langes Leben hatte. Igel waren nicht selten, die durften schon dableiben. Autos sahen wir fast nie, da mußte man schon auf eine andere, größere Straße kommen, aber auch auf ihr gab es nur wenige. Ganz selten flog auch einmal ein Flieger über uns, dann liefen wir alle aus dem Haus und suchten ihn in der Luft. Einmal flog ein Flieger über das Haus, da sind die Gänse so erschrocken, daß sie auf den Hintern gefallen sind.
Vaters Stiefvater, der Girgl, war auch in der Nachbarschaft, er kam wöchentlich zweimal zu uns. Er hatte zwei Hunde, der große war grantig, den durften wir nicht streicheln. Ich mußte dem Girgl immer die Füße waschen, Nägel schneiden und Hühneraugen entfernen, dafür bekam ich zwei Wienerwürstl. Die Kinder wollten alle auch einmal abbeißen, da habe ich an der Hand vorne nur wenig herausschauen lassen, sonst hätte ich selbst gar nichts erwischt.
Der Girgl fischte gerne. Er hat mit unseren Buben ausgemacht, daß er um elf Uhr nachts kommen werde, mit Netz, Fischstecher und Angel. Die Buben gingen mit, nahmen zwei Jutesäcke und eine Laterne mit und Holzspäne zum Leuchten. Das Fischwasser gehörte dem Baron. Gegen Morgen, wenn die Leute noch schliefen, kamen sie mit ihrer Beute heim, sie konnten kaum alles tragen. Die zwei Säcke waren fast voll mit Krebsen, mit großen und kleinen Fischen. Die Buben waren so begeistert, daß sie bald wieder gehen wollten. Der Vater richtete die Krebse und ich die Fische her. Sie wurden entschuppt, in Salzwasser gelegt und gebacken. Einen Teil nahm der Girgl mit heim. Mit dem Girgl hatten wir Kinder auch sonst noch Spaß. Er hatte eine sehr große Nase, und ihr Schatten an der Wand reizte uns zum Lachen. Der Vater wies uns dann aus der Stube, aber wir guckten durch einen Türspalt hinein und kicherten draußen weiter.
Die Buben wußten in unserem Wald alle Nester von den Wildtauben, den Eichelhähern oder Krähen, und sie versäumten nie, die Jungen rechtzeitig herauszunehmen. Auch von unseren Tauben hatten wir im Sommer viele Junge. Der Hans ging oft zum Taubenmarkt, da hat er seine Tauben an Leute verkauft, wo er wußte, daß die Tauben wieder zu uns zurückfinden würden. Das brachte Geld, und die Tauben wurden kaum weniger. Wenn aber der Hans mit den Händen in den Taschen auf dem Hof stand und den Tauben pfiff, schimpfte der Vater, weil Hans zu keiner Arbeit kam. Auch das
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