Herbstwald
einen Dolmetscher zu finden, der bei Gericht zugelassen war.«
»Können Sie sich auch noch daran erinnern, worum es dann später bei dem Besuch ging?«
Schröteler überlegte wieder.
»Nein. Tut mir leid, aber mir fällt nichts mehr dazu ein«, antwortete er nach einer Weile.
»Was sind denn die Aufgaben der Besuchsabteilung?« Ólafur Davídsson wollte noch nicht aufgeben. Vielleicht hilft es ja, wenn wir uns dem Thema von einer anderen Richtung nähern, überlegte er.
»In erster Linie organisieren wir natürlich die Gefangenenbesuche einschließlich der Kontrollen und der optischen und akustischen Besuchsüberwachung. Außenkontakte sind nämlich ein wesentlicher Bestandteil zur Wiedereingliederung der Inhaftierten. Dann ist da noch der Kontakt mit den Rechtsanwälten und den Bediensteten anderer Behörden, wie Sie es zum Beispiel sind. Und dann nehmen wir noch Gegenstände und Pakete für die Gefangenen entgegen, untersuchen sie und händigen sie den Häftlingen aus, wenn das erlaubt ist.«
»Gibt es denn Unterschiede zwischen den normalen Besuchern und den Rechtsanwälten?«
»Ja, natürlich. Schon die Sprechzeiten sind unterschiedlich. Ganz zu schweigen von der Besuchsdauer und den Überwachungsmaßnahmen.«
»Gibt es dann auch unterschiedliche Besuchsbücher?« Davídsson folgte einer spontanen Idee.
»Ja, es gibt getrennte Besuchsscheine und natürlich auch unterschiedliche Besuchsbücher.«
»In welches Besuchsbuch wird ein Dolmetscher eingetragen?«
»In diesem Fall war es eine Frau. Dolmetscher werden wieder in einer anderen Liste vermerkt. Der Gefängnisbetrieb ist sehr bürokratisch organisiert. Das soll wohl zu unserer eigenen Sicherheit dienen, auch wenn es manchmal lästig ist.«
»Versuchen Sie sich an die Dolmetscherin zu erinnern. Vielleicht fällt Ihnen dabei auch wieder ein, um was es bei diesem Besuch ging.«
»Es kann nicht um den Prozess oder um die Verurteilung des Häftlings gegangen sein, sonst hätte ich einschreiten müssen, und das bin ich bei diesem Besuch nicht.« Schröteler versuchte sich zu konzentrieren.
Davídssons einzige Hoffnung war jetzt die Dolmetscherin. Er sah in Schrötelers Augen, dass es keinen Funken Erinnerung dahinter gab. Alles blieb leer oder es drehte sich um RAF-Anschläge und Längenangaben von Versorgungsstraßen, die sie in Weiterstadt nannten wie die Haupteinkaufsstraße in Frankfurt.
»Gut. Dann bräuchten wir noch den Namen der Dolmetscherin und ich möchte gerne noch einen Blick in die anderen Besuchsbücher werfen.«
Schröteler führte sie in ein Büro, das auf dem gleichen Flur lag wie der Aufenthaltsraum. Eine junge Kollegin suchte auf seine Bitte hin die entsprechenden Listen in einem alten Computer mit Röhrenmonitor.
Sie warteten schweigend, bis der Laserdrucker warmlief.
»Wie war eigentlich dein Urlaub in Italien?«, fragte die Kollegin, offensichtlich um die Stille zu beenden, die immer noch über dem Raum lag.
»Schön«, antwortete Schröteler ungeduldig. Es war ihm anzusehen, dass er durch die Tür verschwinden wollte, an der er stand.
Vielleicht bräuchte er eine Zigarette, um sich wieder zu erinnern, dachte Davídsson verärgert.
»Wo warst du noch mal?« Die junge Kollegin ließ trotz der kurzen Antwort nicht locker.
»Die Stadt hieß Guidonia Montecelio. Das ist in der Nähe von Rom.«
Die junge Frau hielt Davídsson wortlos zwei Blätter hin, die der Laserdrucker zuvor ausgespuckt hatte.
»Beim Stichwort Guidonia Montecelio fällt mir gerade etwas zu dem Gefangenenbesuch ein, der Sie interessiert. Vermutlich wird Ihnen das auch nicht weiterhelfen, aber sie haben sich über eine italienische Frau mit einem deutschen Vornamen unterhalten.«
»Wie hieß die Frau?«, fragte Davídsson eher beiläufig. Er hatte gerade mit Erstaunen entdeckt, dass Kriminalhauptkommissar Hofbauer auf der Besuchsliste für Behördenvertreter vermerkt war. Das Datum lag nur vier Tage vor dem Besuch von Tsubasa Ito und etwa vier Wochen vor Susumu Tanaka.
»Heike Moreati oder so ähnlich.«
Ólafur Davídsson durchzuckte ein gewaltiger Schrecken.
»Sie meinen Heike Monogatari?«
»Ja. Ich habe mich damals noch über den Namen gewundert. Dieser Saitô hat ihn ein paarmal erwähnt und ich habe mich gefragt, was ein Japaner mit einer Italienerin zu tun hat, die einen deutschen Vornamen hat. Ich glaube, ich habe damals noch darüber nachgedacht, wie klein die heutige Welt doch ist. An die Globalisierung und so weiter.«
»Was hat Saitô
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