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Herbstwald

Herbstwald

Titel: Herbstwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Guzewicz
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gleichen Augenblick war er sich unsicher darüber, warum er diese Frage überhaupt gestellt hatte.
    Der einzige Verdächtige saß im schräg gegenüber.
    Für Ólafur Davídsson war klar, dass Susumu Tanaka von Tsuyoshi Saitô den Auftrag bekommen hatte, Lea Schirmer-Lunz mit einer Überdosis Kokain vollzupumpen, um ihr anschließend die Haare abzurasieren, wie es einst Kenrei-mon-in getan hatte. Und er war sich sicher, dass Saitô von Hofbauer wusste, wo sich Lea Schirmer-Lunz versteckt hielt. Er hatte allen Grund dazu, verbittert zu sein. Hofbauer hatte seine Familie verloren und war offensichtlich nie darüber hinweggekommen, während Schirmer-Lunz skrupellos an seiner Karriere arbeitete.
    Rache ist ein starkes Motiv, dachte der Kriminalanalyst. Und in diesem Fall gibt es dieses Motiv gleich bei zwei Männern.
    »Nein, die beiden waren wohl noch nie hier«, antwortete Lilian Landhäuser und riss ihn damit aus seinen Gedanken.
    Er hatte immer noch Mühe damit, sich die ganzen japanischen Begriffe und Namen zu merken. Seine Schläfen pochten und er spürte, wie die aufgestaute Anspannung aus ihm herausbrechen wollte.
    »Gut. Wir haben auch so einen Verdächtigen …«
    »… Das ist aber noch nicht alles.«
    »Was denn noch?« Seine Stimme klang gereizt, obwohl er sich bemühte, ruhig zu bleiben.
    »Moser hat jemand anderen erkannt. Ich habe ihm auch das Foto von ihrer Freundin gezeigt.«
    Ólafur Davídsson konzentrierte sich auf die Stimme am Telefon. Im Hintergrund schien ein Auto durch eine Pfütze zu fahren. Er hörte das Spritzen des Wassers und sah aus dem Fenster hinter seinem Rücken.
    Es hatte angefangen zu schneien.
    Noch war es nur Schneeregen, aber bald würden Schneeflocken auf den Straßen liegen bleiben und ganz andere Geräusche zu hören sein. Dumpfe Geräusche. Die ganze Welt würde sich anhören, als wäre sie in Watte gepackt.
    »Sie war an dem Tag in der Fuggerei, als Lea Schirmer-Lunz tot in ihrer Wohnung aufgefunden wurde.«
    »Und warum erzählt Moser uns das erst jetzt?« Davídsson war außer sich.
    »In die Fuggerei kommen jeden Tag hunderte von Besuchern. Er wusste ja nicht, dass wir eine Japanerin suchen.«
    Davídsson sah zu Hofbauer, der immer noch mit gesenktem Kopf an seinem Platz saß. Dann holte er die beiden Ausdrucke aus der JVA Weiterstadt hervor. Er hatte bisher nur eines der beiden Blätter angesehen. Das, auf dem die Behördenvertreter vermerkt waren, die den Häftling Tsuyoshi Saitô besucht hatten. Jetzt warf er einen Blick auf das andere Papier – auf die Liste mit den Dolmetschern, die bei den Besuchen anwesend waren.
    Kuraiko Ōno – das Kind der Dunkelheit, dachte er.
    »Wo ist die Frau jetzt? Ist sie noch hier?«
    Schedl sah in überrascht an.
    »Sie sitzt in unserem Besprechungsraum und wartet dort auf mich.«
    »Ich muss sofort mit ihr sprechen.«
    »Und was ist mit dem Kollegen Hofbauer?«, fragte die Polizeirätin.
    »Bleiben Sie einen Moment mit ihm hier.«
    Davídsson rannte mit Schedl über den Flur, bis sie vor dem Besprechungsraum standen, in dem Kuraiko Ōno immer noch wartete.
    Gott sei Dank, dachte Davídsson.
    Er setzte sich neben sie auf die Tischkante und wartete, bis sich sein Puls einigermaßen normalisiert hatte.
    »Mein herzliches Beileid.« Der Kriminalanalyst hatte keinerlei Anzeichen für Trauer bei ihr entdecken können, weshalb er beschlossen hatte, sie damit zu konfrontieren. Es war das erste Mal, dass er sie ohne die Kratzer auf dem Foto sah. In Wirklichkeit sah sie deutlich besser aus als auf dem Bild. Sie wirkte reifer und älter, aber das tat ihrer Schönheit keinen Abbruch. Das Gegenteil war der Fall. Die Reife gab ihr einen anziehenden Charakter und überdeckte das mädchenhafte Äußere, das Asiatinnen manchmal bis ins hohe Alter haben.
    Sie nickte, ohne ihn direkt dabei anzusehen.
    »Sie war Ihre beste Freundin?«
    »Wir haben uns auf der Universität kennengelernt.«
    »Ja.«
    Schedl stellte sich in die Ecke des Raumes, als wollte er das Ganze von außen beobachten.
    »Erzählen Sie mir etwas über sie.«
    »Sie war … sehr fröhlich. Sie betrachtete alles von seiner positiven Seite und doch war sie irgendwie … konservativ. Sie interessierte sich für Traditionen und war doch für jeden Spaß zu haben. Das war eine Mischung, die ich sehr … angenehm empfunden habe.«
    Ólafur Davídsson erinnerte sich an das erste Gespräch mit Maria Gruber, bei dem sie ungefähr das Gleiche über Catharina Aigner gesagt hatte. Man kann

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