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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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katholische war, denn es war kühl und dunkel und leer darin, und wir konnten sitzen, und ich war nicht mehr versessen darauf, in der heißen Sonne zu stehen. Wir wählten eine Bank und setzten uns einander gegenüber, diese Nonne und ich, und ihre Augen strahlten vor Vergnügen, und ihr Lächeln war wie das klare Licht der Morgendämmerung.
    »Ich dachte, du wärst unter den Jaqqas umgekommen«, sagte sie. »Denn so hieß es hier: Daß du von ihnen ergriffen und vor langer Zeit erschlagen worden seist.«
    »Dem war nicht so. Ich bin freiwillig zu ihnen gegangen, denn ich zog ihre Gesellschaft der der Portugiesen vor.«
    »Aye, das hast du getan? Du hast also unter den Jaqqas gelebt?«
    »Und neben ihrem König gespeist, und mein Blut mit dem des Königs Bruder vermischt und viele andere seltsame Taten begangen, über die ich nicht sprechen möchte. Denn für diese Dinge kenne ich etwas Schuld.«
    Sie betrachtete sorgsam mein Gesicht. »Gott wird dir alles verzeihen«, sagte sie nach einer Weile.
    »Darum bitte ich Ihn ständig. Und du? Dieses Nonnentum – wie bist du dazu gekommen?«
    »Nun, welchen anderen Hafen gab es für mich? Als du fort warst, hätten sie mich wieder zu einer Hure gemacht, und in der Tat behandelten mich einige Portugiesen so; doch ich ging zu den Priestern und bot mich für ihren Dienst an, und sie nahmen mir vor vier Jahren das Gelübde ab. Und ich bin sehr glücklich. Ich bin nun allen Qualen entkommen.«
    »Aye«, sagte ich. »Du hast deine Reise gemacht, und du bist zur Ruhe gekommen.«
    »So ist es. Ich helfe den Kranken; ich tröste die Sterbenden; ich spreche meine Gebete und komme meinen Pflichten nach. Dafür bin ich auf die Welt gekommen, Andres, obwohl ich lange brauchte, meine Berufung zu finden. Und dir verdanke ich mein Leben.«
    »Mir, fürwahr?«
    »Aye«, sagte sie und nahm wieder meine Hand, herzlich, eher wie eine Geliebte denn wie eine Nonne. »Denn du hast mich aus der Sklaverei gekauft und bei dir aufgenommen und mir gezeigt, wie anständige christliche Menschen ihr Leben führen. Das war meine Errettung, denn ansonsten wäre ich Sklavin in Amerika geworden und hätte mich wahrscheinlich schon vor langer Zeit zu Tode gearbeitet. Und dann hast du mich ein zweites Mal gerettet, als man mich auf den Hurenmarkt geworfen hatte; und du hast mich gepflegt und mir meine Gesundheit zurückgegeben. Ich werde Gott immer dankbar sein, daß er dich mir geschickt hat.«
    »Und ich habe ihm oft für dich gedankt, Matamba.«
    »Schwester Isabel bin ich jetzt.«
    »Verzeihung. Schwester Isabel. Aber ich habe mich immer an unsere Liebe erinnert und wie süß sie war. Ist es Blasphemie, jetzt an solche Dinge zu denken? Nun, da du eine…«
    »Nay«, sagte sie. »Es war wirklich und echt. Wir müssen es nicht verleugnen. Ich habe in deiner Umarmung Erfüllung gefunden, Andres.«
    »Und ich in deiner.«
    »Und wir hatten unsere Zeit, und es war eine schöne Zeit, und nun sind wir in andere Welten aufgebrochen, und so sei es. Was wirst du nun tun?«
    »Endlich nach England zurückkehren.«
    »Ah. Wann denn?«
    »In ein paar Tagen, mehr nicht.«
    »Der Herr gehe mit dir, beschleunige deine Reise und beschere dir eine glückliche Heimkehr.«
    »Darum bete ich auch, Schwester Isabel.«
    »Du gehst allein?«
    »Ich habe zwei Knaben, Sklaven. Ich werde sie bitten, mich zu begleiten, denn ich weiß nicht, was hier aus ihnen werden wird, und sie mögen mich sehr und ich sie auch.«
    »Es gab einmal eine Portugiesin…«
    »Ja, Doña Teresa. Die Jaqqas haben sie erschlagen.« Und ich wandte plötzlich den Blick ab, denn diese schreckliche Szene erwachte erneut in meinem Verstand, und ich hörte Geräusche und sah Bilder, an die ich mich lieber nicht erinnert hätte.
    In meinem Schmerz rückte Schwester Isabel eng zu mir und sagte: »Ich weiß, du hast sie sehr geliebt.«
    »Das werde ich nicht abstreiten.«
    »Es spielt keine Rolle. Ich weiß, daß du mich geliebt hast, und du hast auch sie geliebt, und es gab in deinem Herzen Platz für uns beide. Erinnerst du dich«, sagte sie dann mit einem fast mädchenhaften Lachen, »wie sie und ich wie wilde Tiere miteinander gekämpft und uns aus Eifersucht gekratzt und uns die Kleider vom Leib gerissen haben?«
    »Wie könnte ich das jemals vergessen?«
    »Genausowenig wie ich. Sie war wie ein Dämon. Aber ich teilte genausoviel aus wie ich einsteckte. Ich glaube, diese Frau war eine Hexe, Andres, und ich glaube, daß sie jetzt dafür leidet.«
    »Am Ende

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