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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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riefen einige und stimmten einen Sprechchor an: „Wer hat ihn geschwängert?“
    „Bitte erlaubt mir, meine Rede zu Ende zu führen“, blieb Big Ben hartnäckig. „Zur Schwangerschaft: Ihr werdet alles dazu aus dem Mund des Herrn der Krähen hören. Er wird auch alle Feinde des Staates entlarven.“
    „Die Feinde des Staates sind Freunde des Volkes“, riefen andere zurück.
    „Ich bin nicht hierhergekommen, um eine Strafpredigt zu halten oder mir eine anzuhören“, brüllte Big Ben Mambo. „Ich bin hier, die Grüße und besten Wünsche des Herrschers zu überbringen und euch zu bitten, dem Herrn der Krähen Gelegenheit zu geben, alles zu gestehen und zu sagen, was er zu sagen hat, ohne dass ihr ihn unterbrecht oder niederbrüllt oder steinigt, nur weil er ein Hexenmeister ist. Die Zeiten, in denen man Hexer in Bienenstöcke steckte und den Berg runter ins Tal in den Tod rollen ließ, sind vorbei.“ Big Ben Mambo, der die zunehmende Feindseligkeit spürte, verließ das Mikrofon und winkte den Herrn der Krähen ans Rednerpult.
    Der Herr der Krähen erhob sich langsam und bedächtig, fragte die Moderatoren, ob er sprechen dürfe, trat mit ihrer Zustimmung ans Pult und stand vor dem Mikrofon.

21
    Kamĩtĩ wusste weder, womit er beginnen, noch, was er der Versammlung sagen sollte. Wieder wünschte er sich, eine Gelegenheit gehabt zu haben, mit Nyawĩra zu reden. Weil es aber nicht dazu gekommen war, war er jetzt auf sich gestellt. Von Natur aus Einzelgänger, redete er nicht gern in der Öffentlichkeit, und hier hatte er eine in gespannte Aufmerksamkeit versetzte Menge vor sich! Er hatte die Identität des Herrn der Krähen als Tarnung angenommen, als ein Spiel, und nun erwartete man von ihm, dass er dieser Identität gerecht wurde. Er war beileibe nicht aus freien Stücken hier und sollte jetzt reden, als wäre er aus eigenem Antrieb gekommen. Er verabscheute Lügen und jemanden zu belügen, wenn auch nur zu privaten Zwecken, und jetzt sollte er hier öffentlich zum Vorteil eines anderen die Unwahrheit sagen. Er hatte sein Leben mit der Wahrheit verbinden wollen – selbst als Weissager hatte er Arglist so weit wie möglich vermieden – und hier stand er nun, und sein Leben hing von einem falschen Geständnis ab.
    Die Überzeugung, lieber vor der Menge sterben zu wollen, als dass man ihn wie Machokali verschwinden ließ, machte ihm Mut.
    „Ihr habt alle gesehen, dass ich von bewaffneten Männern eskortiert wurde, damit ich nicht vom Weg abkomme. Deshalb möchte ich mich zuerst bei meinen Begleitern und Bewachern bedanken und ihnen sagen, wie sehr ich das zu schätzen weiß.“
    Einige lachten, und das verschaffte ihm ein wenig Erleichterung.
    „Man hat mich gebeten, über die Schwangerschaft des Herrschers zu sprechen, über Nyawĩras Versteck, Machokalis Verschwinden und über die Warteschlangen. Ich darf nur die Wahrheit sagen. Danach, so lautet meine Anweisung, soll ich die Dämonen vertreiben, die von euch Besitz ergriffen und euch gezwungen haben, Schlangen zu bilden und euch zu organisieren. Ich soll eure Seelen vom Verlangen nach Widerstand heilen.“
    Wieder lachten einige. Andere wurden nervös. Aber als er mit seinem Geständnis begann, herrschte absolute Stille.
    Er spürte, wie sich seine Zunge löste.

22
    Der Herrscher, der alles im Fernsehen verfolgte, hielt in schadenfroher Erwartung eines kriecherischen und reuevollen Geständnisses den Atem an. Er war derart mit sich zufrieden, dass er nicht anders konnte, als leise vor sich hin zu kichern.
    Vor ihrem eigenen Fernseher sitzend, warfen Furyk, Clarkwell und Kaboca ab und zu einen Blick zu ihrem Patienten hinüber und machten sich Notizen über ihre Beobachtungen, während die erste Kamera jede Geste und jede Körperbewegung des Herrschers einfing. Die zweite Kamera lieferte Aufnahmen aus naher und mittlerer Distanz, machte einige Schwenks und Einstellungen über die Schulter des Herrschers, der auf den Fernsehschirm mit dem Herrn der Krähen vor der Versammlung starrte.
    Plötzlich hörten sie, wie der Herrscher einen scharfen, gequälten Schrei ausstieß. Sein schwebender Körper wand sich vor Schmerz. Der Herrscher stöhnte laut. Schnell kletterten Furyk und Clarkwell die Himmelsleiter hoch, um nachzusehen, was da geschah. Stand ihnen das Ereignis einer neuerlichen geheimnisumwobenen Geburt bevor?

23
    „Zunächst möchte ich meine Rolle beim Zustandekommen der Gerüchte über eine Schwangerschaft des Herrschers eingestehen“, sprach der

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