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Herr der Krähen

Herr der Krähen

Titel: Herr der Krähen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ngugi wa Thiong
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immer wieder.
    Die Studenten organisierten den Ablauf, und ein Sprecher nach dem anderen erinnerte die Menschen daran, weshalb die Versammlung notwendig geworden war. Sie sei ein Bündnis der Interessen aller, die von dem Wunsch geeint würden, ihre Mitsprache bei den Angelegenheiten des Landes wiederzuerlangen. Zu diesem Engagement gehöre, dass niemand, auch nicht diejenigen mit anderen Ansichten, daran gehindert würden, ihre Überzeugungen vorzutragen. Heute sei der Tag der Nationalen Selbsterneuerung und der Wiedererlangung ihrer individuellen und gemeinsamen Stimme.
    Schau mir in die Augen und sieh
    Dass ich den Tod nicht fürchte
    Wenn ich die Stimme einfordere
    Die ihr mir genommen
    „Dieses Lied sangen sie bereits seit Wochen“, sollte A.G. später seinen Zuhörern erzählen, „aber an diesem Tag stimmten sie es mit besonderer Inbrunst an.
    Ehrlich! Haki ya Mungu “, schwor A.G. , um die Wahrheit seiner Behauptungen zu bekräftigen. „Alles war unsicher. Sogar der Name des Tages war strittig: War es der Geburtstagstag des Herrschers, der Tag der Nationalen Selbsterneuerung oder war es der Tag, an dem der Herrscher gebären würde? Nur eines war klar: Alle wollten hören, was der Herr der Krähen zum Mysterium männlicher Schwangerschaft zu sagen hatte.“

20
    Der Herr der Krähen traf, von Big Ben Mambo begleitet, am frühen Nachmittag auf dem Versammlungsgelände ein. Rechts und links von ihm gingen bewaffnete Polizisten, dahinter fünf weitere mit Paketen. Um sie herum drängelte sich das Medienvolk, um bessere Sicht auf den Hexenmeister zu haben. Die Leute flüsterten: „Der Herr der Krähen.“ Dann folgte neugieriges Schweigen.
    „Ehrlich! Haki ya Mungu ! Es gab niemanden, nicht einmal unter den Kindern, der sich zu kichern oder zu husten traute“, beschrieb A.G. später diesen Moment. „Ich war ziemlich zeitig gekommen, weil ich versuchen wollte, seine Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, und sei es nur für einen flüchtigen Augenblick, um ihn nach dem Einen zu fragen, dem Sein aller Dinge, denn ich hatte einen Punkt in meinem Leben erreicht, an dem ich Worte anders zu begreifen begann. Ein genauerer Blick auf die Sprache könnte das Geheimnis des Lebens verraten. Viele Fragen beschäftigten mich: Was gab dem Zauberer diese Kraft und tiefe Einsicht? Seine magischen Tränke oder etwas, das die Sinne überstieg? Konnte dieses Wissen an andere weitergegeben werden? Ehrlich! Haki ya Mungu ! Ich hatte das Gefühl, dass, wenn ich mit ihm reden könnte, mein Leben einen Sinn bekommen würde. Aber als er eintraf und ich ihn von Wachen und den Medienleuten umringt sah, wurde mir klar, dass ich nicht an ihn herankommen würde. Trotzdem wollte ich die Ohren offen halten, damit ich jedes Wort aufnahm, das ihm über die Lippen kam. Ich dachte an seine Worte in der Bar: ,Nein, hapana ! Nein! So war es nicht.‘ Wie also dann?, fragte ich mich.
    Ich sah Informationsminister Big Ben Mambo aufs Podium steigen und den Herrn der Krähen stupsen, als dirigierte er ihn zu einem Sitzplatz. Big Ben Mambo machte eine komische Figur; sogar jetzt schritt er aus, als führte er eine Militärparade an. Der hätte zur Armee gehen sollen, dachte ich. Die Polizei und die Medien saßen, den Blick auf das Podium gerichtet, vor der Menge. Ich schob mich näher an die Bühne, soweit diejenigen vor mir das zuließen. Wirklich, ich wollte kein einziges Wort, keine Handlung verpassen …“
    Die Studenten, die die Moderatorenrolle übernommen hatten, räumten dem Minister Redezeit ein und erklärten unter missbilligenden Pfiffen von einigen Gruppen, dass dies eine Volksversammlung sei und der Minister wie jeder andere Bürger das Recht habe, zu sprechen und seine Sicht der Dinge mitzuteilen. Big Ben Mambo war nicht erfreut, von einfachen Studenten Redeerlaubnis erteilt zu bekommen, glaubte aber, dies sei weder die Zeit noch der Ort, Streit anzufangen oder zu protestieren. Big Ben Mambo begann, indem er verkündete, er sei ein Bote von ganz oben und spreche im Namen des Herrschers, des Vaters der Nation und Oberkommandierenden der Streitkräfte. Anschließend dankte er dem Herrscher, dass er der Menge gestatte, sich auf dem heiligen Boden des Parlaments und des Obersten Gerichts zu versammeln. Er danke ihm im Namen aller, die sich hier zusammengefunden hätten, im Voraus dafür, dass er die Liebe und Bewunderung annehme, die sie ihm aus Anlass seines Geburtstages entgegenbrächten …
    „Du meinst wohl seinen Geburtstermin?“,

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