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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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als ihr Handgelenk seine Nase streifte, entzog er sich ruckartig, sodass er beinahe rücklings in die Regale an der Wand stürzte.
    »Oh, tut mir leid«, bemerkte Tabitha hörbar aufrichtig.
    »Was soll das?« Neil spielte den Verärgerten bloß. »Ich hätte mir den Hals brechen können!«
    Noch während er sie anherrschte, speicherte er die Berührung ihrer Haut im Gedächtnis ab, um sich später daran zu weiden. Sie roch nach Seife und aufreizendem Parfum, irgendeinem neuartigen Duft, bei dem sich seine Nackenhaare aufrichteten. Dabei wünschte er sich nichts mehr, als sie sehen zu können, wenigstens einen Augenblick lang, damit er sich ihr Gesicht einprägen konnte und nie mehr auf fiebrige Fantasien von ihrem Aussehen zurückgreifen musste. Zugegeben hätte er dies ihr gegenüber aber nie, weil es für sie einer Einladung gleichgekommen wäre, sich zu seiner Beschützerin aufzuspielen. Es gab schon zu viele Menschen, die ihn bevormunden wollten. Zudem musste er, so er seine Gefühle doch offenbarte, ihren großen Bruder Donald berücksichtigen, der sich mitnichten um Neils Wohlergehen sorgte. Deswegen verbarg er seine Zuneigung weiterhin dort, wo sie niemand bemerkte, und heuchelte Gleichgültigkeit.
    »Ist ein neues Parfum; angeblich sehr teuer«, ließ sie ihn wissen. »Obwohl mein Vater nicht gerade für seine Großzügigkeit bekannt ist, also weiß ich nicht, wie viel Wahres dahintersteckt. Gut möglich, dass er es für wenig Geld an einem beliebigen Stand erstanden hat.«
    »Mag sein, ja.«
    Er hörte das Scharren ihrer Füße am Boden. »Weshalb bist du so?«, fragte sie schließlich.
    »Wie denn?«
    »So … ich weiß nicht … grob?«
    Er zog die Schultern zusammen. »Wie hättest du mich denn gern?«
    »Ein wenig freundlicher. Immerhin bin ich dir gegenüber nicht grob.«
    »Du glaubst, dann wäre ich ein anderer Mensch? Nur weil du selbst den ganzen Tag lang kein Wässerchen trüben kannst?«
    »Wärst du aufmerksamer und überhaupt interessierter, wüsstest du, wie vermessen diese Behauptung ist. Auch ich habe hier und dort einen schlechten Tag.«
    Er schnaubte geringschätzig. »Wirklich.«
    »Ja und nochmals ja. Muss ich dich daran erinnern, dass ich einen dreisten Grobian mit vorlautem Mundwerk zum Bruder habe? Lebe nur eine Woche lang mit ihm zusammen, von fünfzehn Jahren rede ich erst gar nicht, und sieh zu, wie es sich auf deine Stimmung auswirkt.«
    Er seufzte schwer und trommelte mit den Fingern auf der Ladentheke. »Was wolltest du sonst noch … außer jemanden zu langweilen?«
    »Du bist unmöglich. Man sollte meinen, in einem öden Dorf wie diesem wärst du für jeden Menschen dankbar, der dir Freundschaft anbietet.«
    »Tust du das denn? Verzeih mir, wenn ich dich enttäuschen muss, aber ich brauche keine Freunde, weil ich relativ gut allein zurechtkomme. Noch einmal jetzt, was wolltest du sonst noch? Das hier ist schließlich ein Geschäft.«
    »In der Tat gibt es da zweierlei, obwohl ich deiner wie immer geringen Begeisterung wegen noch hadere, ob ich auch nur eine Bitte an dich stellen soll.«
    Unter seiner stoischen Hülle steigerte sich Neils Erwartung.
    »Zuerst brauche ich Mehl«, gab Tabitha an. »Meine Mutter will Kuchen für den Herbsttanz backen.«
    »Das ist schön.« Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    »Das bringt mich zu meinem zweiten Anliegen, gehst du hin?«
    »Warum willst du das wissen?«
    »Kannst du nicht ein einziges Mal einigermaßen anständig antworten?«
    Er stöhnte übertrieben laut. »Kate will, dass ich sie begleite, aber ich könnte mir Schöneres vorstellen … von einer Rotte Wildhunde gerissen zu werden etwa.«
    »Ach, das ließe sich bestimmt einrichten«, zischte Tabitha. »In der Zwischenzeit aber solltest du wissen, dass ich, falls du doch zugegen sein wirst, einen Tanz von dir einfordere. Vorausgesetzt, du verstehst etwas davon.«
    Impulsartig wollte er eine flache Beleidigung äußern, biss sich dann aber auf die Zunge und fragte stattdessen: »Weshalb um alles in der Welt sollte ich mit dir tanzen?«
    Ihre Antwort begleitete ein für ihn deutlich wahrnehmbares Lächeln. »Ich habe das starke Gefühl, dass du mich magst.«
    »Dann bist du verrückt.«
    »Wir werden sehen.«
    Er ging Mehl holen. Sein Puls raste immer noch und zwang ihn zur Eile, auch weil er seine Freude verbergen wollte.
    Hundertmal zuvor hatte er sich eine Situation wie diese gerade eben vorgestellt, indes ohne große Hoffnungen, sie abseits seiner Tagträume je zu erleben. Da er

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