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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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gerutscht waren, hoben sich besonders deutlich von ihrem rötlichen Teint ab.
    »Das werde ich«, versprach er und öffnete die Haustür.
    Eine schlanke Gestalt fiel geradezu auf den alten Mann, der zurückwich, als versuche jemand, ihm etwas Unerwünschtes überzustülpen. Verwirrt half er dem Gentleman dabei, sich wieder aufzurichten, und erkannte ihn schließlich: Es war kein Geringerer als Edgar Callow, Freibauer und Vorsitzender der Jagdgesellschaft.
    »Sir, was ist Euer Begehr?«, fragte Grady verstört.
    Das Gesicht des Waidmannes war noch ein wenig düsterer als der nebelschwangere Morgen. Er riss sich zusammen und klopfte seinen Paletot ab, der keineswegs staubig war. »Ist Ihr Dienstherr zugegen?«
    »Was ist los?«, grollte Mrs. Fletcher von der Treppe her.
    Callow öffnete den Mund und machte ihn gleich wieder zu, dann lehnte er sich an den Türrahmen. »Es ist wegen meiner Frau«, entgegnete er leise. »Sylvia … sie ist gestern Abend nicht nach Hause gekommen.«
    Obwohl Grady nicht sonderlich viel für Callow übrighatte, der unter normalen Umständen auf eine Art und Weise mit ihm umgesprungen wäre, wie man es nur mit Ungeziefer tat, empfand er ein wenig Mitleid mit ihm. Er war frischgebackener Ehemann, und ob nun höhere Gewalt oder Untreue seine Gattin eskamotiert hatten: Er hegte offensichtlich schlimmste Befürchtungen. So nickte Grady zackig und machte den Weg zum Flur frei. »Wenn Ihr Euch ins Warme begeben mögt.«
    »Keine Zeit «, drängte Callow. »Am Fox & Mare warten Männer zu Pferde auf mich. Die brauchen wir bei diesem miserablen Wetter unbedingt. Aber Ihr Arbeitgeber kennt sich von uns allen am besten im Moor aus, und ich erachte ihn als absolut unverzichtbar für unser Unterfangen. Bitte … wecken Sie ihn, würden Sie das tun?«&
    Grady drehte sich um und begegnete Mrs. Fletchers erwartungsvollem Blick. Weitere Worte erübrigten sich. Sie schnaufte schwer und ging fort, um Mr. Mansfield zu wecken.

    ***

    Der Nebel wirkte lebendig, kroch wie ein Tier auf Nahrungssuche durch das Sumpfgebiet und ließ irgendwann keinen Unterschied mehr zwischen Erde und Himmel zu. Im niedrigen Gewölk trappelten Hufe auf Stein und hielten schließlich inne. Dann war alles ruhig, und nur ein Kiebitz war gelegentlich zu vernehmen.
    Sie waren zu sechst, wobei Callow das Terrain absuchte, als durchschaue er den Nebel. Hinter ihm ritten Peter Laws, der das Fox & Mare betrieb und die sonntägliche Fuchsjagd anführte, sowie Krämer Greg Fowler und Alistair Royle, ein Kohlehändler und eingefleischter Glücksspieler. Dieser trabte seiner behäbigen Persönlichkeit entsprechend langsam einher, wohingegen Mansfield und Grady die Nachhut bildeten.
    »Falls er wirklich glaubt, sie hier finden zu können«, murmelte Royle, dessen Gesicht immer noch rot vor Anstrengung war, nachdem er seine störrische Stute den Felshügel hinaufgeführt hatte, eine unförmige Anhöhe aus verwittertem Granit mit Nebelkranz. Der untersetzte Alte war kaum ausgeschlafen und arg verkatert gewesen, als er wegen Callow hatte aufstehen müssen, und dieser Verfassung trug nun sein verlottertes Äußeres Rechnung. Seine Hosen waren fleckig und der Mantel nur am Kragen zugeknöpft, sodass man sah, wie sein aufgeblähter Wanst über dem Gürtel hing. »Wäre weit praktischer gewesen, daheimzubleiben und einen Konstabler herzuschicken.«
    Mansfield schaute auf das rote Band, das Royle seinem Pferd um den Schweif geknotet hatte, um die dahinter Reitenden davor zu warnen, dass es zum Austreten neigte, und schloss zu ihm auf. Damit niemand hörte, was er ihm zu sagen hatte, lehnte er sich seitlich über den Sattel.
    »Falls er dich hört, wirst du vermutlich eine Tracht Prügel bekommen.«
    Royle schnaubte verächtlich, sodass Speichel von seinen Fischlippen tropfte. »Ach, komm schon.« Er grinste hinterlistig. »Ist hier irgendwer überrascht, dass sein ausländisches Mädchen davongelaufen ist?«
    Weil Royle seine Nase gern in anderer Leute Angelegenheiten steckte, handelte er sich ständig Ärger ein, doch ausnahmsweise musste Mansfield zustimmen: Jawohl, es verwunderte wahrlich nicht, dass dies geschehen war. Mochte sich Callow auch den Schein eines Ehrenmannes geben, galt es als offenes Geheimnis, dass er gewalttätig war, rasch die Fäuste schwang und dabei auch vor dem schwachen Geschlecht nicht haltmachte. Einmal, als er betrunken gewesen war, hatte er im Fox & Mare sogar zugegeben, den berüchtigten Whitechapel-Mörder zu bewundern,

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