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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Und Larine sprudelte heraus, sie sollten sofort Caemlyn verlassen, auf dem Fuße.
    Verin zog eine der Serviererinnen zur Seite. Die Frau mit dem Durchschnittsgesicht war mindestens zwanzig Jahre älter als die Mädchen von den Zwei Flüssen, doch auch sie hatte die Augen weit aufgerissen, wischte sich mit dem Schürzenzipfel Tränen vom Gesicht und bebte noch immer. Nachdem sie die Frau nach ihrem Namen gefragt hatte, sagte Verin: »Bringt ihnen allen schönen, frisch gebrühten Tee, Azril, heiß und mit viel Honig, und kippt ein wenig Brandy hinein.« Sie musterte die jüngere Frau einen Moment lang nachdenklich und fügte dann hinzu: »Mehr als nur ein wenig. Ein ordentlicher Schuß für jede.« Das sollte helfen, ihre Nerven zu beruhigen. »Ihr und die anderen Bedienungen könnt Euch auch etwas einschenken.« Azril schniefte, blinzelte und wischte sich übers Gesicht, doch sie knickste, denn an ihre Pflichten erinnert zu werden, schien ihren Tränenfluß einzudämmen, wenn nicht gar ihre Angst.
    »Bringt ihnen den Tee auf die Zimmer«, sagte Alanna, und Verin nickte zustimmend. Ein bißchen Schlaf würde Wunder bewirken. Sie waren erst vor wenigen Stunden aufgestanden, aber die Anstrengung der Reise und noch dazu der Brandy würden dafür sorgen, daß sie schlafen konnten.
    Der Auftrag löste Proteste aus.
    »Wir können uns nicht hier verstecken«, brachte Larine zwischen Schniefen und Schluckauf heraus. »Wir müssen jetzt weg! Jetzt! Er wird uns umbringen!«
    Bodewhins Wangen glitzerten feucht, doch ihr Gesicht hatte einen entschlossenen Ausdruck angenommen. Diese für die Bewohner der Zwei Flüsse typische Sturheit würde noch mehr als eine der jungen Frauen in Schwierigkeiten bringen. »Wir müssen Mat finden. Wir können ihn nicht bei einem Mann lassen ... bei einem Mann, der... Das können wir nicht! Selbst wenn es Rand ist, können wir das nicht!«
    »Ich will Caemlyn sehen«, quiekte Janacy, obwohl sie noch immer zitterte.
    Nun mischte sich auch der Rest in die Debatte ein. Eine Handvoll unterstützten trotz aller Angst mit leicht zittrigen Stimmen Janacys Wunsch, die Mehrheit verlangte jedoch leidenschaftlich die sofortige Abreise. Eine der jungen Frauen aus Wachhügel, ein großes, hübsches Mädchen namens Elle mit recht hellen Haaren für die Zwei Flüsse, begann wieder aus voller Kehle zu heulen.
    Verin mußte sich zurückhalten, um nicht der ganzen Bande Ohrfeigen zu verpassen. Den Jüngsten konnte sie natürlich keinen Vorwurf machen, aber Larine und Elle und die anderen, die bereits ihr Haar zu Zöpfen geflochten trugen, waren doch angeblich schon Frauen. Die meisten waren nicht einmal berührt worden, und die Gefahr war längst vorbei. Andererseits waren sie alle müde. Rands Besuch war wie ein Schock gekommen, und höchstwahrscheinlich würden sie so etwas in der nahen Zukunft noch oft erleben, also beherrschte sie sich.
    Alanna beherrschte sich dagegen nicht. Selbst unter den Grünen war sie als reines Quecksilber verrufen, und in letzter Zeit war es mit ihrem Temperament noch schlimmer geworden, »Ihr begebt Euch jetzt sofort auf Eure Zimmer«, sagte sie kühl, doch nur ihre Stimme strahlte diese Kühle aus. Verin seufzte, als die andere Aes Sedai ein Trugbild aus Luft und Feuer verwob. Überall im Raum wurde nach Luft geschnappt, und die weit aufgerissenen Augen quollen noch zusätzlich heraus. Eigentlich war das überflüssig, doch die guten Manieren verboten es Verin, öffentlich einer anderen Schwester ins Handwerk zu pfuschen, und zudem empfand sie es als Erleichterung, daß Elles Heulen mit einem Mal abbrach. Auch ihre eigenen Nerven lagen blank. Natürlich konnten diese unausgebildeten jungen Frauen die Stränge der Macht nicht sehen. Ihnen mußte es erscheinen, als wachse Alanna bei jedem Wort. Auch ihre Stimme schwoll mit an, obwohl der Tonfall der gleiche blieb, und nun dröhnte sie, wie es ihrer augenblicklichen Größe entsprach: »Ihr werdet alle Novizinnen werden, und die erste Lektion, die eine Novizin zu lernen hat, ist die, einer Aes Sedai zu gehorchen. Augenblicklich. Ohne Euch zu beklagen oder Ausflüchte zu gebrauchen.« Alanna stand unverändert mitten im Schankraum - für Verin zumindest - aber der Kopf des Trugbilds berührte die Deckenbalken. »Jetzt rennt! Wer sich nicht in seinem Zimmer befindet, wenn ich bis fünf gezählt habe, wird das bis zum Tag seines Todes bereuen. Eins. Zwei...« Bevor sie zur Drei kam, gab es ein irres, quiekendes Gedränge am Fuß der Treppe

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