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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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versuchte zu spielen. Nach so langer Zeit brachte er zunächst nur mehr quiekende Töne hervor. Diese seltsamen Geräusche waren es, die Min wieder zu ihm führten.
    »Spiel für mich«, sagte sie erfreut und setzte sich lachend auf seine Knie, während er mit geringem Erfolg etwas einer Melodie Ahnliches hervorzubringen versuchte. In diesem Moment spazierten die Weisen Frauen zu ihm herein, Amys und Bair und Sorilea und ungefähr ein Dutzend weitere. Min sprang schnell auf, errötete und zog ihren Umhang energisch zurecht.
    Bair und Sorilea standen bereits neben ihm, bevor er ein Wort sagen konnte.
    »Schaut nach links«, befahl Sorilea, während sie sein Augenlid anhob und ihr ledriges Gesicht nahe an seines heranbrachte. »Schaut nach rechts.«
    »Euer Puls schlägt zu schnell«, murmelte Bair, die ihre knochigen Finger seitlich an seinen Hals hielt.
    Anscheinend hatte Nandera eilig eine Tochter des Speers losgeschickt, sobald seine Knie nachgegeben hatten, und Sorilea hatte aus dem kleinen Heer von Weisen Frauen, das den Palast heimsuchen wollte, diese kleinere Horde ausgesondert. Offenbar wollte jede, ob mit oder ohne Sorilea, beim Car'a'carn an die Reihe kommen. Als sie und Bair fertig waren, wurde ihr Platz von Amys und Colirvda eingenommen, eine hagere Frau mit durchdringenden grauen Augen, die mittleren Alters zu sein schien, aber dennoch fast die gleiche starke Präsenz bewies wie Sorilea. Aber das galt natürlich auch für Amys und viele andere von ihnen. Er wurde geknufft, gestoßen, angestarrt und starrköpfig genannt, als er sich weigerte, auf und ab zu springen. Sie schienen wirklich zu erwarten, daß er es tun würde.
    Die Weisen Frauen kümmerten sich auch um Min, standen um sie herum und stellten ihr hundert Fragen über ihre Visionen. Mins Augen weiteten sich in äußerstem Maße, und sie starrte die Weisen Frauen und Rand an, als frage sie sich, ob ihre Gedanken gelesen wurden. Amys und Bair erklärten es ihr -Melaine hatte die Neuigkeiten ihrer Töchter nicht für sich behalten können -, und anstatt daß sich Mins Augen noch mehr weiteten, was zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich auch gar nicht mehr möglich gewesen wäre, quollen sie ihr fast aus dem Kopf. Sogar Sorilea schien Melaines Ansicht zu teilen, daß Mins Fähigkeit sie auf gleiche Stufe mit ihnen stellte, aber da Weise Frauen Weise Frauen waren - fast genauso wie Aes Sedai Aes Sedai waren -, mußte sie alles fast genauso oft wiederholen, wie Weise Frauen im Raum waren, weil jene, die um Rand herumwirbelten, sichergehen wollten, daß auch sie nichts verpaßt hatten.
    Als Sorilea und die anderen widerwillig beschlossen, daß Rand nur Ruhe brauchte, und mit der Anweisung gingen, er solle dafür sorgen, daß er diese Ruhe auch bekäme, machte es sich Min wieder auf seinem Schoß bequem. »Sie sprechen in Träumen?« fragte sie kopfschüttelnd. »Es scheint unmöglich, wie einem Märchen entnommen.« Sie runzelte die Stirn. »Was glaubst du, wie alt Sorilea ist? Und diese Colinda. Ich habe gesehen... Nein, es hat nichts mit dir zu tun. Vielleicht beeinträchtigt mich die Hitze. Wenn ich es weiß, dann weiß ich es immer. Es muß die Hitze sein.« Ein schelmisches Leuchten trat in ihre Augen, und sie beugte sich langsam näher zu ihm und schürzte die Lippen wie zu einem Kuß. »Wenn du deine Lippen auch so spitzen würdest«, murmelte sie, als ihre Lippen seine fast schon berührten, »wäre das vielleicht hilfreich. In diesem letzten Stück schienen Sätze aus ›Der Pfau im Eukalyptusbaum‹ verwendet worden zu sein.« Es dauerte einen Moment, bis er verstand, während ihre Augen seine Vision widerspiegelten, aber als er verstand, mußte sein Gesicht einen erstaunlichen Anblick geboten haben, weil sie lachend auf seine Brust sank.
    Kurz darauf traf eine Nachricht von Coiren ein, die sich nach seinem Wohlbefinden erkundigte, ihm wünschte, daß er nicht krank sei, und anfragte, ob sie ihn mit zweien ihrer Schwestern besuchen dürfe. Sie bot das Heilen an, falls er es wünschte. Während Rand las, regte sich Lews Therin, als erwache er aus tiefern Schlaf, aber dieses vage unzufriedene Murren ähnelte kaum seinem in Caemlyn empfundenen Zorn, und er schien wieder einzuschlafen, als Rand den kurzen Brief niederlegte.
    Dieser Brief stand in krassem Gegensatz zum Verhalten Meranas, und er erinnerte ihn daran, daß um die Mittagszeit im Sonnenpalast nichts geschah, über das Coiren nicht noch vor Sonnenuntergang -wenn nicht schon früher -

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