Herr des Chaos
gesprochen, ihre Stimme klang gleichzeitig kühl und ruhig und mächtig. Aber ihre dunklen Augen sprühten Feuer. »Demira, kann Euer Gewährsmann bestätigen, daß al'Thor nach Cairhien gegangen ist?«
»Das Schnelle Reisen«, murmelte Bera ungläubig. »Wer hätte gedacht, daß er das wiederentdecken würde.«
Die bunten Ferien in Faeldrins Zöpfen klangen zusammen, als sie nickte. »Uns fällt keine andere Möglichkeit ein. Wir sollten uns schleunigst vor Augen halten, daß er vielleicht sogar mächtiger ist als Logain oder Mazrim Taim.«
»Können wir wegen Taim nichts unternehmen?« Rafelas rundes Gesicht, das für gewöhnlich einen liebenswürdigen Ausdruck zeigte, wirkte jetzt recht streng, und ihre sonst liebliche Stimme klang tonlos. »Es gibt keine zwanzig Meilen von uns entfernt mindestens einhundert Männer, die die Macht lenken können -einhundert!« Kairen nickte energisch, schwieg aber.
»Sie müssen warten«, sagte Kiruna bestimmt »Licht und Ehre, ich weiß nicht, wie viele Schwestern nötig sein werden, um mit so vielen fertig zu werden. Aber al'Thor ist das wichtigste, und mit ihm können wir zurechtkommen. Demira?«
Demira hatte natürlich abgewartet, bis die anderen gesprochen hatten. Dann sagte sie mit leicht gebeugtem Kopf: »Ich weiß nur, daß er tatsächlich fortgegangen ist, zweifellos mit einer großen Anzahl von Aiel und vielleicht auch mit Perrin Aybara.«
Verin hatte den Raum betreten, als Demira zu sprechen begonnen hatte, und fügte jetzt hinzu: »Bezüglich Perrin kann kein Zweifel bestehen. Ich habe Tomas zum Lager der Leute von den Zwei Flüssen geschickt. Es scheint, als hätten sie zwei Männer zum Palast gesandt, um Perrins Pferd und das seiner Frau zu holen. Die anderen haben die Wagen und Diener zurückgelassen und sind bereits in Eile unterwegs nach Osten, hinter Perrins Wolfskopf und dem Roten Adler von Manetheren her.« Ein leichtes Lächeln überzog ihre Lippen, als fände sie dies belustigend. Kairen fand dies offensichtlich nicht. Sie keuchte und preßte die Lippen dann fest zusammen.
Merana war ebenfalls nicht belustigt, obwohl dies, verglichen mit allem anderen, nur eine unbedeutende Kleinigkeit war. Ein schwacher Hauch von etwas Verschüttetem, wenn man bereits auf einem Schutthaufen saß; ein Hund, der einen anknurrte, wenn Wölfe bereits an einem zerrten. Wenn sie nur daran dachte, wie sehr sie sich wegen Verin gesorgt und wie hart sie gekämpft hatte. Verin hatte ihre Pläne kaum wirklich berührt, außer daß sie Demira dazu verleitet hatte, das heutige unglückliche Zusammentreffen vorzuschlagen. Es war recht geschickt eingefädelt worden. Merana glaubte, daß keine andere als eine Graue es bemerkt hätte. Und doch hatte sie selbst sogar dem zugestimmt. Sie hätten Al'Thor zumindest einschüchtern können.. Sie hatte sich wegen Verin gesorgt, und dann erschienen Kiruna und Bera, die beide nicht ihrer Autorität unterstanden und mindestens ebenso stark waren wie Masuri oder Faeldrin oder Rafela.
»Es ist eine verfahrene Geschichte«, murrte Bera. Kairen und einige der anderen nickten zustimmend.
»Eine etwas verfahrene Geschichte«, erwiderte Kiruna trocken. Fast alle nickten - außer Merana und Verin. Merana seufzte nur leise. Verin beobachtete Kiruna mit ihrem vogelähnlichen Blick und geneigtem Kopf. »Was hält Alanna fern?« fragte Kiruna niemanden im besonderen. »Ich möchte nicht alles zweimal besprechen.«
Merana vermutete, daß sie selbst damit angefangen hatte, Verin nachzugeben. Sie war noch immer die Anführerin der Abordnung, jedermann folgte noch immer ihren Befehlen, sogar Masuri und Rafela und Faeldrin. Aber sie alle wußten es. Sie konnte nicht sagen, ob Kiruna oder Bera das Kommando übernommen hatte - daß die eine auf einem Bauernhof und die andere in einem Palast geboren war, zählte überhaupt nichts; es hatte nichts damit zu tun, eine Aes Sedai zu sein -, aber in einem Punkt war sie sich sicher: Die Abordnung zerfiel um sie herum. Das wäre niemals geschehen, wenn die Weiße Burg noch vollständig gewesen wäre, wenn eine Gesandte die vollständige Macht der Burg und den Amyrlin-Sitz hinter sich gewußt hätte, auch wenn sie dreißig Jahre gebraucht hatte, um die Stola zu erlangen, und kaum genug Kraft hatte, um nicht fortgeschickt zu werden. Jetzt war es nur noch eine geringe Auswahl von Aes Sedai, die ihre jeweiligen Plätze einnahmen, ohne darüber nachzudenken.
Als wäre das Aussprechen ihres Namens einem Ruf gleichgekommen,
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