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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Die eiskalten blauen Augen ließen dann aber das Gesicht selbst wieder geradezu weich erscheinen. Er mied jeden Blick auf Rands Schwert. »Ich wünsche Euch, daß Ihr heute Schatten findet.« Das hatte nichts mit der fast weißglühenden Sonne oder dem wolkenlosen Himmel zu tun - Roidan schien überhaupt nicht zu schwitzen -, sondern war einfach eine Grußformel unter Menschen aus einem Land, wo die Sonne tagaus, tagein herabglühte und wo es kaum einen Baum gab.
    Genauso höflich erwiderte Rand: »Ich sehe Euch, Roidan. Auch ich wünsche Euch, daß Ihr heute Schatten findet. Befindet sich Hochlord Weiramon in der Nahe?«
    Roidan nickte in Richtung eines großen Zeltpavillons mit rotgestreiften Seitenwänden und einem hochroten Dach, der von Männern mit langen, präzise im gleichen Winkel aufgepflanzten Lanzen Schulter an Schulter umringt war. Sie hatten alle die auf Hochglanz polierten Brustharnische und die schwarz goldenen Waffenröcke der Verteidiger des Steins an. Über dem Zelt prangten die Drei Halbmonde Tears, weiß auf rotem und goldenem Feld, und die strahlende Aufgehende Sonne Cairhiens, golden auf blauem Feld, zu beiden Seiten von Rands eigener roter Flagge. Alle drei flatterten träge in einer Brise, die aus einem Backofen zu kommen schien.
    »Die Feuchtländer befinden sich alle dort.« Roidan sah Rand geradewegs in die Augen und fügte hinzu: »Bruan ist schon drei Tage lang nicht mehr in dieses Zelt gebeten worden, Rand al'Thor.« Bruan war der Clanhäuptling der Nakai Aiel, also von Roidans Clan, und außerdem gehörten sie beide der Salzebenen Septime an. »Genausowenig wie Han von den Tomanelle oder Dhearic von den Reyn oder überhaupt ein Clanhäuptling.«
    »Ich werde mit ihnen sprechen«, sagte Rand. »Teilt Ihr bitte Bruan und den anderen mit daß ich hier bin?« Roidan nickte ernst.
    Enaila beäugte die Männer von der Seite her, steckte dann den Kopf mit Jalani zusammen und flüsterte ihr so auffällig zu, daß man es auf zehn Schritt Entfernung verstehen konnte: »Weißt du, warum man sie Donnergänger nennt? Sogar wenn sie stillstehen, blicken sie hoch zum Himmel und warten auf Blitze.«
    Und dann schütteten sich die Töchter beinahe aus vor Lachen.
    Ein junger Donnergänger sprang hoch in die Luft und kickte mit einem bestiefelten Fuß in die Luft noch über Rands Kopfhöhe. Er sah gut aus, abgesehen von der runzligen Narbe auf seiner Wange, die sich bis unter den schwarzen Augenverband zog, der eine leere Augenhöhle verdeckte. Auch er trug das Stirnband. »Wißt Ihr, warum die Töchter diese Fingersprache benutzen?« rief er auf dem Höhepunkt seines Sprunges, und als er landete, schnitt er eine hämische Grimasse. Die war allerdings nicht für die Töchter bestimmt; er sprach mit seinen Kameraden und ignorierte die Frauen. »Selbst wenn sie nicht reden, können sie mit dem Reden nicht aufhören.« Die Sha'mad Conde lachten genauso schallend wie vorher die Töchter.
    »Nur Donnergänger betrachten es als Ehre, ein leeres Zelt zu bewachen«, sagte Enaila traurig zu Jalani und schüttelte den Kopf. »Wenn sie das nächste Mal Wein bringen lassen und die Gai'schain ihnen leere Becher reichen, werden sie zweifellos noch viel betrunkener sein als wir mit Oosquai.«
    Offenbar waren die Donnergänger der Meinung, Enaila sei aus dieser Flachserei als Siegerin hervorgegangen. Der Einäugige und mehrere andere hoben ihre Schilde aus Stierleder und schlugen mit Speeren darauf, daß es laut klapperte. Sie selbst lauschte dem Lärm einen Augenblick lang, nickte versonnen in sich hinein und schloß sich den anderen an, die Rand hinterhergingen.
    Rand sann über den Humor der Aiel nach, während er das sich weithin erstreckende Lager betrachtete. Von Hunderten verstreuter Feuer her roch es nach Essen. Brot wurde auf den Kohlen gebacken, Fleisch an Spießen geröstet, und Suppen brodelten in Kesseln, die man in dreibeinige Gestelle gehängt hatte. Soldaten aßen immer gut und oft, wenn es irgendwie möglich war, denn während eines Kriegszuges gab es dann meist nur seltene und dürftige Mahlzeiten. Die Feuer fügten dem noch ihren eigenen süßlichen Geruch hinzu. Auf den Ebenen von Maredo verfeuerte man eher getrockneten Ochsendung als Holz.
    Hier und da sah man Bogen oder Armbrustschützen oder Pikeure in Lederwesten mit aufgenähten Stahlscheiben oder einfach in wattierten Mänteln, aber die Adligen aus Tear und Cairhien verachteten gleichermaßen die Infanterie und bevorzugten die Kavallerie.

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