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Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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und bis auf die bunten Querstreifen in den Farben ihrer Häuser auf der Brust wirkte ihre Kleidung nüchtern. Die Anzahl dieser Streifen deutete auf den Rang ihres Hauses hin. Die Tairener dagegen, bei denen die meisten Gesichter von sorgfältig gestutzten und eingeölten Vollbärten geziert wurden, trugen wattierte Kurzmäntel, die eine grelle Kakophonie von Farben zeigten, Rot und Gelb und Grün und Blau, aus Satin und Brokat, mit Silber- oder Goldfadenstickerei. Die Männer aus Cairhien wirkten ernsthaft, wenn nicht gar etwas mürrisch. Die meisten zeigten eingefallene Wangen, und jeder hatte den vorderen Teil seines Skalps rasiert und eingepudert. Das war einst Mode bei den Soldaten Cairhiens gewesen, aber nicht bei den Lords. Die Tairener lächelten und schnüffelten an parfümierten Taschentüchern und Pomadetiegeln, die das ganze Zelt mit ihren schweren und aufdringlichen Düften erfüllten. Außer dem Punsch schienen sie nur eines gemeinsam zu haben: Sie starrten die Töchter des Speers alle gleichermaßen finster an und versuchten dann krampfhaft, vorzugeben, die Aiel seien sämtlich unsichtbar.
    Hochlord Weiramon, dessen eingeölter Bart und das Haar graue Strähnen aufwiesen, verbeugte sich tief. Hier war er einer von vier Hochlords. Besonders seine kunstvoll mit Silber verzierten Stiefel fielen auf. Die anderen waren der salbungsvolle, übermäßig fette Sunamon, dann Tolmeran, dessen eisengrauer Bart wie die Speerspitze auf dem Schaft seines hageren Körpers wirkte, und schließlich Torean mit seiner Kartoffelnase, der noch mehr nach Bauer aussah als die meisten Bauern selbst. Doch Rand hatte Weiramon das Oberkommando anvertraut - jedenfalls für den Augenblick. Die anderen acht waren Lords von geringerem Rang, ein paar davon glattrasiert, aber mit kaum weniger Grau in den Haaren. Sie befanden sich hier, weil sie dem einen oder anderen der anwesenden Hochlords Gefolgschaft geschworen hatten, aber alle verfügten über einige Kampferfahrung.
    Weiramon war für einen Tairener keineswegs klein geraten, wenn auch Rand ihn um einen Kopf überragte, doch er erinnerte Rand immer an einen aufgeplusterten Gockel, so wie er die Brust herausstreckte und herumstolzierte. »Aller Segen dem Lord Drachen«, verkündete er und verbeugte sich, »dem künftigen Eroberer Illians. Aller Segen dem Herrn des Morgens.« Die anderen kamen nur einen Atemzug später dran, wobei die Tairener die Arme weit ausbreiteten, während die Männer aus Cairhien mit einer Hand die Herzgegend berührten.
    Rand verzog das Gesicht. ›Herr des Morgens‹ war einer von Lews Therins Titeln gewesen, wie die bruchstückhaften Berichte aus jener Zeit aussagten. Eine Unmenge von Kenntnissen war während der Zerstörung der Welt verlorengegangen, und weiteres ging in den Trolloc-Kriegen in Rauch auf und später im Hundertjährigen Krieg, und doch hatten an überraschend vielen Orten Bruchstücke diese Zeiten überdauert. Er war verblüfft, daß Weiramons Anrede mit diesem Titel nicht gleich wieder Lews Therins irres Gejammere in ihm ausgelöst hatte. Genauer betrachtet hatte Rand diese Stimme nicht mehr vernommen, seit er sie in seinem Innern so angeschrien hatte. Soweit er sich erinnern konnte, war es das erste Mal überhaupt gewesen, daß er die Stimme, mit der er seinen Kopf teilte, unmittelbar angesprochen hatte. Die Möglichkeiten, die sich damit andeuteten, ließen ihm einen Schauer den Rücken hinunterrieseln.
    »Mein Lord Drache?« Sunamon rang seine fleischigen Hände. Er schien den Blick zu der um Rands Kopf gewickelten Schufa ängstlich zu meiden. »Geht es Euch...?« Er schluckte und lächelte dann unterwürfig. Einen potentiell Wahnsinnigen - potentiell war vielleicht noch zu sanft ausgedrückt - nach seinem Befinden zu fragen entsprach wohl doch nicht ganz dem, was er ausdrücken wollte. »Hätte der Lord Drache vielleicht gern etwas gewürzten Wein? Ein guter Jahrgang aus Lodan, vermischt mit dem Saft von Honigmelonen?« Ein schlacksiger Landedelmann, ein Gefolgsmann Sunamons namens Estevan mit kantigem Kinn und noch härteren Augen winkte barsch, und ein Diener huschte zu einem kleinen Seitentisch an der Zeltwand, um einen goldenen Pokal zu holen. Ein weiterer Diener beeilte sich, ihn zu füllen.
    »Nein«, sagte Rand. Und dann etwas vehementer: »Nein!« Er winkte den Diener beiseite, ohne ihn richtig zu sehen. Hatte Lews Therin tatsächlich seinen inneren Schrei gehört? Irgendwie machte das alles nur noch schlimmer. Er wollte über

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