Herr des Chaos
Fingerbreit kleiner als Rand, hatte eine große Nase und auffallende hellere Strähnen im goldenen Haar. In seinen blauen Augen stand Verachtung.
»Sie hören nur auf den Wind.«
»Haben sie Euch von denen berichtet, die sich gegen Euch auflehnen?« fragte Erim. Er war größer als Dhearic, hatte ein kämpferisch vorgestrecktes Kinn und in seinem roten Haar kämpften graue Strähnen um die Vorherrschaft.
»Das haben sie«, sagte Rand und Han sah ihn mit gerunzelter Stirn an.
»Falls Ihr diese Tairener ihren eigenen Landsleuten hinterherschickt, wäre das ein Fehler. Selbst wenn man ihnen vertrauen könnte, glaube ich nicht daß sie ihnen etwas tun würden. Schickt die Speere. Ein Clan reicht bequem aus.«
Rand schüttelte den Kopf. »Darlin und seine Rebellen können warten. Sammael ist das einzig Wichtige.«
»Dann laßt uns jetzt nach Illian marschieren«, sagte Jheran. »Vergeßt doch diese Feuchtländer, Rand al'Thor. Wir haben jetzt schon fast zweihunderttausend Speere hier versammelt. Wir können die Illianer vernichten, bevor Weiramon Saniago und Semaradrid Maravin auch nur den halben Weg dorthin zurückgelegt haben.«
Einen Augenblick lang schloß Rand frustriert die Augen. Wollte denn nun jeder mit ihm streiten? Das hier waren keine Männer, die gleich nachgeben würden, wenn der Wiedergeborene Drache die Stirn runzelte. Der Wiedergeborene Drache war nur eine Legende der Feuchtländer. Sie dagegen folgten Ihm, Der Mit Der Morgendämmerung Kommt, dem Car'a'carn, und er hatte sich mittlerweile daran sattgehört, daß auch der Car'a'carn kein König sei. »Ich will Euer Wort darauf, daß Ihr hierbleibt, bis Mat Euch den Marschbefehl gibt. Jeder von Euch soll es mir einzeln versprechen.«
»Wir werden bleiben, Rand al'Thor.« Bruans so trügerisch sanfte Stimme klang angespannt. Die anderen stimmten in härterem Tonfall zu, aber immerhin gaben sie ihr Wort.
»Aber es ist Zeitverschwendung«, sagte Han und verzog den Mund. »Ich will nie wieder Schatten erleben, wenn das nicht stimmt.« Jheran und Erim nickten.
Rand hatte nicht erwartet, daß sie so schnell nachgeben würden. »Von Zeit zu Zeit muß man eben Zeit verschwenden, um welche zu sparen«, sagte er, und Han schnaubte.
Mittlerweile hatten die Donnergänger die Seitenwände des grüngestreiften Zeltes an Stangen hochgebunden, damit die sanfte Brise durch das schattige Innere wehen konnte. So heiß und trocken es hier auch war, so schienen die Aiel das doch erfrischend zu finden. Rand hatte nicht das Gefühl, er vergösse auch nur einen Tropfen Schweiß weniger als im glühenden Sonnenschein. Er zog sich die Schufa vom Kopf, als er sich auf die Schichten der bunten Teppiche genau Bruan und den anderen Häuptlingen gegenüber niederließ. Die Töchter stellten sich zu den Donnergängern, die das Zelt umgaben. Immer wieder erklang aus ihrer Richtung fröhliches Geflachse und entsprechendes Gelächter. Diesmal schien endlich einmal Leiran die Oberhand zu gewinnen. Zweimal schlugen die Töchter mit ihren Speeren auf die Schilde, um ihm Beifall zu zollen. Rand verstand aber fast nichts von alledem.
Er stopfte mit dem Daumen die kurzstielige Pfeife, die er dabeihatte, und ließ dann den Ziegenlederbeutel mit Tabak unter den Häuptlingen herumreichen, damit auch sie ihre Pfeifen mit dieser Sorte stopfen konnten. Er hatte nämlich in Caemlyn ein kleines Faß mit dem besten Tabak von den Zwei Flüssen aufgetrieben. Dann zündete er seine Pfeife mit Hilfe der Macht an, während sie einen Donnergänger aussandten, um von einem der Lagerfeuer einen brennenden Zweig zu holen. Als schließlich alle Pfeifen entzündet waren, setzten sie sich bequem zurecht und schmauchten genüßlich. So konnte man miteinander sprechen.
Die Unterhaltung zog sich genauso lang hin wie seine Diskussion mit den Lords, und das nicht, weil es soviel zu besprechen gab, sondern weil Rand allein mit den Feuchtländern gesprochen hatte. Die Aiel waren äußerst empfindlich, was ihren Ehrbegriff anging. Ihr Leben wurde von Ji'e'toh regiert, von Ehre und Pflicht, und die Regeln waren genauso kompliziert und eigenartig wie ihr Humor. So sprachen sie über die Aiel, die sich noch auf dem Weg von Cairhien her befanden, davon, wann Mat ankommen werde und was man, wenn überhaupt etwas, in bezug auf die Shaido unternehmen solle. Sie unterhielten sich über die Jagd und Frauen und ob Branntwein genausogut sei wie Oosquai, und über den Humor. Doch selbst der geduldige Bruan hob schließlich
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