Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr des Chaos

Herr des Chaos

Titel: Herr des Chaos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
Vom Netzwerk:
kämpfen wie jeder Tairener. Die beiden Länder hatten sich gegenseitig gehaßt, seit sie aus den Überresten von Artur Falkenflügels Weltreich hervorgegangen waren, und ihre Geschichte war eine Chronik ständiger Kriege, die man auf Grund jeder überhaupt möglichen Ausrede ausgefochten hatte. Doch Tolmeran schien ein wenig realistischer zu denken als die anderen Hochlords und nicht zu erwarten, daß man jede Schlacht mit einem einzigen wuchtigen Schlag gewinnen könne. »Jeder Kundschafter, der es hierher zurück schafft, berichtet, daß diese Festungen immer größer werden und immer mächtigere Verteidigungsanlagen erhalten.«
    »Wir sollten jetzt losschlagen, mein Lord Drache«, sagte Weiramon ganz energisch. »Das Licht soll meine Seele versengen, aber ich kann die Illianer jetzt noch mit heruntergelassenen Hosen erwischen. Sie haben sich selbst unbeweglich gemacht. Sie haben doch tatsächlich kaum eine nennenswerte Kavallerie! Ich werde sie zu Staub zermalmen, und dann ist der Weg zur Stadt frei.« In Illian, genau wie in Tear und Cairhien, meinte man mit der ›Stadt‹ die große Stadt, die dem Land den Namen verliehen hatte. »Seng meine Augen, ich werde Eure Flagge in einem Monat über Illian flattern lassen, mein Lord Drache. Oder höchstens in zwei.« Er blickte zu den Männern aus Cairhien hinüber und fügte so zögernd hinzu, als müsse man ihm jedes Wort einzeln aus der Nase ziehen: »Semaradrid und ich schaffen das gemeinsam.« Semaradrid verbeugte sich leicht. Oder deutete es zumindest an.
    »Nein«, sagte Rand kurz angebunden. Weiramons Plan lud geradezu zu einer Katastrophe ein. Gute zweihundertfünfzig Meilen lagen zwischen ihrem Lager und Sammaels großen Bergfestungen, und dazwischen befand sich eine grasbewachsene Ebene, wo eine Erhebung von fünfzig Fuß bereits als hoher Hügel galt und ein Dickicht von ein paar hundert Schritt Breite als Wald bezeichnet wurde. Auch Sammael besaß Kundschafter - jede Ratte, jeder Rabe konnte einer von Sammaels Spähern sein. Zweihundertfünfzig Meilen. Zwölf oder dreizehn Tage für die Tairener und die Soldaten Cairhiens, wenn sie Glück hatten. Die Aiel konnten es vielleicht bei größter Eile in fünf Tagen schaffen - ein einzelner Kundschafter oder zwei kam eben schneller vorwärts als ein Heer, sogar bei den Aiel -, aber die gehörten nicht zu Weiramons Plan. Lange bevor Weiramon überhaupt die Doirlon-Berge erreichte, wäre Sammael in der Lage, die Tairener zu vernichten, und nicht andersherum. Ein törichter Plan. Noch törichter sogar als der, den Rand ihnen vorgegeben hatte. »Ich habe Euch Befehle erteilt. Ihr haltet hier die Stellung, bis Mat ankommt und das Kommando übernimmt, und selbst dann rührt keiner einen Fuß von der Stelle, bis ich der Meinung bin, genügend Soldaten hier zu haben. Weitere Truppen sind hierher unterwegs: aus Tear, Cairhien, und auch Aiel. Ich habe vor, Sammael vernichtend zu schlagen, Weiramon. Ihn endgültig zu schlagen und Illian unter das Drachenbanner zu bringen.« Soweit entsprach das durchaus der Wahrheit. »Ich wünschte ja, ich könnte bei Euch bleiben, aber noch benötigt man meine ganze Aufmerksamkeit in Andor.« Weiramons Gesicht wandelte sich zu saurem Stein, soweit man sich so etwas vorstellen kann, und Semaradrids Grimasse hätte eigentlich den Wein augenblicklich in Essig verwandeln sollen, während Tolmerans Miene derart ausdruckslos war, daß seine Mißbilligung wie ein Faustschlag wirkte. In Semaradris Fall war es die Verzögerung, die Anlaß zur Besorgnis gab. Er hatte schon mehr als einmal darauf hingewiesen, daß jeder Tag wohl mehr Soldaten hier ins Lager brächte, aber auch mehr Soldaten zu den Festungen in Illian. Zweifellos war Weiramons Plan das Resultat seiner Mahnungen zur Eile, obwohl er selbst wohl einen besseren Plan entwerfen gekonnt hätte. Tolmerans Zweifel lagen in Mat begründet. Tolmeran hatte wohl von den Leuten aus Cairhien einiges über Mats Kriegskunst erfahren, doch er hielt das für bloße Schmeichelei von einigen Narren für einen Landedelmann, der eben zufällig mit dem Wiedergeborenen Drachen befreundet war. Das waren aber ehrliche Einwände, und der Semaradrids hätte sogar eine gewisse Berechtigung gehabt, wenn der an sie ausgegebene Plan mehr gewesen wäre als lediglich ein Täuschungsmanöver. Es war unwahrscheinlich, daß sich Sammael ausschließlich auf seine Ratten und Raben verließ, wenn es um das Spionieren ging. Rand rechnete damit, daß sich im Lager auch

Weitere Kostenlose Bücher