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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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der die Tore des Zirkels für Gerg öffnete. Es umfasste die starken Pulse ebenso wie den tiefen Strom, den Kraftbogen von Befruchtung zum Tod und die kurzen Zyklen, die die drei Monde an- und abschwellen lassen. Auch der Einfluss der Nähe anderer Menschen und der belebten Natur war beinhaltet in dem Wissen, das Gerg dem Zirkel brachte. Es war sehr wertvoll für die Erschließung der dunklen Kunst, die eifersüchtige Götter uns vorenthalten wollten.‹« Narron sah sie an. Seine Augen wurden durch die Linsen vergrößert, als wollten sie Nalaji aus größerer Nähe betrachten, als die Entfernung des Kopfes erlaubte. »Gerg gehörte zum ersten Zirkel.«
    Nalaji nickte. »Zu den Magiern, die die ersten Schattenkönige wurden.« Es war umstritten, ob aus den späteren Osadroi noch Herrscher Ondriens hervorgegangen waren. Die Quellen widersprachen sich in diesem Punkt, aber sicher war, dass es in den letzten zehn Jahrtausenden nicht zu einem solchen Ereignis gekommen war. Die Schattenkönige, wie viele es auch geben mochte, schliefen in der Burg der Alten, einem unauffindbaren Ort im Ewigen Eis, oder vielleicht auch in einer anderen Wirklichkeit. Da kein Lebender von dort zurückgekehrt war, gab es nur Gerüchte, oft vom Brodem klerikaler Floskeln überdeckt. Nur ein Schattenkönig wachte und herrschte. Solange sich Nalaji zurückerinnern konnte, war das Elien Vitan gewesen, aber seit zwei Wochen schrieb man das Jahr Eins nach Gerg.
    »Das ist interessant, aber es hilft nicht im Krieg. Wenn sich die Reiche der Menschen gegen die Schatten vereinen sollen, brauchen wir etwas, das ihnen Hoffnung auf den Sieg gibt. Wir müssen eine Schwäche finden, eine Stelle, an der Gerg verwundbar ist.« Er nahm die Linsen von der Nase.
    Sie strich ihm über den Kopf. »Geduld, Liebster!«, flüsterte sie. »Und Hoffnung! Die Fayé haben sich gegen die Schatten erhoben. Das ist noch nie geschehen. Sie marschieren nach Norden, und ganz Orgait ist in Aufruhr.« Sie küsste ihn.
    Er wirkte nicht überzeugt. Narron war zwar immer ein Kämpfer gegen die Schatten gewesen, hatte aber zeitlebens nur gehofft, die Ausdehnung ihrer Herrschaft verzögern und den Ländern im Süden ein wenig mehr Zeit verschaffen zu können. Ein vollständiger Sieg war ihm niemals möglich erschienen.
    Sie zog ihn zu sich herunter, bis ihre Lippen an seinem Ohr waren. »Beinahe zehn Jahre sind wir schon hier. Hast du die Schattenherren jemals so unruhig gesehen? Ihre Diener huschen durch den Palast wie Rattenschwärme, die vor Bluthunden davonrennen. Lisanne ist zurück, und niemand weiß, ob sie die Macht im Süden an sich ziehen oder in der Bedeutungslosigkeit versinken wird. Man hat Bren Stonner zum Osadro erhoben, obwohl sie ihn hasst, und Schattengraf Gadior ist zu Widaja übergelaufen. Aus allen Reichsteilen ziehen sie ihre Krieger zusammen, um die Fayé aufzuhalten.«
    »Ja.« Narrons Gesicht nahm einen grimmigen Zug an. Wann immer die Sprache auf das Heerwesen und die Kriegführung kam, übernahm ein besonderer Teil seines Charakters die Zügel und drängte alle Bedenken zurück, um der Leidenschaft für den Kampf Raum zu geben. Der Teil, der ein Paladin hatte werden wollen und der dafür gesorgt hatte, dass Narron in seinem Herzen mehr ein Mondschwert war als die meisten, die Silber auf ihrer Rüstung trugen. »Sie entblößen ihre Grenzen. Das ist eine Gelegenheit, wie es sie niemals gegeben hat. Das müssen die Fürsten doch sehen!« Er ballte seine Hand.
    Sie küsste seine Wange und ging zu ihrem Bücherstapel zurück. »Wir suchen besser weiter.«
    Bislang hatten sie herausgefunden, dass Gerg zuletzt vor zwölfhundert Jahren geherrscht hatte. Da die Regentschaft eines Schattenkönigs selten weniger als zwei Jahrhunderte umfasste, lag dies nur wenige Thronwechsel zurück. Schon damals hatten seine feingliedrigen Proportionen und die hohe Stirn für Verwunderung gesorgt. Wie alle Osadroi war auch er einmal ein Mensch gewesen, aber sein Volk musste vor langer Zeit ausgestorben sein. Über seine letzte Herrschaft hatten sie leider nur dürftige Auskünfte gefunden. Er hatte einen Krieg geführt, der den Nordosten unter die Schatten gezwungen hatte, so viel war sicher. Der Grund dafür war offenbar nicht primär die Expansion des Herrschaftsgebiets gewesen. Die ondrischen Krieger hatten nach etwas gesucht, hatten Frauen mit Missbildungen an den Fingern verschleppt und in vielen Fällen die Städte geschleift, aus denen sie sie geraubt hatten. In jedem Fall

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