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Herr Lehmann: Herr Lehmann

Titel: Herr Lehmann: Herr Lehmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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noch meine Schluössel. Der Scheißkerl hat mein ganzes Schluösselbund mitgenommen. Da höngt die Kneipe dran und alles. Das hatte ich gerne mal wieder. Ist er da bei dir?"
    „Ja."
    „Gib ihn mir mal."
    „Ich glaube, das geht jetzt nicht."
    „Ich glaube, das geht jetzt nicht", öffte sie ihn schon wieder nach. Herrn Lehmann ging das gehorig auf die Nerven. „Jetzt gib ihn mir schon."
    Sie will dich sprechen" , sagte er zu seinem besten Freund Karl, der sich inzwischen auf den Boden gesetzt hatte und an seinen Fuößen puhlte.
    „Wer?"
    „Christine."
    „Ich muß mal."
    Tut mir leid" , sagte Herr Lehmann in den Hoörer. Ich glaube, das geht jetzt nicht. Er kriegt das nicht hin. Hor mal, wenn ich sage, er ist nicht ganz bei sich, dann meine ich das ernst. Ich meine, mehr so klinischerweise."
    Was redest du denn da?"
    Naja, ich meine so medizinisch" , raunte Herr Lehmann. Er ist wirklich nicht wie sonst."
    „Wie jetzt? Ist er ubergeschnappt, oder was?"
    „Ja."
    Was soll das denn heißen?"
    „Es ist wirklich so. Es ist ein klinischer Fall, glaube ich."
    Ach Scheiße", sagte sie, und Herr Lehmann glaubte, sie weinen zu hoören. „Ach Scheiße."
    „Ich meine, ehrlich mal. Der ist total dröber."
    Laß mich doch in Ruhe" , schluchzte sie. Nach einer Weile, die Herrn Lehmann ewig erschien, denn er konnte es nicht ertragen, wenn andere Menschen weinten, schon gar nicht, wenn es am Telefon war, schien sie sich wieder gefangen zu haben. Herr Lehmann hörte, wie sie sich schneuzte. „Wenn es klinisch ist", sagte sie trotzig, „dann bring ihn doch zum Arzt. Daför sind die doch da. Oder ins Krankenhaus, was weiß ich denn. Bin ich hier die Klinik, oder was? Zwei Jahre. Hast du gewußt, daß wir seit zwei Jahren was miteinander hatten? Oder bist du noch so jung, daß ich sagen muß: Miteinander gegangen sind?"
    Nein" , sagte Herr Lehmann, dem das irgendwie gefiel. Vielleicht bin ich mit Katrin ja bloß gegangen, dachte er abschweifend. So jung bin ich auch nicht mehr. Ich bin genauso alt wie Karl."
    „Hätte ich nicht gedacht."
    Was soll ich denn jetzt machen?"
    „Ich weiß es auch nicht. Ich kann nicht mehr. Es tut mir leid, aber ich kann nicht mehr", sagte sie und zog die Nase hoch. „Tu mir einen Gefallen, paß gut auf ihn auf. Ich glaube, dich mag er von allen am liebsten, ehrlich. Er hält viel von dir. Du bist der einzige, von dem er immer erzählt hat. Du bedeutest ihm viel mehr als ich. Und ich kann nicht mehr."
    Ist ja gut" , sagte Herr Lehmann, der Angst hatte, daß sie wieder zu weinen anfing. Außerdem war er geruhrt. Er sah zu Karl hinäber, aber der saß nur auf dem Fußboden und spielte mit seinen Fuäßen. Der muß doch frieren, dachte Herr Lehmann, so kalt wie das ist. Statt dessen aber schwitzte er wieder, auch auf der Brust liefen ihm dicke Schweißtropfen herunter, und er atmete heftig. „Ich muß jetzt aufhären", sagte er in den Härer. „Ich kummer mich drum."
    Mach das bitte" , sagte sie und wiederholte dann noch einmal: Bitte!"
    Herrn Lehmann war das unangenehm. Alles klar, mach dir keine Sorgen", sagte er. „Tschuß dann." Dann legte er auf.
    Er ging in die Kuäche und holte ein Handtuch, damit trocknete er seinem besten Freund den Schweiß ab. Dann suchte er ein T-Shirt und einen Pullover und zog sie ihm uber. Karl ließ das alles mit sich geschehen. Mit der Hose war es schon schwieriger. Herr Lehmann fand zwar eine Jeans in der schmutzigen Waäsche, die noch ganz okay war, aber das Anziehen war muähsam und ging nur mit viel Überredung. So muß es sein, wenn man kleine Kinder hat, dachte er, als er Karl die Hose zuknäpfte, einen Gärtel durchzog und verschloß. Aber er war froh, daß sein bester Freund gerade so friedlich war und alles mit sich machen ließ. Dann ging er ans Telefon und bestellte ein Taxi.
Kapitel 19  URBAN
    Als sie am Ürbankrankenhaus ankamen, ging Herr Lehmann mit Karl gleich zur Aufnahme der Ambulanz. Er kannte sich ein bißchen aus, er war schon zweimal hiergewesen, einmal mit einer Nebenhodenentzöndung und einmal, als er sich beim Gläserwaschen die Hand aufgeschnitten hatte. Das war beides schon einige Jahre her, aber seitdem hatte sich hier nichts geandert.
    Wo brennt's denn?" fragte der Mann in der Aufnahme. Er saß in einer Art Glaskiosk mit Rundumsicht und hatte gute Laune.
    „Wir mißten mal einen Arzt sehen", sagte Herr Lehmann. Karl stand neben ihm und ließ sich nichts anmerken. „Ambulanz und so."
    Worum geht's denn?"
    „Üm meinen Freund

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