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Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition)

Titel: Herr Mozart wacht auf: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Baronsky
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sicherer wurde.
     
    Adrians Begrüßung war herzlich, und auch die beiden anderen Musiker verhielten sich gerade so, als träfe man sich unter Freunden, um nichts als eine legere Hausmusik zu veranstalten.
    Verwundert, dass niemand Noten bei sich trug, drehte Wolfgang den Klavierhocker nach oben, probierte die Sitzhöhe und schraubte angelegentlich weiter.
    Adrian lehnte behutsam seinen Bass gegen einen Pfeiler. »Der Georg hat vorgeschlagen, dass wir heute nur Sachen spielen mit Farben im Titel, alles außer Blau, weil er sonst das Kotzen kriegt hier drin. Ich bin dabei.«
    »Hey, das war doch bloß Spaß.« Der Mann, den Adrian Georg genannt hatte, saß auf einem Stuhl am Rande des Podiums, hatte seinen Pulloverärmel über den Handballen gezogen und polierte damit seine Trompete.
    »Na und, ist doch lustig. Also, Vorschläge?«
    Alle schwiegen. Czerny schob ein Tablett über den Bühnenrand.
    »Black Coffee.«
Der dritte Musiker, der gerade seine Trommeln zusammenschraubte, sah mit schiefem Gesicht in die Runde.
    »Black Nile!«
    »Schwarzbraun ist die Haselnuss.«
    Georg stöhnte. »Hört auf, Leute, das wird nix.«
    »Mood Indigo.«
Adrian verzog den Mund zu einem breiten Grinsen.
    »Spielverderber.
Wenn der weiße Flieder wieder blüht

    Adrian wackelte mit den Hüften, griff in seinen Bass und begann im Falsett zu singen: »Mein kleiner grüner Kaktus …«
    »Ihr spinnt doch alle, macht halt, was ihr wollt.« Georg nickte Wolfgang zu. »Dann spielen wir beide jetzt eben
Black Nile
! Okay?«
    Wolfgang lächelte in die Runde, verbeugte sich andeutungsweise. »Ich bitte sehr, meine Herren, es scheint mir, dass in dieser Runde ein jeder in der Kunst des freien Spieles sich befleißigen möge, was auch mir ein wahres Vergnügen sein will, sobald nur jemand ein winziges Fitzelchen, ein fitzeliges Taktchen, ein taktvolles Winzelchen davon vortragen möge, so werde ich mich gewiss hineinfinden.«
    Wolfgang bemerkte den Blick, den der Trompeter zu Adrian schickte.
    »Wie ist denn der drauf?«
    Adrian hob beschwichtigend die Hand, begann leise einen Takt zu zischen und zupfte eine Tonfolge, sofort fiel der Schlagzeuger ein und schabte mit seinem Besen einen herrlich schrägen Rhythmus über die Trommeln. Fasziniert nickte Wolfgang und setzte die Melodie, kaum dass er sie erfasst hatte, hauchzart und leise dazu, griff mit der linken Hand einen Kontrapunkt, den er übermütig im Takt versetzte und bald hierhin, bald dorthin wandern ließ. Schließlich übergab er an den Trompeter, begleitete dessen Spiel, und so ging es reihum, ein jeder trat für eine Weile mit seinem Instrument hervor, bis sich alles wieder zu einem Ganzen fügte.
    Wolfgang spürte, dass sich seine Wangen röteten, schlug immer kühnere Kapriolen wie ein Kind den Purzelbaum, und ihm war, als berste er an der Fülle der Ideen, die das Spiel ihm eingab. Mit dem Schlussakkord warf er den Kopf in den Nacken und stieß einen Jauchzer aus.
    Obwohl das Lokal voll war, nahm Wolfgang die dunklen Silhouetten im blauen Dämmerlicht kaum wahr, dieBühne war zu einem hellen Raum geworden, aus dem er mit den drei Musikern seine Töne in die Nacht sandte. Sie spielten weitere Stücke, die sie abwechselnd vorgaben, bis Wolfgang an der Reihe war.
    »Nun … meine Herren …« Wolfgang fuhr mit Schwung auf dem Klavierhocker Karussell und deutete jedes Mal, wenn er an den Tasten vorbeiflog, einen Takt des am Nachmittag aufgeschriebenen Solos an. »Ich hatte unlängst einen Einfall, indes ich ihn jedoch für eine andere, nämliche Sache, in der ich engagieret bin, verwenden konnte, habe ich ihn für Sie nicht notiert.« Fragend sah Wolfgang in die Runde.
    Georg runzelte die Stirn, doch Adrian griff seinen Bass und zupfte eine Basslinie dazu. »Bisschen strange, aber warum nicht. Also gut, mach mal weiter.«
    Und Wolfgang führte das Thema durch jenen faszinierenden Rhythmus, der seinen ganzen Körper erfasste, gab eine weitere Stimme hinzu, dann noch eine, eine vierte und fünfte und jagte eine jede hinter der anderen drein, ließ sie sich verwickeln und wieder entflechten, sich aufbäumen und innehalten, um den anderen Gelegenheit zum Einsatz zu geben. Doch niemand fiel ein, es wurde still im Lokal, längst war auch Adrian verstummt, und Wolfgang fuhr fort, setzte immer neue Höhepunkte, die er in der gleichen Weise gegeneinanderstellte, wie der Rhythmus es mit den Takten tat.
    Als er geendet hatte, brandete Beifall auf, Rufe kamen aus dem Publikum, und er hörte

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