Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
dieser Reihenfolge. Eine schwarz weiße Kugel schießt heraus und fegt einmal komplett durch das ganze Haus, als gehöre es ihr. Dieser Hund hat keinerlei Berührungsängste und offensichtlich auch keinen Respekt vor dem Hab und Gut anderer Leute.
Irgendwie fühle ich mich belästigt.
Luna findet es toll.
2. Tag | Sonntag
Auf einer weiten Runde durch den Hildener Stadtwald notiert der Oberaufsichthabende: Der Kandidat hat keine nennens werten Probleme mit Hunden, Pferden, Walkern, Radlern und Joggern. Des Weiteren bleibt er freundlich, wenn Luna angesichts entgegenkommender Artgenossen die Nerven verliert.
Die Münsterländerhälfte bricht an der Schleppleine aus und zickzackt eine Hasenspur entlang. Die Terrierhälfte dreht nach fünf Metern von selber um, weil sie sofort begriffen hat, dass die Leine zu Ende ist.
Bauch trifft Kopf!
3. Tag | Montag
Nach dem ersten Probewochenende kann ich mir tatsächlich vorstellen, die eventuelle Jagdtriebigkeit in Kauf zu nehmen. Vielleicht schlägt er aus der Art und jagt nicht? Das soll es geben!
Es macht große Freude, die beiden beim Balgen zu beobachten. Von Wickie kommt kein einziges Quieken, wenn vierzig Kilo Luna mit Kawumm auf ihn hüpfen, sondern nur ein be geistertes Jaa, gib’s mir! Luna lässt ihm sehr viel durchgehen. Nur wenn er fauchend an ihrem Hals nagt, gibt es einen Einlauf.
Allerdings einen freundlichen.
Nach unseren Spaziergängen fällt es mir zunehmend schwe rer, Wickie abends wieder im Tierheim abzugeben. Der kleine Kerl wächst mir ans Herz.
Wickie sieht das pragmatischer. Sobald wir auf den Hof biegen und er seine Frau Hagedorn mit dem Futternapf sieht, guckt er mich mit dem Arsch nicht mehr an.
Treulose Tomate!
4. Tag | Dienstag
Als ich ins Tierheim komme, ist Wickie nicht mehr da!
Frau Hagedorn muss ihn suchen. Sie bleibt lange weg.
Bevor ich Schnappatmung kriege, stellt sich heraus, dass er nur versetzt worden ist. Er bewohnt jetzt den Zwinger neben Bronco. Als er mich sieht, freut er sich wie Bolle und macht aus lauter Übermut einen mächtig dicken belgischen Schäferhund an. Frau Hagedorn meint nur trocken, er habe heute wohl in der Kaba-Dose übernachtet, Kaba mache groß und stark.
Als wir zu zweit auf dem Bänkchen vor dem Büro sitzen, schleicht eine Katze auf Wickie zu. Er lässt sie bis auf zehn Zentimeter herankommen. Sie zeigt ihm die Krallen. Wickie beobachtet sie neugierig und macht keinerlei Anstalten, in den Jagdmodus zu wechseln.
War wohl doch kein Kaba.
5. Tag | Mittwoch
An der linken, vorderen Ecke des Freilaufs befindet sich ein Budelloch, das normalerweise von einem Sonnenschirmständer aus Beton verdeckt wird. Heute ist der Ständer verschwunden. Wickie kriegt das spitz, wühlt sich blitzschnell unter dem Zaun durch und will stiften gehen. Frau Hagedorn fängt ihn ein und bringt ihn zappelnd zu Luna zurück.
Am Abend schreibe ich eine E-Mail an Elmar, in dessen Rudel sich eine Jackrussellmünsterländerin namens Lotte befindet. Die Antwort lässt nicht lange auf sich warten: »Bis zum Alter von zweieinhalb Jahren hättest du nicht mit mir tauschen mögen! Gedanklich haben meine Frau und ich Lotte mehrfach pro Tag an die Wand geklatscht, nachts hat sie dann aber doch immer im Bett geschlafen. Dieses absolute Energiebündel hat von morgens bis abends nichts als Unsinn im Kopf und ist letztendlich unser teuerster Hund. Dieser Blick … einfach magisch! Vor allem, wenn er dich aus einem zwanzig Zentimeter tiefen Loch trifft, das der Hund in den letzten zwei Stunden fein säuberlich in deine Couch genagt und gebuddelt hat, und jede Menge Polsterwatte und nach Farben sortierte Garnfäden in der Stube liegen.«
Ich weiß nicht recht, ob es das ist, was ich lesen wollte.
6. Tag | Donnerstag
Wir holen Wickie schneeweiß ab und geben ihn anderthalb Stunden später, wenn Wald, Luna, Schlamm und Beißwurst mit ihm fertig sind, matschbraun zurück. Wickie ist ein fröhlicher Hund, der sich schnell mit neuen Gegebenheiten arrangiert. Er findet immer etwas, worauf er sich freuen kann, auch im Tierheim. Klappert Frau Hagedorn mit dem Napf, bin ich abgemeldet.
Nur heute nicht. Heute stürmt er nicht wie ein Taifun zu seiner Frau Hagedorn, sondern dreht sich in der Tür um und sieht mir zum Abschied nach.
7. Tag | Freitag
Mit einem halben Münsterländer durch den Wald zu marschieren, ist praktisch. Immer, wenn Wickie Wild wittert, bleibt er stehen und hebt die Pfote. Dann weiß ich, dass ich Luna anleinen
Weitere Kostenlose Bücher