Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
vollends verstorbener Früherauchhundegehabthaber unterbreitete. Umgehend kürte ich diesen Ratschlag zu meiner Lieblingsmaßnahme und empfehle ihn gerne allen Hundebesitzern, die ebenfalls Probleme mit ihren Krawallmäusen haben: »Wissen Sie, wenn ich mit meiner Rüdin spazieren gehe, führe ich in einer Einwegspritze immer etwas Eigenurin mit. Wenn sie markiert, markiere ich einfach darüber. Rüdinnen brauchen straffe Führung. Sie können das Zeugs auch in eine Wasserpistole füllen. Es gibt heutzutage Pumpguns, die spritzen fünfundzwanzig Meter weit. Mit Ersatzmagazin!«
Spätestens an dieser Stelle sucht der widerwillig Beratene entweder die Notrufnummer der nächsten Psychiatrie oder sein Heil in der Flucht. Worauf meine Rüdin keifend in die Leine springt und seinem Hund unmissverständlich klarmacht, dass das ihr Wald, ihre Luft, ihre miese Laune ist!
Schon treten fünfundzwanzig Krauses kopfschüttelnd hinter den Bäumen hervor und weisen mit anklagender Miene auf meinen leinenzerrenden Hund. Noch nie etwas von Leinenführigkeit gehört, was? Auf meine Frage, wie die am besten zu bewerkstelligen sei, zeigen sie einen bunten Strauß an Therapiemöglichkeiten auf. Wie üblich in Hundeerziehungsfragen herrscht glasklare Einigkeit.
Wenn Ihr Hund an der Leine zieht, dann sollten Sie …
• … sofort stehen bleiben.
• … in die entgegengesetzte Richtung laufen.
• … Schleifen und Achten gehen.
• … massiv an der Leine rucken.
• … durch ein Zuppeln einen leichten Leinenimpuls geben.
• … dem Hund mit einem Ausfallschritt den Raum nehmen
und Ksst machen.
• … einen gelben Schlauch werfen und Kscht machen.
• … eine Disc vor den Hund werfen.
• … eine Klapperdose hinter den Hund werfen.
• … eine Moxonleine verwenden.
• … mit einem Halti arbeiten.
• … das Kommando Fuß neu aufbauen.
• … die Anweisung Langsam etablieren.
• … den Hund sehr, sehr freundlich bitten, das Zerren zu
unterlassen.
• … mit Leckerchen arbeiten.
• … mit Jokerleckerchen arbeiten.
• … eine Scheibe Blutwurst in den Mund nehmen und mit
dem Kommando Schau verknüpfen.
• … klare Hausregeln einführen, weil er Sie nicht als Chef
akzeptiert.
• … klickern, wenn er nicht an der Leine zieht.
• … den Hund mit einer einladenden Körperbewegung mit
sich führen.
• … sich frontal vor ihm aufbauen und ihn zurückdrängen.
• … ein Geschirr statt eines Halsbands verwenden.
• … ein Halsband statt eines Geschirrs verwenden.
• … ihn auf gar keinen Fall positiv bestärken.
• … einfach schneller laufen als Ihr Hund.
In der T-Bar wird die Gesprächsführung schwierig. Der Wirt legt AC/DC auf, eine miserable Live-Version von Hells Bells , vermutlich ein sündhaft teures Bootleg. Man hört nichts als Geräusch. Und Glockenschläge! Die Glockenschläge begleitet der Wirt mit begeisterten Kugelschreiberhieben auf den Zapfhahn.
»Ihr denkt doch sowieso über einen Zweithund nach«, schreit Peter. »Vielleicht mutiert Luna ja zum Lamm, wenn ihr einen N 3 dazuholt.«
»Ich hätte lieber einen X 5 «, sagt Juppi und pickt suchend in den Oliven herum. »Oder einen Q 7 .«
»Wir haben vier Wochen lang kleine Hunde gesucht und besichtigt und sind so schlau wie vorher«, sage ich. »Acht hatten wir uns ursprünglich ausgeguckt. Drei waren schon weg. Der vierte war ein falsch fotografierter Riese. Drei haben wir mit Luna besucht, aber das hat aus vielerlei Gründen nicht gepasst.«
»Und der achte?«, fragt Walter
»Bei dem waren wir vorgestern. Der sitzt in Solingen-Glü der im Tierheim. Ein fliegengewichtiger Nasenflummimix aus St. Widerborst an der Leckmich. Ich hab’s aber nicht eilig. Ein Jagdhundmischling kommt mir sowieso nicht ins Haus.«
Allein schon die Beschreibung auf der Tierheimseite ist eine einzige Warnung mit ganz vielen Ausrufezeichen: Der einjährige Wickie ist wie sein Namensgeber, der kleine Wikinger, ein sehr aufgewecktes Kerlchen und hat auch immer neue Ideen. Wie junge Hunde nun mal so sind, muss er noch sehr viel für sein weiteres Leben lernen. Er versteht sich mit Katzen und auch mit so ziemlich jedem anderen Hund. Wickie ist in einer Familie mit Kindern aufgewachsen, allerdings sollten diese nicht allzu klein sein, da er noch sehr übermütig ist und es dort eventuell gelegentlich zu Missverständnissen kommen könnte.
Verbindlichsten Dank. Auf gelegentliche Missverständnisse mit einem pubertierenden jagdtriebigen
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