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Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten

Titel: Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Frey Dodillet
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die Herrschaften ihr Naturtalent in ein brandneues System gießen und auf dem Erziehungsmarkt feilbieten. System hat der unsichere Halter gern. System ist praktisch. System riecht nach unangestrengter Problembeseitigung durch Knöpfchendrücken.
    Ich wünsche mir im Namen aller Krawallmausgeplagten: Schaut unsere Hunde genauer an! Stülpt nicht wahllos Systeme über sie. Schreibt keine Bücher, in denen sämtliche Probleme von Inkontinenz und Beißwut über Jagdtrieb und Leinenaggression bis hin zu Verlustangst, Reiseübelkeit und Möbelkauen mit einem PFRZ und einem Abschnappen kuriert werden.
    Oder mit Pscht.
    Oder Klick.
    Oder Schlauch.
    Und am allerwichtigsten: Gebt uns Otto Normalhundehaltern nicht immer das Gefühl, strohdoofe Loser zu sein, weil wir Welchesproblemauchimmer nicht umgehend in den Griff bekommen. Wir haben eure Ausstrahlung nicht. Wir sind keine Naturtalente. Wir werden niemals welche werden. Dafür sind wir Weltmeister im Hundaufdercouchknuddeln und Allesfünfmalsagen. Für euer Verständnis schon mal herzlichen Dank und von hier aus einen schönen Gruß.
    Der Briard ist da. Luna vibriert vertraut. Mir bleiben noch fünf Sekunden, bevor sich meine Schmusebacke in einen Atompilz verwandelt. Beherzt stemme ich die Hand in die Hüfte, mache meinen Ausfallschritt und herrsche Luna an: KSST!
    Sie setzt sich verdutzt auf den Hintern.
    Der Briard passiert ungemobbt.
    Ich bin sprachlos. Kann das Hundeleben so einfach sein? Sollte ich mir zum ersten Mal doch einen Krausenamen merken müssen? Maike Maja Nowak, die mit dem Hund tanzt? Die alles von russischen Dorfhunden gelernt hat? Die wissen offensichtlich mächtig Bescheid. Zur Hölle mit Trumlers Wild hunden, Blochs Wölfen und Rütters Dingos. Jetzt kommt der russische Dorfhundstyle.
    Nun ist es ja so, dass im Hundehalterleben auf Euphorie umgehend Dämpfung folgt. Bei mir in Form von Fritz, dem Golden Retriever, der uns drei Minuten später entgegenwatschelt. Luna macht den Puma, und mir wird schlagartig klar, dass sie vorher nur deshalb so verdutzt reagierte, weil ich in unserem siebenjährigen Beisammensein noch kein einziges Mal so albern vor ihr herumhampelte wie gerade eben. Was bei der eleganten Frau Nowak souverän daherkommt und unbändigen Führungswillen dokumentiert, sieht bei einem Otto Normalhundehalter wie mir einfach nur aus wie zwitschernder Storch im Salat.
    Fritz brummt wie ein Sechszylinder.
    Hepp! Ich mache den russischen Ausfallschritt und zische KSST .
    Luna kümmert sich nicht weiter darum. Sie rennt mir einfach durch die Beine und steigt hinter meinem Rücken in die Leine wie Fury. Die Leine scheuert am Gemächt. Ich ächze. Mein Hund krakeelt. Da ich Luna perfekt lesen kann, weiß ich, was das bedeutet. Es bedeutet: Von so einem Obertrottel wie dir lasse ich mir doch nicht den Raum nehmen. Schon gar nicht, wenn’s interessant wird.
    »Na warte, du Saubär!«, fauche ich mit hochrotem Kopf, als ich die Lage wieder unter Kontrolle habe und dem vor Lachen zusammenbrechenden Fritzherrchen nachblicke. Luna guckt mich an und wedelt freundlich mit dem Schwanz.

    »Es gibt einen neuen Jack Russell im Viertel«, sage ich. »Den durften wir gerade kennenlernen.«
    »Gehört der dem alten Herrn aus der Fünfzehn?«, fragt Stella und verscheucht Luna, die im Staudenbeet einen Platz zum Pinkeln sucht.
    »Ich weiß nicht, ob Hund und Herr in der Fünfzehn wohnen«, sage ich. »Jedenfalls läuft der Hund mächtig weit voraus und sucht Streit, und der Herr kommt nicht hinterher.«
    »Ich finde es beruhigend, dass es bei anderen auch nicht immer rundläuft.«
    »Nicht rundläuft ist gut. Bei den beiden ist eine mächtig schwere Unwucht drin.«
    Wiki saust hinter Luna her und belästigt sie unsittlich. Beide verschwinden hinter dem roten Gartenhäuschen.
    »Der ist aber wieder anhänglich«, sagt Stella und blickt den beiden nach.
    »Jedenfalls musste ich mir den wilden Jackie greifen, damit nichts passiert. Ich habe ihn wie ein Handtäschchen hochgehoben, so hoch, dass Luna nicht drankam, und dann haben wir geduldig gewartet, bis das Herrchen da war. Der war hundert Meter hinter seinem Temperamentsbolzen mit dem Rollator unterwegs. Danach erfolgte eine unspektakuläre Übergabe in einer Höhe von ungefähr ein Meter fünfzig. Der Herr hat sich sehr nett bedankt und den Jackie am Rollator festgemacht. Dann wackelte das Wahnsinnsgespann weiter.«
    »Ein Hubschrauber angeleint am Rollator. Au Backe!«
    Hinter dem Gartenhäuschen donnert es.

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