Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
Bumerang, nur dass er nicht umdreht.
Sekunden später rast uns ein Vizslarüde entgegen, schnappt sich das Holz und linst kritisch in meine Richtung. Ich halte an und freue mich, dass ich Wiki dabeihabe und nicht Luna.
Mein Wald! Mein Stock! Mein Vizsla!
Der Rüde wird von irgendwo hinter der Kurve abgerufen. Wiki und ich nehmen wieder Fahrt auf und passieren die beiden Apportiersportler. In dem Moment sagt der Mensch zum Hund: »Stefan, machmasiiitz.«
Geht das überhaupt?
Darf man einen Vizslarüden Stefan nennen?
Gibt es dagegen nicht Gesetze?
Luisa sagt, es gäbe keine. Sie beherbergt und verpflegt einen Rüden namens Rüdiger, ist also Expertin in wunderlicher Namensgebung. Birgit meint, eigentlich sei Rüdiger gar kein Name, sondern eine Steigerungsform: rüde, rüdiger, am rüdigsten.
Eine Schnellumfrage auf Facebook bringt Erschütterndes an den Tag: In der vierbeinigen Krawallmausgemeinde tum meln sich Geschöpfe namens Beate, Arthur, Gudrun, Malte, ein Weibchen namens Rudi, Herr Mengelkoch, Adele, Brigitte, Helene, Claudia, Dörte, Franz-Josef, Heidi, dreimal Rüdiger, einmal sogar mit Heinz Bindestrich, und Uschi.
Sehnen wir uns nach den ordentlichen Zeiten zurück, wo der Schäferhund Rex hieß, der Teckel Waldmann und alle anderen Bello?
Aber ja!
Abenddämmerung im Neandertal. Luna droht wieder die Nerven zu verlieren. Wie kann es angehen, dass um diese Zeit im Neandertal, ach was, in Deutschland, noch ein anderer Hund spazieren geht?
Sie nimmt Pumastellung ein und den Briard aufs Korn.
Gäbe es in der Hundeschule Kopfnoten für Verhalten und Betragen, meine Hündin hätte eine glatte Sechs. Und eine ebenso glatte Eins in sozialer Inkompetenz und Mobbing von Schwächeren. Will to please ist ein Begriff, den sie sehr eigenwillig interpretiert: Wer mir nicht gefällt, kriegt was auf die Fresse. Als der liebe Gott mit Testosteron um sich geschmissen hat, hat diese Hündin zweimal »Hier!« gerufen. Der unschuldige Briard ist noch zwanzig Meter entfernt. Madame trägt mittlerweile eine fürstliche Bürste. Ich bin die Ruhe selbst. Weiß ich doch ganz genau, wie ich mich zu verhalten habe, denn am Hundeerziehungshimmel ist ein neuer Stern aufgegangen! Eine neue Krause beglückt uns, die wir im Tal der Ahnungslosen wandeln. Ich habe die YouTube-Videos geguckt, das Buch gelesen, die Rezensionen verschlungen, zutiefst dank bare Schüler im Fernsehen weinen sehen.
Und so wird’s gemacht: Hand in die Hüfte stemmen, Ausfallschritt mit Drehung um hundertachtzig Grad, dem Hund den Raum nehmen, KSST zischen!
Bei der neuen Krause sieht das super aus. Bei Krauses sieht überhaupt alles super aus. Die Krauses nehmen deinen Hund und bringen ihn mühelos dazu, Dinge zu tun, die er bei dir noch nie gemacht hat.
Der Gipfel der Hundehalterfrustration!
Ich kenne keinen, der ihn nicht schon erklommen hätte.
Ich habe dazu eine Theorie entwickelt. Ich behaupte, es liegt daran, dass Hundetrainer geborene Führungspersönlichkeiten sind. Die guten sowieso – und die schlechten erst recht! Noch die miserabelsten unter ihnen stolzieren mit meterbreitem Kreuz durch ihre Jagdgründe. Ohne mit der Wimper zu zucken, stellen sie sich ausbildungslos, vor Halbwissen strotzend vor die Meute und rufen:
»Problemhundehalter, mir nach! Ich zeig euch jetzt mal, wie das funktioniert!«
Schaut man sich die mehr oder minder bekannten Hundetrainer aus Funk und Fernsehen an, stellt man auch da schnell fest: alles echte Typen! Der Rütter wickelt in seinen Audienzen spielend dreitausend Gläubige um den Finger. Der Bloch hat an jedem Zeh einen Wolf und einen Pizzahund hängen. Der Fichtlmeier Anton tritt so eindrucksvoll kernig auf wie der Förster vom Silberwald. Und wenn der Schlegel gegen die Würschtlifraktion wettert, schwört man auf der Stelle, in seinem ganzen Leben niemals auch nur ein einziges Gramm Lyoner gewürfelt zu haben.
Diese Naturtalente schauen unsere Hunde einmal kurz von der Seite an und nehmen anschließend sofort Huldigungen von ihnen entgegen: »Was darf es sein, großer Meister? Sit z ? Plat z ? Fu ß ? Kaninchen ignorieren? Postboten schonen? Weltfrieden?«
Mensch, hat mich das früher gefuchst! Mit den Jahren jedoch hat sich Gelassenheit eingestellt, Haltersweisheit quasi. Ich habe mich damit abgefunden. Aus meiner Hundehalterkrone bricht kein einziger Zacken, wenn meine Krawallmaus angesichts so viel natürlicher Autorität zum pazifistischen Rehlein wird.
Problematisch wird es allerdings, wenn
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