Herrchenglück: Vom Chaos auf acht Pfoten
haben, mit zitternden Fingern ihr Notizbuch füllen und das Geschriebene hinterher nicht mehr lesen können. Anders kann ich es mir nicht erklären, dass in dem Artikel später nicht der durchtrainierte, sensationell gut aussehende, fabelhaft frisierte, gewinnend lächelnde Endvierziger steht, sondern eine äußerst grenzwertige Formulierung, die an Dickmops mit albernem Siebzigerjahrestyling erinnert: stattlicher Werbetexter mit Meckifrisur.
»Ich bin nicht stattlich«, sage ich. »Helmut Kohl ist stattlich. Oder Hagrid. Aber ich nicht.«
»Ihr werdet sehen, Wiki wird noch ein Heiliger«, sagt Juppi. »Wie oft habt ihr die Rappeldose eigentlich eingesetzt?«
»Ein einziges Mal!«, sage ich. »Die Kuchennummer war das erste und letzte Scharmützel, an dem zu Hause die Dose geflogen ist. Seither müssen wir noch nicht mal mehr an ihr rütteln.«
An den Saftsack hier im Haus!
Hör jetzt gut zu, du alte Radaurassel! Wenn ich oben im Büro Kundengespräche führe, dann will ich unten in der Küche Ruhe haben. Ruhe heißt, da bellt nix, möppert nix, zickt nix. Und vor allem scheppert kein Zwetschgenkuchenblech auf die Fliesen! Und schon gar nicht ist hinterher der halbe Zwetschgenkuchen weg!
UND WO WIR GERADE DABEI SIND: Nur eine Woche nach der Zwetschgenkuchenabmahnung die Backofentür aufzustemmen, bis zum Arsch hineinzukriechen und sich den frisch gebackenen, abkühlenden Apfelkuchen reinzupfeifen, ist ein fristloser Kündigungsgrund!
Und zwar nicht, weil du fauchst wie ein Maserati, wenn man wie ein Gewitter über dich kommt. Auch nicht, weil du mit Leib und Leben die Kuchenruinen verteidigen willst. Und erst recht nicht wegen dieser verheerenden Obstfurzerei später am Abend.
Sondern einzig und allein aufgrund der Tatsache, dass du der Hand, die dich nährt, von einem Fünftelquadratmeter saftigen
Apfelkuchens nur die knochentrockenen Teigränder übrig lässt! So! Und jetzt gehe ich in den Keller und fresse deine Rinderohren!
Es wäre schön, wenn zart formulierte Briefe an Hunde Ver haltensänderungen bewirkten. Das tun sie aber nicht. Als Wiki mit dem Kopf im Backofen steckt und Apfelkuchen frisst, falle ich über ihn her wie eine Furie. Wie Granaten schlagen direkt neben ihm die rappelnde Pilsdose, der blecherne Futternapf und der stählerne Trinknapf ein. Mein Kuchenkrieger macht einen Satz bis unter die Decke und schnellt unter den Küchentisch.
Ich zische leise: »Aus!«
Wiki sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an. Ich höre förmlich, wie die Wurstrappelszene auf Birgits Hundeplatz in seiner Birne rotiert. Dann spuckt er mir mit Todesverachtung einen angekauten Apfelschnitz vor die Füße.
Am selben Tag noch stibitzt er einen Büstenhalter, ein Stück Kreide und ein Döschen Vaseline. Die Kreide und die Vaseline gibt er sofort frei, sobald das Kommando Aus das Terrieröhrchen erreicht. Beim BH dauert es etwas länger. Den möchte er gerne behalten. Als er damit an mir vorbeiflitzen will und ich Aus sage, bremst er und sieht mich an. Die Zähnchen um den Träger bleiben fest geschlossen. Ich sage noch einmal Aus . Er setzt sich mitsamt seiner Beute vor mich und schmiegt sich an meine Beine. Es ist ein so toller BH , sagt sein Blick, ich würde ihn dir ja gerne geben, ich kann aber nicht. Aus! Na gut. Wiki legt das Dessous so vorsichtig auf die Fliesen, als wäre es ein rohes Ei.
In den folgenden drei Tagen diskutiert er mit mir auf ähnliche Weise wegen eines Lederriemens, eines riesigen Pferdeapfels und einer toten Taube ohne Kopf. Was sonst mit einem Aus! erledigt ist, braucht bei diesen besonderen Beutestücken drei Aus! Aber er gibt sie mir jedes Mal.
Sogar die Taube!
DIE TAUBE!!!
Ich bin so stolz auf diesen wunderbaren kleinen Superhund, dass ich alle Kekse, die ich gerade in der Tasche trage, so freudig in ihn hineinstopfe, dass er mit dem Kauen kaum noch nachkommt.
Damit ist die Geschichte vom widerspenstigen Wiki zu Ende. Er heiratet eine Prinzessin, renoviert das Schloss seines Schwiegervaters, und alle leben glücklich bis ans Ende ihrer Tage.
Wer’s glaubt!
Schafe kommen bei uns nicht in den Topf, sondern haben Namen. Lieschen und Paula halten frühlings, sommers und herbs tens unseren Rasen schön kurz und verbringen den Winter im Wellnessbereich eines befreundeten Schafscherers. Sie wiegen zusammen hundertfünfzig Kilo und können prima im Koffer raum eines Renault Kangoo transportiert werden. An einem sonnigen Tag im Frühling hole ich die beiden wieder zu uns auf die
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