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Herrentier

Herrentier

Titel: Herrentier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Joseph
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durch den Raum. »Dann wurde er Unternehmer. Anfangs lief es sogar gut. Aber er konnte nicht mit Geld umgehen. Familie, Autos, Haus, Reisen, das kostet. Aber weißt du, was ihm wirklich zum Verhängnis wurde?«
    Evelyn, die ruhig zugehört hatte, schüttelte den Kopf. »Ich bin sicher, du wirst es mir gleich sagen«, zischte sie.
    »Die Steuergeschenke von Vater Staat, Sonderabschreibungen, Stundungen. Alles Dinge, die einen den Kopf kosten können, wenn man nicht langfristig die Folgen im Auge behält. Der einfache Mann richtet sich ein, dass er wenig Steuern bezahlt und denkt, das bleibt so und dann nach ein paar Jahren kommt das Finanzamt und sagt, da ist eine Nachzahlung von 20 000 Euro für das vorletzte Jahr und noch eine in derselben Höhe für das letzte, da die Vorauszahlungen nicht angepasst wurden. Und weil es so schön ist, hätten wir auch gern noch eine Anpassung der Vorauszahlungen für dieses Jahr, aber alles bitte schön bis übernächsten Monat. 60 000 Euro. Da wird man leicht schon mal panisch.« Dann lachte er. »Und wenn man schon auf einem Misthaufen ausrutscht, dann kann man doch gleich auch noch mit dem Gesicht hineinfallen. Wollte das Bauamt doch kürzlich von ihm wissen, wer seine Dachterrasse und seinen Swimmingpool genehmigt hatte? Huch!« Professor Kramer tat gespielt überrascht.
    »Oh, lass mich raten. Das war nicht zufällig zu dem Zeitpunkt, als du von den Plänen des Erweiterungsbaus erfahren hast? Du wusstest, wie es um Schwarck steht und dann jagst du auch noch die Meute auf ihn, um ihm den Todesstoß zu versetzen und vollends ins Unglück zu stoßen.«
    »Hinterhältig, oder?« Kramer lachte vergnügt und sah auf die Uhr. »Wozu so ein einmal billig verkauftes Grundstück doch gut ist. Dann hatte ich im Segelclub gegenüber Schwarck nur einmal erwähnt, dass es für Baumaßnahmen des Zoos eine schwarze Kasse mit etwa 220 000 Euro gibt, von deren Existenz außer uns beiden niemand weiß.«
    »Du bist ein …«, sie suchte nach dem passenden Ausdruck, doch er schnitt ihr das Wort ab.
    »Ach Evelyn, denk nicht, dass ich ihm gesagt hätte, er solle dich erpressen, da ist er von ganz allein drauf gekommen.« Er wiegte den Kopf hin und her. »Man sieht es daran, was daraus geworden ist. Er hat es vermasselt und nun haben wir alle mehr Probleme als zuvor.«
    »Er ist tot!«
    »Oh Gott ja, ich hab ihn gesehen. Ein Anblick, von dem ich heute noch träume.«
    »Du bist so ein zynisches, selbstsüchtiges Dreckschwein!«
    »Ich bitte dich, Evelyn, doch nicht in diesem Ton!«, ermahnte er sie. Dabei trat er ein Stück näher an sie heran, sodass er von oben zu ihr herab sprach. »Selbstsüchtig? Das aus deinem Munde? Du hast dich doch genauso von mir kaufen lassen wie die Landgräfe.«
    »Das ist nicht wahr. Das Geld war nicht für mich, es war für den Zoo«, fauchte sie zurück.
    »Ach, Madame Moralapostel. Das Geld war sehr wohl für dich, für deinen Ruhm und deine Anerkennung. Ohne das entsprechende Eigenkapital hättest du das ganze Projekt vergessen können. Das Land hätte dir ohne meine Hilfe niemals öffentliche Gelder bewilligt. Und für das  Darwineum  schien es dir legitim auch mal das Gesetz zu biegen.«
    »Ich wusste nicht, dass du mit den Spendengeldern an irgendwelchen Börsen spekulierst. Als du es mir sagtest, war es bereits zu spät.«
    »Es hat dich aber auch nicht interessiert, weil der Markt ja wie von Zauberhand hübsche Gewinne abgeworfen hat. Du hast dich dahinter versteckt, dass es nicht für dich privat war, aber das war dennoch illegal, du böse, böse Jugendsünderin, du. Du hättest die Bürgerschaft um Erlaubnis fragen müssen«, sagte Kramer mit amüsiertem Unterton, während er sie mit dem Pistolenlauf fast aufmunternd anstupste.
    »Ich habe dir vertraut.«
    »Du hast mir vertraut, dass ich das für dich erledige. Alles andere war dir egal.« In seiner Stimme zeichnete sich Enttäuschung ab. Er ging nun langsam um sie herum, wie ein Polizist den Tatverdächtigen im Verhör umkreist.
    »Das ist nicht wahr«, widersprach Evelyn.
    »Eines muss ich dir lassen«, fuhr er mit ruhiger Stimme fort. »Deine Zielstrebigkeit habe ich über all die Jahre bewundert. Ich habe oft gedacht, dass wir uns sehr ähnlich sind, wie zwei Könige beim Schach werfen wir beide unsere kleinen Bauern und Offiziere in die Schlacht. Bereit, sie jederzeit zu opfern. Einzig und allein, damit wir obsiegen. Doch jetzt …«, er blieb hinter ihr stehen, während er eine effektvolle Pause

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