Herrin der Falken
es einen Weg gibt, soll er sein Leben im Exil zu Ende leben.«
Caryls Stimme bebte. »Ich weiß, du wirst tun, was ehrenhaft ist, Onkel.«
»Wenn ihr jetzt alle mit eurem Liebesfest fertig seid«, fiel Jandria gereizt ein, »möchte ich diesen Mann verbinden, damit er uns das Frühstück nicht vollblutet!«
Orain grinste sie an. »So schlimm verletzt bin ich nicht. Der Mann verstand sein Handwerk so gut wie ein Feldscher. Wenigstens hat er es schnell getan. Doch man sagte mir…«, er erschauerte. »Du bist gerade noch rechtzeitig gekommen, Romilly.“
Er nahm ihre Hand in seine nicht verbundene. »Ich kann dich nicht heiraten, Kind. Es liegt nicht in meiner Natur. Carolins Erlaubnis vorausgesetzt, werde ich dich jedoch mit meinem Sohn verloben«, und er blickte zu Alderic hoch. »Ich sehe schon, daß er bereit dazu ist.«
»Und nichts würde mir größere Freude machen.« Ruyven trat näher und lächelte Alderic an.
»Also abgemacht!« rief Orain. Romilly riß sich entrüstet los. »Und ich soll dazu gar nichts zu sagen haben?« fragte sie. Ihre Hand fuhr an das Ohr, von dem der Ohrring losgerissen worden war. »Bis zum Ende des Jahres bin ich noch der Schwesternschaft verpflichtet. Und dann…«, ein bißchen nervös grinste sie Alderic und Ruyven an. »Ich habe eingesehen, daß mein Laran, so gut es sein mag, immer noch nicht richtig ausgebildet ist, sonst wäre ich besser damit zurechtgekommen. Es ließ mich auf dem Schlachtfeld im Stich, als Sonnenstern getötet wurde. Ich bin beinahe gestorben, weil ich mein Ich nicht abzutrennen verstand. Wenn man mich nimmt«, ihr Blick wanderte von Ruyven zu Alderic, »werde ich in einen Turm gehen und mein Laran beherrschen lernen, damit es nicht mich beherrscht. Und dann muß ich Frieden mit meinem Vater und meiner Stiefmutter schließen. Und dann«, nun bedachte sie Alderic mit einem zitterigen Lächeln, »dann werde ich mich vielleicht gut genug kennen, um zu wissen, ob ich dich heiraten will – oder überhaupt jemanden, mein Lord.«
»Gesprochen wie eine Schwertfrau«, lobte Jandria. Romilly hörte es kaum. Alderic seufzte. Er nahm ihre Hand. »Und wenn all das geschehen ist«, sagte er leise, »werde ich deine Entscheidung erwarten, Romilly.«
Sie drückte seine Hand, nur für einen Augenblick. Sie war sich nicht sicher, doch sie fürchtete sich nicht mehr. »Mein Lord«, wandte sie sich an Carolin, »erlaubt Ihr mir, Euren Verwandten in das Zelt der Schwertfrauen zu bringen und ihm eine Hose auszuleihen?« Sie sah Caryl an, der verlegen errötete und hinzusetzte: »Bitte, Onkel. Ich… ich kann mich der Armee doch nicht in einem Nachtgewand zeigen.«
Carolin lachte. »Tut, was Ihr wünscht, Falkenmeisterin. Ihr seid mir treu gewesen, und solche liebe ich. Und wenn Ihr Eure Pflicht gegenüber Eurem Laran und Euren Eltern und dem Mann, der Euch heiraten möchte, erfüllt habt, erwarte ich, daß Ihr zu uns nach Hali zurückkehrt.« Er drehte sich um und ergriff Mauras Hand. »Ich habe dir gelobt, wir würden unser Mittsommerfest in Hali feiern, stimmt’s? Und im nächsten Mond ist Mittsommer. Wenn es Euch Freude macht, Lady – ich hatte daran gedacht, die Hochzeit der Falkenmeisterin zur gleichen Zeit stattfinden zu lassen wie die ihrer Königin. Aber darauf können wir warten.« Er lachte fröhlich. »Ein solcher Tyrann bin ich nicht. Doch du, Romilly, wirst eines Tages die Falkenmeisterin des regierenden Königs sein, wie du die Falkenmeisterin des verbannten König warst.«
Romilly verbeugte sich. »Ich danke Euch, Sir.« Aber ihre Gedanken wanderten ihr voraus und suchten bereits die Mauern des Turms von Tramontana.
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