Herrscher der Eisenzeit
dem Weggang der Römer ändert sich auch nur dieser Klientenstatus. Die Hauptstadt des Königreichs Dumnonia ist Isca , das heutige Exeter.
Im Westen hätten die Römer Wales zwar gern völlig in die Provinz Britannia einverleibt, haben diesen Wunschtraum aber nie in die Realität umsetzen können. Sicher wurden viele Gemeinschaften zum Teil gewaltsam unterworfen, und natürlich gab es etliche Garnisonen der römischen Legionen in der Region. Doch von einer vollständigen Unterwerfung waren die Römer weit entfernt gewesen. Neben der den Kelten innewohnenden Renitenz gegenüber Eroberern jeglicher Herkunft spielte dabei auch immer die schwer zugängliche Landschaft eine wichtige Rolle. Und wer heute zum Beispiel die Brecon Beacons bereist, der wird bemerken, dass es schon allein wettertechnisch durchaus angenehmere Flecken gibt.
An der walisischen Südküste liegt das kleine Königreich Gwent . Sein Kerngebiet ist das Tal des Flusses Severn, die Heimat der Silures.
D yfed ist das ehemalige Stammesterritorium der Demetae, die sich nie durch besondere Römerfreundlichkeit ausgezeichnet haben. So ist es auch nicht ganz zufällig, dass sie zwar durchweg Kelten sind, dass ihre Führungskaste zur Zeit des Abzugs der Römer jedoch nicht aus ihren eigenen Reihen stammt. Der Grund dafür liegt im Norden. Gegen Ende des 4. Jahrhunderts sieht sich das Herrschaftshaus der Gododdin konfrontiert mit dem Einfall einer fremden Kriegeraristokratie, die sich selbst Féni nennt und aus Irland stammt. Durch Intervention der römischen Verwaltung gelingt ein für die damalige Zeit bemerkenswertes diplomatisches Meisterstück. Die Féni müssen das Territorium der Gododdin verlassen. Allerdings gehen sie nicht zurück nach Irland, sondern ihnen wird von Rom neues Siedlungsgebiet innerhalb der Provinz zugewiesen, in einem Teil, dessen Bevölkerung in römischen Augen schon immer als schwierig galt: Nord- und Südwestwales. In Dyfed nutzen die Féni ihre militärische Überlegenheit aus und übernehmen die Herrschaft. Der letzte Schlag eines sterbenden Roms gegen ein letztlich unbesiegtes Wales.
In der bergigen Region von Nordwales liegt Powys , das Königreich der Cornovii , regiert vom ehemals römerfreundlichen König Cuneglas. Für den bricht nach dem Abzug seiner Schutzherren eine harte Zeit an, da er nun für den Schutz seiner Untertanen selbst sorgen muss.
Im Nordwesten von Wales leben schließlich die Ordovices. Ihr Königreich trägt den Namen der regierenden Dynastie: Gwynedd . Allerdings hat es das Schicksal Dyfeds geteilt und steht zum Zeitpunkt des römischen Abzugs ebenfalls unter der Herrschaft der irischen Féni . Und doch wird es unsterblich. Den Ordovices haftet der Ruf des Bösen an, dementsprechend verbindet man sie mit dem Sinnbild des Bösen: dem Drachen Maglocunnus. Derselbe, der bis heute als roter Drache in der grün-weißen Flagge von Wales überlebt hat (s. Farbbildteil Abb. 35).
Das ehemalige römische Britannia ist zu Beginn des 5. Jahrhunderts also ein Patchwork aus unabhängigen, mehr oder wenigerstarken Herrschaftssphären. Rom hinterlässt auf der britischen Hauptinsel darüber hinaus zwei Regionen, die nie unterworfen wurden: das schottische Hochland und Cornwall. Hier haben die keltischen Gemeinschaften annähernd ungestört die Jahrhunderte überdauert. Doch nach dem Wegfall der römischen Militärpräsenz liegt die gesamte Insel offen da für die, die ihr ab jetzt ein neues Gesicht geben werden: Angeln, Sachsen, Jüten und nicht zu vergessen, die »Seeräuber«.
Einige warten jedoch nicht, bis die drohende Gefahr zur Realität wird.
Die ewig Renitenten
Als im Jahr 469 n. Chr. der weströmische Kaiser Anthemius in einem verzweifelten Versuch des Widerstands Truppen gegen die Westgoten aushebt, kann er schon bald große Kontingente Britannier zu seinen Streitkräften zählen. Nun wäre das noch nicht einmal so ungewöhnlich – hätte die Truppenaushebung in Britannien und nicht in Gallien stattgefunden. Tausende britannische Krieger, vermutlich ehemalige Hilfstruppen der Römer, haben fast unmittelbar nach dem Abzug der Römer auf der Suche nach Engagement als Söldner ihre Heimat verlassen und sich auf der anderen Seite des Ärmelkanals angesiedelt.
Es ist dagegen weder existenzielle Not noch Abenteuerlust, die auch viele Kleinadlige dazu bewegt, die Nachbarschaft von desillusionierten Romanogalliern und unbekannten Westgoten der heranrückenden Angeln und Sachsen auf der Britischen Insel
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