Herrscher der Eisenzeit
Auftakt. 794 ziehen sie plündernd durch Britannien. Mehrere Klöster im Norden – darunter auch Iona – werden überfallen. 798 erfolgt der erste massive Angriff in Irland. Das Kloster auf St. Patricks Island bei Dublin wird niedergebrannt, der Schrein zerstört. Hier gehen die Wikinger noch weiter: Sie erheben von der umliegenden Bevölkerung einen Tribut.
802 brennt Iona erneut, doch die Klosterinsassen entscheiden sich zu bleiben. Eine fatale Entscheidung, denn 806 kehren die Wikinger zurück und ermorden 68 Mönche. Erst jetzt entscheiden sich die Überlebenden, den von Colum Cille 250 Jahren zuvor gegründeten heiligen Ort aufzugeben und nach Irland überzusiedeln, nach Kells. Der Ort ist nicht von ungefähr gewählt. Er befindet sich zum einen 35 Kilometer von der Küste entfernt, und darüber hinaus in der Provinz Midhe , also in unmittelbarer Nachbarschaft des Königssitzes der Uí Néill, Tara.
Die Überfälle der Wikinger nehmen zu. Bis 823 ist die gesamte irische Küstenlinie betroffen. 824 kommt es zu einem weiterentraurigen Höhepunkt, als das Inselkloster Sceilg angegriffen wird und der Abt in der Gefangenschaft der Wikinger verhungert und verdurstet.
Der Verlust der Menschen, die Zerstörung der Klöster, das alles ist schon schlimm genug. Doch während die Wikinger Gold, Silber und Edelsteine sowie Vieh und andere Vorräte einfach nur wegschleppen, haben die schreib- und leseunkundigen Heiden keinerlei Verwendung für die prachtvollen Manuskripte. Viele von ihnen enden als Brennmaterial für die Feuer der Plünderer.
Die Wikinger kommen in schnellen Schiffen mit kleinen, schwer bewaffneten Kriegerbanden. Dem einen wirksamen Widerstand entgegenzusetzen ist außerordentlich schwierig. Dennoch können die Iren ab 811 einige Erfolge feiern. Einige der Raubzüge der Wikinger enden mit deren völligen Vernichtung. Auch andere kleine Veränderungen zeigen Wirkung. Man beginnt, die Kirchen aus Stein zu bauen, so dass sie nicht mehr komplett nieder gebrannt werden können. Außerdem ist das späte 8. und frühe 9. Jahrhundert die Zeit, in der steinerne Rundtürme als Ausguck entstehen, von denen aus man das Meer nach herannahenden Wikingerschiffen absuchen kann.
Haben sich die Einwohner Irlands etwas weiter im Landesinneren noch halbwegs sicher gefühlt, so ist das mit dem Jahr 836 vorbei. Die Küstenregionen sind inzwischen so ausgeblutet, dass die Wikinger beginnen, Vorstöße in das irische Hinterland zu unternehmen. Sie ziehen mit ihren Schiffen die Flüsse Shannon, Boyne, Erne und Liffey hinauf. Eine große Streitmacht überwintert 840 am See Loch Neagh, begleitet von Plünderungen der umliegenden Klöster. Den folgenden Winter verbringen die Eindringlinge in Dublin. Doch von nun an lernen die Wikinger eine neue Seite an den christlichen Mönchen kennen.
Einige Klostervorsteher wie der Abt von Terryglass und Clonenagh sowie der zweite Abt von Kildare bewaffnen ihre Mönche, stellen sich gegen die Wikinger – und finden den Tod. Das ruft jedoch endlich die Förderer der Klöster, die irischen Provinzkönige undStammesführer, auf den Plan. Als sie eingreifen, kehrt sich das Bild um. Langsam aber sicher werden die Wikinger zurückgedrängt, obwohl zwischen 849 und 851 Verstärkung aus Norwegen anrückt. Zwischen 860 und 880 hören die Raubzüge in Irland auf und die Wikinger widmen sich stattdessen der britischen Hauptinsel.
Das heißt jedoch nicht, dass sich die »Ostmänner« aus Irland zurückziehen. Im Gegenteil. Sie errichten bereits Anfang des 9. Jahrhunderts befestigte Ausgangsbasen für ihre Raubzüge, die in den folgenden Jahrzehnten zu den ersten wirklichen Städten Irlands heranwachsen. Die bedeutendsten sind Dublin, Waterford und Wexford, in strategisch wichtigen Lagen an den Mündungen großer Flüsse.
Halten eine fremde Kriegermacht in Irland, die Verwüstung der Stätten des Glaubens, der Künste und der Wissenschaft die Clans und Königsfamilien von ihren internen Zwisten ab? Natürlich nicht, und so geschieht das angesichts der keltischen Mentalität Unvermeidliche: Lokale Herrscher alliieren sich mit den Wikingern und nutzen deren militärische Stärke zur Durchsetzung ihrer eigenen Interessen. Die erste Allianz dieser Art ist bereits aus dem Jahr 842 überliefert, und über die folgenden 20 Jahre werden sie gang und gäbe. Kein Wunder, dass sich die Wikinger schon bald recht heimisch in Irland fühlen.
Doch dieses warme Gefühl findet ein abruptes Ende, als die Uí Néill ab
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