Herrscher der Eisenzeit
bemalt. Kann man es sich leisten, seine Waffe regelmäßig warten zu lassen, dann trägt man auch aufwändige Metallbeschläge in die Schlacht. Die prachtvollsten Schilde, mit wertvollen filigranen Beschlägen und Einlegearbeiten, mit Bronze überzogen oder gar ganz aus Bronze bestehende Ausführungen, sind dagegen ausschließlich als Prunkwaffen gedacht (s. Farbbildteil Abb. 12). Man kann sich vorstellen, mit welchem Unverständnis die im 3. vorchristlichen Jahrhundert nach Makedonien und Griechenland vordringenden Kelten die einheimischen Soldaten beobachten, die ihre prächtigen Schilde nicht nur bis zur Schlacht in Leinwände hüllen, sondern sich diese Waffen auch noch von Sklaven bis auf das Schlachtfeld tragen lassen. Welcher keltische Krieger würde zulassen, dass seine Waffen von einem Angehörigen der niedrigsten Gesellschaftsschicht auch nur berührt werden?
Im 5. Jahrhundert v. Chr. ist das Eisenschwert noch Luxus. Doch schon bald gehört es zur Standardausrüstung eines keltischen Kriegers. Zu Anfang sind die Klingen noch kurz, im Durchschnitt 40 bis 50 Zentimeter lang. Das gefürchtete eiserne Langschwert mit einer Klingenlänge von 70 bis 80 Zentimetern kommt erst ab Mitte des 3. vorchristlichen Jahrhunderts in Gebrauch. Erst zu dieser Zeit ist die Technologie der Eisenbearbeitung so weit fortgeschritten, dass das Material dem modernen Stahl mit all seinen guten Eigenschaften schon sehr nahe kommt. Zwar beschreibt der griechische Geschichtsschreiber Polybius Schlachtszenen, in denen die Schwerter der Kelten angeblich so schlecht waren, dass sie beim ersten Schlag bereits verbogen und die Krieger gezwungen waren, den Kampf zu unterbrechen, das Schwert mit der Spitze in den Boden zu stemmen und mit den Füßen wieder gerade zu biegen. Die gefundenen keltischen Langschwerter der mittleren bis späten La-Tène-Zeit sind jedoch von ausgezeichneter Qualität und denen der Griechen und Römer durchaus ebenbürtig, wenn nicht sogar überlegen. Handwerklich betrachtet sind einige dieser Schwerter Meisterleistungen der Waffenschmiedekunst, die zum Teil aus mehr als 70 Einzelteilen bestehen (s. die Rekonstruktion eines Schwerts im Farbbildteil Abb. 11).
Auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar, in der Praxis dagegen erfolgreich getestet: Der keltische Krieger trägt sein Schwert auf der rechten Seite und zieht es auch mit der rechten Hand. Es steckt dabei meist in einer kunstvoll verarbeiteten Scheide und hängt entweder an einem Hüftgürtel oder in einem Schultergehänge (s. keltische Krieger im Farbbildteil Abb. 13).
Das Schwert stellt in der Kriegergesellschaft einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Bedarfs dar, und so entstehen bald unzählige lokale Werkstätten und damit unendlich viele Variationen desselben Grundmodells. Die Waffenschmiede sind begehrte Handwerker und erlangen bald einen Status, der sie einem unteren Rang des heiligen Standes gleichsetzt. Sie nehmen auch an heiligen Riten der Stämme (wie zum Beispiel einer Kriegerweihe) teil. Diejenigen, die die höchsten Sphären der Meisterschaft erreicht haben, erhalten die Erlaubnis, die Schwerter (außer mit Verzierungen und magischen Symbolen) auch mit einem eigenen Kennzeichen, quasi einem Logo, zu versehen.
Eine Besonderheit sei hervorgehoben. Bei den Keltiberern im heutigen Spanien entwickeln die Handwerker eine Schwertvariante, die die Römer im 2. Jahrhundert v. Chr. unter dem Namen falcata kennen- und vor allem fürchten lernen. Diese extrem schwere Hiebwaffe hat die Form einer leicht gebogenen Machete mit breiter, gebogener Klinge, ist etwa einen halben Meter lang und zerschmetterte den Erzählungen zufolge alles, was ihr in den Weg kam: Helme, Rüstungen und Schilde. Einzelne Berichte, nach denen mit einem einzigen Hieb der Arm eines Legionärs samt Schulter abgetrennt wurde, dürfen dabei durchaus als glaubwürdig eingestuft werden.
Die meisten keltischen Krieger kämpfen ohne Rüstungen. Erst ungefähr um 300 v. Chr. macht ein keltischer Schmied eine bahnbrechende Erfindung, die über viele Jahrhunderte hinweg das Bild der Kriegerschaft prägen wird und aus dem Klischeebild eines Kreuzritters nicht mehr wegzudenken ist: das Kettenhemd. Die aufwändige Machart lässt es annähernd unerschwinglich werden, und so wird das gute Stück gehütet, gepflegt und von Generation zu Generation weitervererbt. Trotz seiner 15 Kilogramm Gewicht erweist es sich im Kampf als derart praktisch, dass es von vielen späteren Heeren übernommen wird,
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