Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
Ahnung von der Macht der Worte bekommen.
Spuki bahnte sich vorsichtig einen Weg zum vorderen Teil der Menge, die den Ersten Bürger beobachtete. Er wurde herumgeschubst, aber niemand erhob die Stimme gegen ihn. Ein Blinder, der sich mitten in der Menge befand, war leicht zu übersehen – und wer übersehen wurde, konnte überallhin gehen. Nach einigen vorsichtigen Manövern hatte Spuki sich in die vorderste Reihe geschoben und war kaum eine Armeslänge vom Ersten Bürger entfernt.
Der Mann roch nach Rauch. »Ich verstehe, gute Frau«, sagte der Erste Bürger gerade, während er die Hände einer älteren Frau hielt. »Aber dein Enkel wird da gebraucht, wo er arbeitet: auf dem Feld. Ohne ihn und seinesgleichen hätten wir nichts zu essen! Eine Nation, die von den Skaa regiert wird, muss auch Skaa haben, die für sie arbeiten. «
»Aber … kann er denn nicht wenigstens mal kurz nach Hause kommen?«, fragte die Frau.
»Alles zu seiner Zeit, gute Frau«, antwortete der Erste Bürger. »Alles zu seiner Zeit.« Er war mit seiner scharlachroten Uniform der einzige Farbklecks auf der Straße, und Spuki bemerkte, dass er den Mann anstarrte. Er riss den Blick von ihm und manövrierte sich weiter vor, denn der Erste Bürger war nicht sein Ziel.
Wie gewöhnlich stand Beldre neben ihm. Immer sah sie zu, nie handelte sie. Der Erste Bürger war so dynamisch, dass man seine Schwester leicht vergaß. Spuki konnte gut nachvollziehen, wie sie sich dabei fühlte. Er ließ es zu, dass ihn ein Soldat vom Ersten Bürger wegstieß. Dieser Stoß brachte Spuki unmittelbar neben Beldre. Sie duftete ganz schwach nach Parfüm.
Ich dachte, das ist verboten.
Was hätte Kelsier jetzt getan? Vermutlich hätte er angegriffen und den Ersten Bürger einfach getötet. Oder er hätte sich auf andere Weise gegen den Mann gewandt. Kelsier hätte es nicht zugelassen, dass so etwas Schreckliches geschah – er hätte gehandelt.
Vielleicht hätte er jemanden, dem der Erste Bürger vertraute, zu seinem Verbündeten gemacht.
Spuki spürte, wie sein Herz – das ihm jetzt immer so laut erschien – noch heftiger schlug. Die Menge setzte sich wieder in Bewegung, und er ließ es zu, dass er dabei gegen Beldre geschoben wurde. Die Wächter sahen nicht hin – sie hatten ihre ganze Aufmerksamkeit auf den Ersten Bürger und seine Sicherheit gerichtet, wo doch so viele Menschen in der Nähe waren.
»Dein Bruder«, flüsterte Spuki ihr ins Ohr, »findet er seine Morde gut?«
Sie wirbelte herum, und zum ersten Mal bemerkte er, dass ihre Augen grün waren. Er befand sich mitten in der Menschenmasse und ließ sich von ihr forttragen, während sie nach ihm Ausschau hielt und herauszufinden versuchte, wer zu ihr gesprochen hatte. Die Menge, die ihrem Bruder folgte, trug Spuki weg von ihr.
Spuki wartete eine kurze Zeit, wurde dabei von einem Meer von Ellbogen gestupst. Dann manövrierte er sich wieder vorwärts und bahnte sich mit sanfter Gewalt einen Weg durch die Menge, bis er abermals neben Beldre stand.
»Glaubst du, das ist etwas anderes als das, was der Oberste
Herrscher getan hat?«, flüsterte er. »Ich habe einmal zugesehen, wie er wahllos Menschen zusammengetrieben hat und sie auf dem Marktplatz von Luthadel hat hinrichten lassen.«
Erneut drehte sie sich rasch um und entdeckte schließlich Spuki in der vorwärts drängenden Menge. Er stand reglos da und begegnete ihrem Blick trotz seines Verbandes. Menschen traten zwischen sie, und Beldre wurde von ihnen weggeschwemmt.
Ihr Mund bewegte sich. Nur jemand mit vom Zinn geschärften Sinnen konnte die Worte erkennen, die sich auf ihren Lippen bildeten.
»Wer bist du?«
Er kämpfte sich noch einmal durch die Menge. Anscheinend wollte der Erste Bürger weiter voran eine große Rede halten und sich die beständig anwachsende Menge zunutze machen. Die Leute drängten sich um das Podest in der Mitte des Marktplatzes; es wurde immer schwieriger, sich einen Weg durch sie hindurch zu bahnen.
Spuki erreichte sie, aber er spürte, wie die Menge ihn wieder forttreiben wollte. Also streckte er den Arm zwischen zwei Schaulustigen aus, packte Beldre bei der Hand und zog an ihrem Gelenk, so dass sie nicht mehr mit der wogenden Menge dahintreiben konnte. Natürlich versuchte sie sich zu befreien, aber sie stieß keinen Schrei aus. Die Menge bewegte sich um die beiden herum, und Beldre begegnete dem Blick seiner verbundenen Augen.
»Wer bist du?«, fragte Beldre noch einmal. Obwohl er nahe genug bei ihr stand, um
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