Herz an Herz mit dem Boss?
hereingekommen, wie eine Erscheinung, die plötzlich aus der Eiseskälte hervorgetreten war. Ryan zählte eins und eins zusammen.
„Warum kannst du ihn nicht hängen lassen?“, fragte er in beiläufigem Ton und ging zur Kaffeemaschine. Er reichte Jamie ihre Tasse, die sie abwesend entgegennahm.
„Es ist sehr schwer für ihn“, begann sie und sah zu, wie Ryan mit seinem Schreibtischstuhl unangenehm nah an sie heranrollte. So nah, dass sich ihre Knie fast berührten.
„Das musst du näher erklären!“
„Er gibt sein Bestes. Und sie ist nicht gerade einfach. Er ist ruhig und freundlich, aber sie …“
„Ruhig und freundlich“, wiederholte Ryan nachdenklich.
„Das muss er sein. Er ist Tierarzt.“
„Du hast bei ihm gearbeitet, oder?“
Jamie sagte abwehrend: „Ja, aber das ist Ewigkeiten her. Aber er redet gerne mit mir. Ich glaube, das hilft ihm.“
„Er redet gerne mit dir, weil du eine ausgebildete Eheberaterin bist?“ Ryan merkte, dass er diesen Mann nicht leiden konnte. Er kannte solche Typen – nette, fürsorgliche, freundliche Typen, die sich nichts dabei dachten, jeden Dummen auszunutzen, der sich um sie kümmerte.
„Nein, Ryan, ich bin keine ausgebildete Eheberaterin, aber ich höre ihm zu und versuche, ihm konstruktiven Rat zu geben.“
„Aber du hast den beiden nicht den konstruktiven Rat gegeben, zu verschwinden, weil sie dir das Leben zur Hölle machen. Und ich nehme an, dass es deiner Mutter nicht gefallen würde, wenn sie wüsste, dass du deiner Schwester deine Lebensqualität opferst.“
„Es sind eben nicht alle Menschen egoistisch.“
„Ich würde eher sagen, praktisch. Warum bist du weggegangen?“
„Wie bitte?“
„Warum hast du die Praxis mit dem freundlichen Tierarzt verlassen?“
„Oh.“ Jamie spürte, wie sie knallrot wurde, während sie nach einer geeigneten Antwort suchte.
„Lag es am Wetter?“, fragte Ryan, während er seine eigenen Schlüsse zog.
„Ich … äh … ja, auch. Und außerdem … Jessica war alt genug, alleine klarzukommen, und ich fand, dass es Zeit wurde, zu neuen Ufern aufzubrechen.“
„Nachdem deine Schwester den Tierarzt geheiratet hat.“
„Genau. Mit ihm gab es jemanden, der sich um sie kümmert.“
„Und nun empfindest du eine Art Mitgefühl für diesen Ritter, der dich vor deiner Schwester gerettet hat?“, riet Ryan und sah sie prüfend an. Sie hatte ein bemerkenswert ausdrucksvolles Gesicht, und er fragte sich, warum ihm das nicht früher aufgefallen war.
„Könntest du bitte damit aufhören, mich über Greg auszufragen?“
Ryan musste sie nicht fragen, warum – er wusste es. War sie tatsächlich in diesen Typen verliebt gewesen? Natürlich. Es stand ihr quasi ins Gesicht geschrieben. Und das war natürlich auch der Grund, warum sie aufgehört hatte, bei ihm zu arbeiten. Ob sie miteinander geschlafen hatten? Dieser Gedanke gefiel Ryan ganz und gar nicht. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass diese Überlegungen seine Gedanken in eine ganz bestimmte Richtung lenkten.
Der Kuss, den sie ihm gegeben hatte, dieser Kuss, der ihn seit zwei Tagen beschäftigte, war in etwas begründet, das wesentlich weniger angenehm war als eine Frau, die ein bisschen zu viel getrunken hatte und sich zum ersten Mal anders benahm als sonst.
Sie hatte Greg gesehen, und Greg hatte sie gesehen, und sie hatte sich dem ältesten Bedürfnis der Welt hingegeben. Dem Bedürfnis, einen anderen Mann eifersüchtig zu machen.
Hatte sie dem Herrn Tierarzt zeigen wollen, was er verpasste? Das unangenehme Gefühl, benutzt worden zu sein, stieg in Ryan auf. Es war eine Empfindung, die er nicht kannte. Sie hatte den Vorfall unter den Teppich kehren wollen. Und was ihn betraf, so wollte er gern einen Besen nehmen und ihr dabei helfen.
„Er hat sonst niemanden, mit dem er reden kann“, sagte Jamie schließlich. „Er ist Einzelkind, und ich glaube, seine Eltern waren ohnehin nie begeistert davon, dass er Jessica geheiratet hat. Also kann er sie nicht um Rat fragen. Und da ich Jessicas Schwester bin und sie sehr gut kenne, wendet er sich eben an mich.“
„Und welche weisen Ratschläge konntest du ihm geben?“, fragte Ryan mit ungewollt schneidender Stimme, was Jamie jedoch kaum zu bemerken schien. Sie war, so nahm er an, gedanklich viel zu sehr mit ihrem ehemaligen Liebhaber beschäftigt. Zwar beklagte sie sich darüber, dass die beiden ihr Haus eingenommen hatten, aber in Wirklichkeit genoss sie es wahrscheinlich.
„Ich habe ihm gesagt, dass er
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