Herz des Winters (German Edition)
geschildert werden. Die strahlende Heldin Daena Kirjath, die sich selbst fast mit schlechtem Essen vergiftet, vor einem Bauern davonläuft und nicht einmal die richtige Straße finden kann. Bekannt vermutlich durch den spektakulären Unfall, bei dem sie in einem Waschbottich ertrinkt. Ja, das wäre wohl ein passendes Ende.
Klassenbeste – was für ein Unsinn. Nicht zum ersten Mal wünschte ich mir, diese unglückselige Akademie nie von innen gesehen zu haben. Etwas zu beherrschen bedeutet nicht, es gerne zu tun oder gut zu heißen. So oft habe ich Mitschüler hinter meinem Rücken sagen hören, ich wäre besessen von dem Gedanken an Kampf und könne es kaum erwarten, in den Krieg zu ziehen. Ich wünschte, sie wären damit im Recht gewesen, so würde mir vermutlich so einiges weitaus leichter fallen.
Wie in aller Welt soll ich der Akademie Ruhm bringen und das Geld für meine Ausbildung zurückbezahlen? Als ob es so einfach wäre, als ob man einfach von der Welt mit offenen Armen empfangen würde, sobald man einen Fuß in sie setzt. Aber hatte ich das nicht auch noch vor nicht allzu langer Zeit gedacht? Wie hätte ich es auch besser wissen sollen, es wurde immer als selbstverständlich betrachtet, dass wir uns erfolgreich in großen Schlachten schlagen würden und mit unserem reichen Söldnerlohn unsere Schulden begleichen würden. Bisher hatte ich nicht ein einziges Kupferstück verdient, im Gegenteil, ich war ärmer als vor Antritt meiner Reise, und da hatte ich schon wenig gehabt.
Vor mir ein Baum. Und hinter mir. Ich drehte mich einmal um die eigene Achse. Wie hätte es auch anders sein können – der Weg war verschwunden, nicht der kleinste Pfad war auf dem Boden auszumachen. Und wieder in einem Wald verlaufen, langsam wurde ich wirklich gut darin, mich in solche Situationen zu bringen. Missmutig brach ich durch das Unterholz, ohne mir dabei Gedanken um die eingeschlagene Richtung zu machen. Bei meinem Glück lief ich vermutlich ohnehin schon seit Stunden im Kreis. Um dem Ganzen die Krone aufzusetzen, begannen auch noch bald darauf, die ersten Tropfen zu fallen.
Als ich gegen Abend schließlich auf einen schmiedeisernen Zaun stieß, der scheinbar eine Lichtung abgrenzte, war das Gewitter bereits in vollem Gange und ich bis auf die Haut durchnässt. Die Sträucher drängten von beiden Seiten so nah an das Gitter heran, dass ich es im blitzdurchzuckten Dämmerlicht kaum klar erkennen konnte. Aber immerhin, es war ein Zaun und demnach musste er etwas umschließen, selbst wenn es nur ein Schuppen war. Aber Schmiedeeisen für einen Schuppen? Vielleicht ein Herrensitz?
Ich folgte dem Verlauf des Zaunes, was aufgrund des wirren Gebüsches nicht immer leicht war, und stand nach einiger Zeit vor einer Öffnung, die durch einen umgestürzten Baum geschaffen worden war. Als ich einen Blick durch das Gitter warf, war mein vorübergehender Optimismus wie weggeblasen. Jede Illusion eines wärmenden Kaminfeuers, eines weichen Bettes und einer warmen Mahlzeit zerplatzte.
Es war ein Friedhof. Ein kalter, uralter, finsterer und verlassener Friedhof. Die Grabsteine waren mit Moos und Flechten bewachsen, sodass ihre Inschriften kaum noch lesbar waren. Hatte die Straße etwa hierhin geführt? Schwer zu sagen, ich konnte auch meilenweit von ihr entfernt sein. Es waren hier auch keine Anzeichen für einen ehemaligen Wegverlauf zu erkennen. Andererseits machte das Unwetter nicht den Eindruck, als würde es bald nachlassen.
Sollte ich auf dem Friedhof übernachten? Oder lieber im Wald? Ich hielt mich bisher eigentlich nie für einen abergläubischen Menschen, doch sonderlich wohl war mir in der Nähe dieser verfallenen Gräber nicht. In letzter Zeit hatte ich so oft die Nacht im Wald verbracht, dass mir diese Gefahren weit weniger bedrohlich erschienen als die des Friedhofes. Aber ich wollte nicht fortgehen, ohne zumindest überprüft zu haben, ob dort ein trockener Unterschlupf zu finden war.
Also nahm ich all meinen Mut zusammen und ging weiter in den Friedhof hinein. Angst, ich? Ich war eine Kriegerin, ich würde alles und jeden erschlagen, der es wagte, sich mir in den Weg zu stellen! Mit gezogenem Schwert schritt ich langsam die Gräberreihen ab und versuchte in jedem Schatten genaue Formen auszumachen.
Weit abseits des Areals zeichnete sich dann doch noch ein Gebäude ab. Als ich näher kam, konnte ich es als ein schlicht gehaltenes Mausoleum identifizieren. Der Eingang war von zwei Säulen gesäumt, die Tür selbst
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