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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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Schläge hörten auf und Roselynne sank erschöpft auf den Sattel zurück. Unter halb gesenkten Wimpern beobachtete sie die beiden Männer, die vor ihr standen. Sie versuchte sich an den Namen des anderen zu erinnern. Irgendetwas mit MacDonald, sie hießen alle ziemlich ähnlich, diese Schotten. Aber dieser war so etwas wie der Schatten von Robert Duncan.
    Den Grafen selbst hatte sie noch nie mit dieser Miene absoluter Verwirrung gesehen. Galt das ihr und ihrem Befinden? Sie prüfte es mit einem leisen Seufzer und wurde mit einem neuerlichen Stirnrunzeln bedacht. Augenscheinlich war ihm an ihrem Wohlbefinden gelegen. Interessant^das zu wissen.
    »Wo bin ich? Warum habt Ihr mich hierher gebracht? Was wollt Ihr eigentlich von mir?«, fragte sie schließlich und erschrak selbst ein wenig über die heisere, stammelnde Stimme, die jetzt aus ihrem Mund kam. Sie räusperte sich und fügte die wichtigste Forderung an. »Ihr müsst mich auf der Stelle zum König zurückbringen.«
    »Unsinn! Vergesst den König. Ich nehme Euch mit nach Schottland!«, verkündete Robert Duncan und sah tatsächlich einen Moment so aus, als erwartete er, dass sie ihm dafür auch noch dankbar wäre. »Ihr werdet meine Gemahlin, Mädchen.«
    Roselynne starrte den Grafen aus weit aufgerissenen Augen so ungläubig an, dass es einer Beleidigung nahe kam. Er hatte den Verstand verloren. Einwandfrei. Eine andere Erklärung konnte es nicht geben.
    »Lieber sterbe ich! Wie könnt Ihr es wagen ...«, wisperte sie. Die nötigen Worte fehlten ihr, aber die Ablehnung war dennoch unmissverständlich.
    »Eine Dame von Rang und Geblüt aus Winchester zu entführen?«, half ihr MacDonald zwar unbeholfen, aber freundlich aus ihrer Sprachlosigkeit. »Das ist so Sitte bei uns in Kaledonien, wenn man ein Weib gegen den Willen seiner Familie zur Frau nehmen will. Ein Mann kann es nicht dulden, dass man ihm die Frau verweigert, die er haben möchte. Und wenn Euch erst der Priester vereint hat, wird kein Hahn mehr danach krähen, wie diese Ehe zustande kam. Sobald die Hochzeitsnacht vollzogen ist, gehört Ihr Eurem Gemahl.«
    Roselynne schluckte entsetzt. Ihr Hals schmerzte trotz des sauren Weins, und wenn sie den Versuch machte, sich zu bewegen, protestierte ihr ganzer Körper. Doch da waren zudem noch Stellen, welche die winzigen Stiche einer sinnlichen Verwundung signalisierten, die nichts mit dieser gemeinen Entführung zu tun hatte; das schwache Echo einer grundlegenden Veränderung in den Tiefen ihres Leibes, das noch eine andere, teure Erinnerung weckte.
    »Ihr könnt doch unmöglich annehmen, dass ich freiwillig Eure Gemahlin werde«, murmelte sie.
    »Freiwillig oder nicht, die Sache ist beschlossen. Was hast du denn erwartet?«, schnaubte der bullige Schotte in einer Mischung aus Zorn und Erbitterung und sparte sich die Floskeln höfischen Respekts. »Dass du mir wie all diesen anderen, weibischen Laffen deine Schönheit unter die Nase halten kannst, ohne dass ich versuche, sie mir zu nehmen? Wir Schotten sind Männer und keine Weichlinge. Die Sache ist klar, und sobald du dazu imstande bist, reiten wir weiter. Die Zeit drängt, und ich habe kein Bedürfnis, länger als nötig in König Rufus' Reich zu verweilen.«
    Roselynne schluckte stumm, wenngleich aus einem völlig anderen Grund. Sie entsann sich mittlerweile auch ihrer drängenden Gebete während der Morgenandacht. Sie hatte die Mutter Gottes angefleht, ihr einen Ausweg aus dem schlimmen Dilemma ihres Herzens zu weisen. Eine höhere Macht sollte verhindern, dass sie den Mann, dem sie sich mit Leib und Leben hingegeben hatte, an ihren König, dem sie Gehorsam geschworen hatte, verraten musste. Ihr verzweifelter Wunsch war erfüllt worden, wenngleich auf eine Weise, die sie in ihren kühnsten Träumen nicht für möglich gehalten hätte.
    Sie hatte beim besten Willen keine Gelegenheit mehr, Justin d'Amonceux zu schaden oder dem König von England zu helfen. Die brutale Dummheit des Schotten hatte ihr die Hände wirksam gebunden. Sie war für den einen keine Gefahr mehr und für den anderen keine Hilfe, wobei sie nicht einmal mehr entscheiden wollte, wem sie das eine oder das andere gewesen wäre.
    »Gütiger Himmel«, murmelte sie tonlos.
    Sie hatte um eine Lösung gebetet, aber doch nicht um völlige Ausweglosigkeit! Nicht um eine so verzweifelt radikale Änderung ihres ganzen Lebens! Mit einem Ruck richtete sie sich auf, aber sie sank augenblicklich wieder zurück, weil sich alles um sie drehte. Das Blut

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