Herz in Fesseln
Stimme wieder in den Griff zu bekommen, dann fügte sie hinzu: „Mein Vater ist zwar Schwede, aber ich bin in London geboren und aufgewachsen.“
Damon richtete sich halb auf und betrachtete sie interessiert. „Verstehen Sie sich gut mit Ihren Eltern?“
„Nicht besonders. Als ich dreizehn war, haben sie sich scheiden lassen und mich aufs Internat geschickt. Seitdem habe ich kaum noch Kontakt zu ihnen.“
Damon spürte deutlich, wie unangenehm Anna das Thema war, doch inzwischen war er zu neugierig geworden, um es so schnell wieder fallen zu lassen. „Es war doch sicher sehr schwierig für Sie, plötzlich aus Ihrer vertrauten Umgebung herausgerissen zu werden“, hakte er nach.
„Im Gegenteil, ich fand es wunderbar. Ich habe gelernt, auf eigenen Füßen zu stehen und mich auf mich selbst anstatt auf andere zu verlassen.“ Unvermittelt stand Anna auf, stopfte die leere Wasserflasche in ihre Tasche und zog den Reißverschluss zu. „Ich muss jetzt gehen“, erklärte sie in einem Tonfall, der Damon eindeutig signalisierte, dass sie keinen Wert auf seine Begleitung legte.
Ohne den Wink zu beachten, kam er mit einer geschmeidigen Bewegung auf die Füße und folgte ihr. Er erinnerte sich noch sehr gut daran, was für eine schwierige Zeit seine Schwester mit dreizehn durchgemacht hatte. Hätten seine Eltern sich damals scheiden lassen, wäre es eine Katastrophe für sie gewesen.
Zum Glück waren er und Tina in einer stabilen, harmonischen Familie aufgewachsen, in der die gegenseitige Liebe füreinander nie infrage gestanden hatte. Anna dagegen schien in ihrer Kindheit ganz andere Erfahrungen gemacht zu haben. Erfahrungen, die ihr möglicherweise emotionalen Schaden zugefügt und dafür gesorgt hatten, dass sie jetzt so vehement ihre Unabhängigkeit verteidigte.
Die zahlreichen Presseberichte über sie hatten ihm das Bild einer erfolgsverwöhnten, lebenshungrigen Frau vermittelt, die sich von einer Affäre in die nächste stürzte – vorzugsweise mit attraktiven jungen Schauspielern. Damon hatte kein Problem damit. Er war ebenfalls nicht an einer verbindlichen Beziehung interessiert und konnte es kaum erwarten, mit Anna das Bett zu teilen. Dennoch blieb ein ungutes Gefühl zurück. Er hatte eine Verletzlichkeit an ihr entdeckt, die zu seiner eigenen Überraschung den Wunsch in ihm erweckte, sie zu beschützen.
„Sind Sie ein Einzelkind oder gibt es noch mehr bezaubernde Christiansens, die die Modewelt im Sturm erobern wollen?“, fragte er in scherzhaftem Ton. Er wollte unbedingt mehr über sie erfahren.
Der Blick, den Anna ihm zuwarf, sagte deutlicher als alle Worte, wie sehr seine Hartnäckigkeit sie nervte. „Ich habe zwei Stiefschwestern, aber ich sehe sie kaum“, gab sie ihm kurz angebunden Auskunft.
Als Teenager war sie grenzenlos eifersüchtig auf die Töchter aus der zweiten Ehe ihres Vaters gewesen. Die Tatsache, dass er offenbar lieber mit ihnen als mit ihr zusammenlebte, hatte Anna zutiefst verletzt, sodass es bei ihren Besuchen dort immer wieder zu dramatischen Ausbrüchen gekommen war. Unfähig, mit seiner schwierigen Tochter umzugehen, hatte Lars Christiansen schließlich den Kontakt auf das absolute Minimum beschränkt.
„Und Ihr Vater lässt gar nichts mehr von sich hören?“
Anna zuckte die Schultern. „Ab und zu schreibt er mir eine Postkarte zu Weihnachten oder zum Geburtstag. Er lebt jetzt in Schweden und lässt sich gerade zum dritten Mal scheiden, während meine Mutter vor Kurzem zum dritten Mal geheiratet hat.“ Sie verzog das Gesicht. „Ehrlich gesagt, halte ich das ganze Konzept der Ehe für ziemlich unsinnig.“
Inzwischen hatten sie das Hauptgebäude des Sportzentrums erreicht.
„Vielleicht liegt es ja an den Erfahrungen Ihrer Eltern, dass Ihre eigenen Beziehungen nie länger als ein paar Wochen halten.“ Damon blieb stehen und betrachtete sie nachdenklich. „Wechseln Sie deshalb so häufig Ihre Partner?“
Das brachte das Fass zum Überlaufen.
„Sie sind wirklich der Letzte, der sich kritisch über ständig wechselnde Beziehungen äußern sollte, Damon“, stellte Anna scharf fest. Ihre blauen Augen sprühten vor Zorn. „Alle Welt weiß, dass Sie Ihre Freundinnen wie die Hemden wechseln, aber ich warne Sie: Mich werden Sie nie bekommen!“
Damit ließ sie ihn stehen und schritt zielstrebig auf die Um kleidekabinen zu. Bis jetzt war es ihr gelungen, einigermaßen die Fassung zu bewahren, doch als sie unter der Dusche stand und den harten Wasserstrahl auf ihren
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