Herz in Fesseln
erwartungsvoll die Lippen. All ihre Sinne schienen sich zu schärfen, während sie seinen verführerisch männlichen Duft wahrnahm und seinen warmen Atem auf ihrer Wange spürte …
Doch nichts geschah, bis der nüchterne Klang seiner Stimme sie unsanft in die Realität zurückbeförderte.
„Nun, wenn das so ist, muss ich mich wohl damit begnügen, Ihnen beim Training zuzuschauen.“
Ungläubig öffnete Anna die Augen und begegnete Damons undurchschaubarem Blick. Ihre Wangen brannten vor Scham und Demütigung, als er sie losließ und einen Schritt zurücktrat. Noch nie hatte sie eine so erniedrigende Situation erlebt. Sie hatte sich ihm offen angeboten, und er hatte sie kalt lächelnd zurückgewiesen.
„Verschwinden Sie, Damon, und lassen Sie mich ein für alle Mal in Ruhe“, brachte sie tonlos hervor. Dann wandte sie sich abrupt ab und rannte in einem Tempo davon, das sie unmöglich halten konnte, doch das war ihr egal. Sie konnte nur noch daran denken, möglichst schnell von diesem unerträglichen Menschen wegzukommen.
Während Damon ihr nachblickte und ihre endlos langen, gebräunten Beine bewunderte, spürte er ein beinah schmerzhaftes Ziehen in den Lenden. Je länger er Anna kannte, umso faszinierter war er von ihr. Auf den ersten Blick schien sie in jeder Hinsicht dem Bild des glamourösen Supermodels zu entsprechen, das die Medien von ihr zeichneten, aber allmählich begann er zu begreifen, dass sich dahinter eine weit kompliziertere Persönlichkeit verbarg. Längst nicht so weltgewandt, wie er erwartet hatte, erinnerte sie ihn eher an ein verschrecktes Fohlen, das jederzeit bereit war, die Flucht zu ergreifen, sobald ihm jemand zu nahe kam.
Sein Verstand riet ihm, die Finger von ihr zu lassen. Attraktive Blondinen gab es wie Sand am Meer, und er bevorzugte Frauen, die nur wenig emotionale Aufmerksamkeit brauchten. Aber im Laufe der vergangenen zwei Monate hatte Anna in einem Ausmaß Besitz von seinen Gedanken ergriffen, wie es bisher nur seine Familie und seine Arbeit vermocht hatten. Es war eine völlig neue und ziemlich beunruhigende Erfahrung für ihn, und so hatte er beschlossen, seinen Aufenthalt in England zu nutzen, um sein Begehren endlich zu befriedigen. Dass Anna ihm so heftigen Widerstand leisten würde, hatte er nicht erwartet, aber ihre Entschlossenheit, die unbestreitbare Anziehung zwischen ihnen zu ignorieren, verstärkte sein Interesse an ihr nur noch.
Tatsache war, dass er sie wollte.
Und wenn Damon Kouvaris etwas wollte, bekam er es für gewöhnlich auch.
3. KAPITEL
Anna rannte immer weiter, bis sie glaubte, ihr Herz würde gleich explodieren. Nach jeder beendeten Runde blickte sie zu der Stelle, an der sie ihre Sporttasche abgelegt hatte, und betete im Stillen, dass Damon nicht mehr da sein würde.
Doch ihre Hoffnungen wurden ein ums andere Mal enttäuscht. Wie ein Halbgott im Designeroutfit rekelte er sich träge im Gras und beobachtete ungerührt ihre Anstrengungen. Schließlich verlangsamte sie den Schritt und verließ die Aschenbahn. Ihre Beine fühlten sich wie Gummi an, und ihr Mund war so trocken, als wäre sie tagelang durch die Wüste marschiert.
Ohne Damon eines Blickes zu würdigen, ging sie zu ihrer Tasche und nahm die Wasserflasche heraus. Die wenigen Schlucke, die noch darin waren, genügten bei Weitem nicht, um ihren Durst zu löschen. Doch sie hatte einfach nicht mehr die Energie, zum Hauptgebäude zurückzugehen, um sie aufzufüllen.
„Wenn Sie am Samstag den Lauf durchhalten wollen, sollten Sie Ihre Kräfte besser einteilen.“
„Ach, halten Sie doch den Mund!“ Auf seine guten Ratschläge konnte sie wahrhaft verzichten.
Als Damon nun nach seiner eigenen, gut gefüllten Wasserflasche griff, verstärkte sich Annas Groll noch. Mit einer Mischung aus Neid und Faszination beobachtete sie, wie sich beim Schlucken sein Adamsapfel an der gebräunten Kehle auf und ab bewegte. Schließlich setzte Damon die Flasche ab und hielt sie Anna wortlos hin. Zuerst wollte sie die Geste hochmütig ignorieren, aber dann siegte ihr brennender Durst über ihren Stolz.
„Sie sollten morgen mehr Wasser mitbringen“, empfahl er ihr. „Außerdem wäre es ratsam, nicht gerade während der Mittagszeit zu trainieren.“
„Noch etwas?“, erkundigte Anna sich spitz und reichte ihm die Flasche zurück, nachdem sie mehrere große Schlucke getrunken hatte. Am liebsten hätte sie ihn zum Teufel geschickt, aber dazu fehlte ihr die Kraft.
Erschöpft ließ sie sich ins Gras sinken
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